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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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dem Gottesdienst würde sie der Gemeinde wie
geplant verkünden, daß das Lokal geschlossen war – aber sie wußte, daß die
ganze Sache damit noch längst nicht ausgestanden war.
    Erstens
konnte sie die Saloonmädchen nicht einfach auf die Straße setzen, obwohl die
Aussichten, diese Frauen zu einer anderen Art von Arbeit zu bewegen, vermutlich
nur gering sehr waren. Sie alle würden Geld für Postkutschen- und
Bahnfahrkarten brauchen, ganz zu schweigen von einem kleinen Anfangskapital, um
irgendwo – und hoffentlich weit fort – ein neues Leben zu beginnen. Des
weiteren mußten die beträchtlichen Whiskeyvorräte irgendwie entsorgt werden,
bevor man überhaupt daran denken konnte, mit dem Umbau zu beginnen ...
    Angesichts
der Vorstellung, welch enorme Arbeit es für sie bedeuten würde, ihre Pläne
auszuführen und den Saloon in ein anständiges Hotel zu verwandeln, wie es die
Stadt so dringend brauchte, begann Annabel die ersten Anzeichen von Ermüdung zu
verspüren. Wer würde das Etablissement führen, sobald die Umbauten beendet
waren? Es war leicht zu sagen, daß sie selbst es konnte – aber sie war schwanger,
und dieses Kind, das schwor sie sich, würde all die Liebe und Aufmerksamkeit
erhalten, die Nicholas gefehlt hatte. Und da war auch noch Gabriel, der ihr
Herz und ihren Geist beschäftigte, ganz zu schweigen von den körperlichen
Freuden, die er ihr schenkte. Sie konnte und würde nicht auf ihn verzichten.
    Sie seufzte
und wurde jäh aus ihrer Versunkenheit gerissen, als Mr. Hilditch den Wagen
recht unsanft vor dem Gemischtwarenladen zum Stehen brachte. Anders als
Jeffrey, fand Mr. Hilditch keinen Gefallen an seinen Cowboypflichten, und
Annabel zu kutschieren bedeutete daher eine willkommene Ablenkung für ihn.
    »Hier sind
wir, Mrs. McKeige«, sagte er und sprang vom Bock, um ihr die Hand zu reichen.
    Annabel
verdrängte alle Gedanken an ihre ehrgeizigen Pläne und betrat den Laden, in
dem ihr die verschiedensten
Gerüche entgegenschlugen – Leder, Zwiebeln, Staub und Rosenwasser, Papier und
Pfeffer. Sie rechnete damit, mit mehr Neugier als Zuvorkommenheit begrüßt zu
werden, und war weder enttäuscht noch ärgerlich darüber; man konnte seiner
Vergangenheit nie ganz entfliehen, und sie würde stets die Frau sein, die einst
fortgegangen war und einen guten Mann und ihren Sohn im Stich gelassen hatte.
    Mit der
raschen Gründlichkeit, die ebensosehr zu ihrer Natur gehörte wie ihr
Temperament und ihre Entschlossenheit, suchte Annabel die Dinge aus, die auf
ihrer Einkaufsliste standen: Mehl und andere Grundnahrungsmittel, Hefe und
Gewürze, Konserven mit Obst und Gemüse, Seife und ein Kochbuch.
    Aus einem Katalog
bestellte sie eine Porzellanbadewanne mit bronzenen Wasserhähnen, ein Waschbecken,
eine Toilette mit Wasserspülung und sämtliche dazugehörigen Leitungen und
Rohre – der erste Einkauf dieser Art in Parables Geschichte, wie der
allgemeinen Aufregung der anderen Kunden zu entnehmen war – und freute sich
über das Aufsehen, das sie damit erregte. All diese Sachen abzuholen und zu
installieren würde natürlich Gabriels Aufgabe sein.
    Eine zweite
Katalogbestellung erregte mindestens genausoviel Aufsehen: Annabel kaufte eine
Waschmaschine, deren Trommel mit einem Pedal betrieben wurde, und ein Gerät,
mit dem man Wäsche auswringen konnte.
    Olivia
stand wartend auf dem Bürgersteig, als Annabel ihre Einkäufe beendete und
hinausging, um das Einladen der Kisten und Säcke zu überwachen, die Mr.
Hilditch unter den Sitzen und hinter ihnen »Mrs.
McKeige?« fragte Olivia.
    Lächelnd
wandte Annabel sich zu ihr um. »Hallo, Olivia.«
    »Wie geht
es Nicholas?«
    »Keine
Ahnung«, erwiderte Annabel. »Er ist verschwunden.«
    Olivias
dunkle Augen weiteten sich vor Überraschung. Sie mochte zwar schon Anfang
Dreißig sein, doch in diesem Augenblick sah sie nicht älter aus als sechzehn
und wirkte ungefähr genauso welterfahren. »Verschwunden?«
    Annabel
seufzte. »Eigentlich hatte ich gehofft, Sie hätten ihn gesehen – ich dachte, er
hätte Sie vielleicht bei Jessie besucht.«
    Olivia
schüttelte den Kopf. Sie trug eine Schute und ein schlichtes Baumwollkleid;
immerhin war sie als Lehrerin eingestellt worden, und die Schule würde schon in
ein paar Wochen beginnen. »Nein«, erwiderte sie beunruhigt und warf einen
besorgten Blick auf das Büro des Marshals mit dem anschließenden Gefängnisbau.
»Ich mache mir große Sorgen, Mrs. McKeige. Die Soldaten sind noch immer nicht
gekommen, um die

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