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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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Nicholas
schien sich hier bestens auszukennen.
    Das war für
Gabriel eine schmerzhafte Erkenntnis; Charlie war seinem Sohn in so mancher
Hinsicht ein besserer Vater gewesen als er selbst. Oh, natürlich hatte er,
Gabe, dem Jungen das Reiten und Schießen beigebracht, unter anderem, und er
glaubte nicht, daß Nicholas je an seiner Zuneigung gezweifelt hatte wie an
Annabels, aber Tatsache war, daß Gabe zuviel Zeit damit verbracht hatte, sich
mit seinen eigenen Verlusten abzufinden. Er hatte Jessie die mütterliche Seite
der Erziehung überlassen, und Charlie die alltägliche.
    »Bist du
genauso besorgt um ihn wie ich?« fragte Gabe, wenn auch eher, um eine
Unterhaltung zu beginnen. Weder er noch Nicholas hatten mehr als das Nötigste
gesprochen, seit sie vor ein paar Stunden aufgebrochen waren.
    »O ja,
natürlich«, antwortete Nicholas, aber er schien sich seiner Sache dennoch sehr,
sehr sicher. Zweimal hatte er bereits Zeichen entdeckt, die Charlie
hinterlassen hatte – ein Häufchen Steine, einen Schnitt in der Rinde eines Baumes.
    Gabe
seufzte. »Ich hatte mir nicht viel dabei gedacht, daß er nicht da war, bis
deine Mutter zu mir kam und sagte, du hättest mit dem Colt geübt. Sie war zu
dem Schluß gekommen, daß du mit Problemen rechnest, was auch Charlies
plötzliche Wanderlust in einem völlig anderen Licht erscheinen ließ.« Er hielt
einen Moment inne, bevor er wieder fortfuhr. »Wie viele andere Männer waren
noch dabei?« fragte er. »Wie viele gehörten zu Horncastles Bande, meine ich.«
    »Horncastle
ist nicht der Anführer«, antwortete Nicholas ein wenig widerstrebend. »Er ist
der Joker.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht.«
    »Nicht
viele. Zwei oder drei, vermute ich.«
    »Ich
schätze, du wirst mir wohl nicht sagen wollen, wer dahintersteckt?«
    Nicholas
rückte umständlich seinen Hut zurecht – was für Gabe erfahrungsgemäß ein
Zeichen dafür war, daß er das Thema wechseln oder einfach Zeit gewinnen wollte.
    »Ich würde
es dir sagen«, antwortete er schließlich seufzend, »wenn ich es wüßte.«
    »Marshal
Swingler scheint zu glauben, er hätte die ganze Bande geschnappt.«
    »Da irrt er
sich«, entgegnete Nicholas flach, das Gesicht im Schatten seines Huts
verborgen. »Er wird es aber schnell begreifen, sobald er diese Zelle voller
Schlangen endlich los ist.«
    »Was macht
dich – und Charlie – so sicher, daß es noch andere gibt?«
    »Horncastle.
Ich habe ihn fast mein ganzes Leben lang gekannt und weiß, daß er sogar zu
tolpatschig und blöde wäre, um einer alten Dame den Kuchen vom Fensterbrett zu
stehlen. Und die Männer, die mit ihm reiten, sind auch nicht besser – sie sind
nichts weiter als
ein Haufen Strauchdiebe und Taugenichtse.«
    »Trotz
allem habe ich den Eindruck, daß sie nur sehr schwer zu fassen waren.«
    Nicholas
wandte sich grinsend zu ihm um. »Sie hatten ja mich, der sie beriet«, sagte er.
»Ich bin der geborene Verbrecher, Pa, ich will dich nicht belügen – die Planung
der Überfälle und selbst ihre Ausführung hat mir großen Spaß gemacht. Es war
wie ein Spiel. Das einzige Problem war, daß ich ein Gewissen habe und die Leute
nicht gern erschrecke. Das hat mir den Spaß daran verdorben.«
    Gabe
verlagerte sein Gewicht im Sattel und wünschte, die Sonne möge endlich
aufgehen. Und daß sie Charlie finden würden, wohlauf und sicher. »Du mußt doch
irgendeine Ahnung haben, wer hinter der ganzen Sache steckt«, beharrte er.
    »Manche
Leute glauben, du wärst es«, erwiderte Nicholas.
    Gabe war
zunächst zutiefst verblüfft, dachte dann aber, daß es ihn eigentlich nicht
überraschen dürfte. »Welches Motiv könnte ich schon haben? Ich könnte mein Geld
mit beiden Händen zum Fenster hinauswerfen, von heute an bis zum Tage meines
Todes, und würde trotzdem noch als reicher Mann begraben werden.«
    Nicholas
grinste, seine weißen Zähne blitzten dabei auf. Es gelang ihm nicht oft, Gabe
zu verblüffen, und es war offensichtlich, daß er den Triumph genoß. »Vielleicht
bist du mir ähnlicher, als du glaubst, Pa. Vielleicht waren es ja gar nicht die
Zahlen in deinen Rechnungsbüchern, die dich dazu trieben, so zu schuften, wie
du es getan hast, um zu erlangen, was du heute hast. Vielleicht war es schlicht
und einfach die Herausforderung, der Nervenkitzel und das Risiko.« Er zuckte
mit den Schultern, und Gabe sah, daß die Bewegung schmerzhaft für ihn war und
Nicholas sich nur noch aus purer Willenskraft im Sattel hielt. »Andere Männer
haben das Gesetz

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