Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
würde. Andererseits würde sie als Romes Sekretärin auch zu eng mit ihm selbst zusammenarbeiten, und das konnte ebenfalls zu Schwierigkeiten führen. „Also gut, dann vergiss Kali. Wie steht es mit Carolyn Watford, der Sekretärin von Caulfield? Sie ist qualifiziert und ehrgeizig.“
„Und wer soll ihren Platz einnehmen?“
„Claire West brook.“
Nach einer langen Pause hatte Rome verkündet: „Ich werd verrückt!“ Es waren keine weiteren Erklärungen nötig gewesen. „Na schön, ich werde sehen, was ich tun kann. Aber es wird nicht leicht sein, kurzfristig so viele Leute herumzuschieben. Bis wann brauchst du Bescheid?“
„Bis morgen Mittag.“
„Zum Teufel!“ Rome hatte heftig den Hörer auf die Gabel geknallt, aber um zehn Uhr am folgenden Morgen hatte er Max zurückgerufen und ihm die Erfolgsmeldung überbracht. Rome war ein zäher Kämpfer, und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, stellte man sich ihm besser nicht in den Weg. Und daher ließ Anson Edwards ihm gewöhnlich freie Hand.
Max hatte nicht erwartet, dass es schwieriger sein würde, Claire zu versetzen, als von Rome das ganze Büro umstellen zu lassen. Doch ihm waren im Umgang mit ihr so viele Fehler unterlaufen, dass er es hätte ahnen müssen. Er hatte ihr wehgetan und dadurch ihr Vertrauen verloren, das ihm sehr kostbar war. Irgendwie musste es ihm gelingen, sie mit nach Dallas zu nehmen. Dann blieb ihm genug Zeit, ihr zu beweisen, dass er sie nicht nur benutzt hatte, um die Informationen zu erhalten, dass er nicht nur ein Schuft war. Und vielleicht konnte er dann ihr Vertrauen wiedergewinnen.
Wie jeden Sonnabend ging Claire ihrer Hausarbeit nach. Sie schrubbte und polierte den Küchenfußboden, reinigte das Badezimmer von oben bis unten, wusch ihre Wäsche und putzte sogar die Fenster – um ihrer Verärgerung Luft zu machen. Verblüfft erkannte sie, dass sie nicht nur verärgert, sondern sogar zornig war. Gewöhnlich blieb sie stets ruhig und ausgeglichen, und sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor den Drang verspürt zu haben, aus Wut zu schreien oder mit Gegenständen zu werfen.
Wie konnte Max es wagen – nachdem er sie so schamlos ausgenutzt hatte –, von ihr zu erwarten, ihr gesamtes Leben zu ändern und sich in ständigen Kontakt zu ihm zu begeben! Er hatte zwar gesagt, dass sie nicht für ihn arbeiten solle, aber immerhin in derselben Stadt, im selben Gebäude. Und er hatte klargestellt, dass er ihre Beziehung nicht als beendet betrachtete. Wie hatte er sich doch gleich ausgedrückt? „Wenn ich wieder mit dir schlafe, dann wirst du garantiert wach sein …“
Claire murrte vor sich hin, während sie ihren Hausputz erledigte. Seltsamerweise war sie nicht einmal dann zornig geworden, als Jeff sie wegen Helene verlassen hatte. Sie hatte es verbittert hingenommen, dass er eine andere liebte, und hatte um das verlorene Baby getrauert. Nur Max brachte all die Gefühle in ihr zum Ausbruch, die sie ihr Leben lang beherrscht hatte: Liebe, Leidenschaft und sogar Zorn.
Sie liebte ihn noch immer. Sie versuchte gar nicht erst, sich in diesem Punkt etwas vorzutäuschen. Sie liebte Max, sie sehnte sich nach ihm, sie begehrte ihn. Und ihr Zorn bildete sozusagen die Kehrseite der Medaille.
Sie spielte mit dem Gedanken, sein Stellenangebot einfach abzulehnen. Damit bewies sie ihm, dass er sie nicht erneut ausnutzen konnte, dass sie nicht wie eine Marionette an seinen Fäden tanzte, dass sie ausgezeichnet ohne ihn leben konnte. Oder gestand sie dadurch eher ein, dass sie es nicht ertragen konnte, ihn täglich zu sehen? Die Arbeitslosigkeit einem ausgezeichneten Stellenangebot vorzuziehen bedeutete einen sehr unvernünftigen Schritt, der ihm bewies, wie sehr er sie verletzt hatte. Und für ihre Selbstachtungwar es sehr wichtig, dass er nicht erfuhr, wie tief sie sein Verrat getroffen hatte.
Claire richtete sich vom Staubwischen auf und starrte nachdenklich vor sich hin. Das einzig Richtige war, sich in ihrer Entscheidung überhaupt nicht von Max beeinflussen zu lassen. Schließlich ging es um ihre Arbeit, um ihre finanzielle Zukunft. Sie durfte sich nicht von ihren Gefühlen leiten lassen. Und selbst wenn sie nach Dallas ging, brauchte sie nicht nach seiner Pfeife zu tanzen. Logisch betrachtet bestand die einzige Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren, darin, die Stelle anzunehmen und sich Max gegenüber distanziert zu verhalten.
Claire fühlte sich wie von einer schweren Last befreit, sobald die Entscheidung gefallen war.
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