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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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schlicht und
einfach Hund.«
    Sie
lächelte und trat einen Schritt vor, um ihn zu berühren, doch dann zog sie die
Hand zurück.
    Nicholas
empfand Erleichterung und zugleich Bedauern. Die alten Fragen, unerwünscht und
ihm zuwider, kamen ihm nun wieder in den Sinn: War es etwas, was ich getan
oder gesagt habe, was dich von uns fortgetrieben hat? Wenn ich besser gewesen
wäre oder anders, älter oder jünger, klüger oder dümmer, oder ein Mädchen,
wärst du dann geblieben? Hast du mich je geliebt? Oder wenigstens meinen Vater?
    Nicholas
brachte es nicht über sich, sie laut auszusprechen, obwohl sie ihn heute noch
genauso stark bedrängten wie damals, als er noch ein Kind gewesen war.
Wahrscheinlich würde er niemals aufhören, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.
    »Wirst du
in der Stadt bleiben und zum Tanz gehen?« fragte er.
    Annabel
lächelte wieder, wenn auch ein bißchen traurig, schaute zu den fernen
Kartenspielern hinüber und nickte.
    »O ja«,
sagte sie leise und mit jenem Stolz, von dem Nicholas immer dachte, daß er
ihrer beider Fluch und Segen war. »Niemand hier in dieser Stadt soll denken, daß
ich mich verstecke.«
    Nicholas
grinste. Inzwischen hatte er die komplette
Geschichte der Ankunft seiner Mutter in der Stadt gehört. Am besten gefiel ihm
der Teil, wie sie vor dem Samhill Saloon vorgefahren war, wo sein Pa die Nacht
in Julia Sermons Privatzimmern verbracht hatte, und ihn gleich dort, auf dem
Bürgersteig und vor Gott und aller Welt, zur Rede gestellt hatte. »Ich kann mir
nicht vorstellen, daß irgend jemand diesen Eindruck haben könnte.«
    Gabe, sah
Nicholas, kam langsam auf sie zu und schlängelte sich zwischen den Bäumen und
den Decken hindurch, auf denen Babies schliefen und die Frauen plauderten,
stickten oder einfach ihren Tagträumen nachhingen. Er erschien Nicholas
plötzlich viel jünger, mit seinem offenen Kragen und dem Hemd, das voller
Grasflecken war, weil er mit seinen langen Gliedern nicht auf eine
Picknickdecke paßte. Jünger und verwundbarer, als Nicholas es je für möglich
gehalten hätte bei seinem Vater.
    Plötzlich
fürchtete er um ihn und verstand sehr vieles von dem, was er vorher übersehen
hatte.
    Ärger
wallte in ihm auf, und er richtete den Blick wieder auf Annabel, die Gabe
entgegensah und sich ihre eigenen Gedanken machte. Ernste Gedanken, ihrem
Gesichtsausdruck nach zu urteilen.
    »Wenn du
ihm wieder weh tun willst«, sagte er ruhig, »dann verschwinde lieber wieder.
Verlaß die Stadt und laß dich hier nie wieder blicken.«
    Annabel war
bestürzt, und ihr erster Impuls war, sich zu verteidigen, doch dann biß sie
sich auf die Lippen und schaffte es, Beherrschung zu bewahren. Die leichte
Röte, die bei Nicholas harten Worten in ihre Wangen gestiegen war, verblaßte
wieder. »Ich werde gehen«, antwortete sie, »sobald dein Vater mir sein Wort
gegeben hat, mich freizugeben.«
    Nicholas
schwang sich von seinem Ast. Plötzlich verspürte er den Wunsch, an der
Pokerpartie teilzunehmen, wenn auch mehr der kreisenden Whiskeyflasche als
des Spiels wegen. Mit einem knappen Nicken kehrte er seiner Mutter den Rücken
zu und ging. Als er an seinem Vater vorbeikam, so dicht, daß ihre Schultern
sich berührten, nickte er auch ihm zu.
    Jessie war so freundlich, Annabel zu sich
nach Hause einzuladen, damit sie sich vor dem Tanz ein wenig frisch machen
konnte. Gabriel war nirgendwo zu sehen, was Annabel als sehr beunruhigend
empfand, obwohl sie sich die größte Mühe gab, nicht daran zu denken. Sie hätte
froh sein sollen, daß er nicht da war, denn nach seinem schamlosen Flirtversuch
am Nachmittag, ganz zu schweigen von dem verstohlenen Kuß, war sie sich seiner
die ganze Zeit über fast qualvoll bewußt gewesen. Aber leider war sie alles
andere als froh und befürchtete, er könne in den Samhill Saloon gegangen sein,
um ein wenig Zeit mit Julia Sermon zu verbringen.
    »Das ist
ein hübsches Kleid«, bemerkte Jessie von der Tür des Gästezimmers, das sie
ihrer Schwägerin zugewiesen hatte. Annabel hatte Mr. Hilditch, ihren Kutscher,
zur Ranch geschickt, um das smaragdgrüne Kleid zu holen, nachdem sie ihm genau
erklärt hatte, in welcher Reisetruhe er es finden würde.
    »Danke«,
sagte Annabel. Das Kleid war eins ihrer schlichtesten, denn obschon sie den
Männern und Frauen in Parable zeigen wollte, daß sie mit einem bestimmten
Entschluß zurückgekommen und ihr Stolz noch ungebrochen war, war es nicht ihre
Art, mit teuren Besitztümern zu prahlen. Sie hatte ihren

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