Linda Lael Miller
du allerdings, Mylady«, sagte er. »Ausführlich und in
allen Einzelheiten.«
Gloriana
nickte. »Ja, Mylord«, erwiderte sie fügsam, doch weder ihr Ton noch ihre
Haltung verrieten echte Demut, was niemandem in diesem schrecklichen Raum
entging. Mit einem strengen Blick wandte sie sich an die Brüder ihres Mannes,
die keine Ahnung hatten, daß sie soeben aus ihren Gräbern wiederauferstanden
waren. »Nehmt ihm unverzüglich die Ketten ab!«
»Zänkisches
Weib«, knurrte Gareth, nahm jedoch einen verrosteten Schlüssel von seinem
Gürtel und machte sich damit am Schloß zu schaffen, das seinen ungeschickten
Bemühungen so lange widerstand, daß Dane die Aufgabe zu guter Letzt selbst
übernahm.
Gareth und
Edward waren klug genug zu gehen, bevor ihr zorniger Bruder sich endgültig
befreien konnte, und so blieb Gloriana allein mit ihrem Mann zurück.
Am liebsten
hätte sie ihn gleich hier im Stroh verführt, so schrecklich hatte sie ihn
vermißt, aber für ihn war die Trennung nicht übermäßig lang gewesen, und jetzt,
wo er wußte, daß sie sicher war, bekam sie seinen Ärger zu spüren.
»Ich frage
dich noch einmal, Frau«, sagte er, als er sich erhob und Gloriana mit sich auf
die Füße zog. »Wo hast du dich seit gestern morgen herumgetrieben?«
Gloriana
wünschte jetzt, sich eine glaubhafte Geschichte ausgedacht zu haben, doch dazu
hatten die Ereignisse des Abends ihr leider keine Zeit gelassen. Außerdem
hatte sie, bis sie Edward traf, nicht einmal gewußt, was sie in Hadleigh Castle
vorfinden würde. Danes Vorfahren hätten dort leben können, oder sogar seine
Nachkommen.
»Ich werde
es dir morgen früh erklären«, schlug sie vor. »Wenn wir beide eine Nacht
geschlafen haben.«
»Du wirst
es mir jetzt sagen«, beharrte Dane, und obwohl er es nicht sagte, vermutete
Gloriana, daß er andere Pläne für die nächsten Stunden hatte, als zu schlafen.
Allmählich
begann sie ungeduldig zu werden. Sie liebte diesen Mann genug, um selbst die
Grenzen der Zeit zu überschreiten, damit sie an seiner Seite sein konnte, aber
wenn sie ihm erlaubte, sie zu tyrannisieren, würde sie ein verhängnisvolles
Zeichen setzen. Dane St. Gregory sollte ruhig erfahren, und zwar jetzt gleich,
was sie sich gefallen lassen würde und was nicht.
»Sei froh,
daß ich mich nicht weigere, überhaupt mit dir zu reden«, entgegnete sie
ärgerlich. »Ich bin weder einer deiner Hunde noch dein Schildknappe!«
Dane fuhr
sich mit gespreizten Fingern durch das Haar, das wie immer einen Kamm
benötigte. Es war offensichtlich, daß er ungeheuer wütend war, und doch
beherrschte er sich geradezu bewundernswert.
»Klär mich
auf«, knurrte er.
»Und wenn
ich mich nun weigere?« versetzte Gloriana. »Wirst du mich dann übers Knie
legen? Oder mich ins Kloster verbannen?«
Dane
öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Er ist wunderbar, dachte Gloriana,
selbst wenn er zornig ist. »Himmelherrgott«, stieß er hervor, »du weißt, daß
ich keine Frau je schlagen würde, ob sie nun meine Gattin, eine Hure oder
beides ist – und was deine Verbannung betrifft, gibt es vermutlich in ganz
England kein Kloster, das ein solches Schicksal verdient hätte!«
Gloriana
bemühte sich, eine ärgerliche Miene zu bewahren, aber lange schaffte sie es
nicht. Dane führte sich unmöglich auf, das ja, aber sie war einfach zu froh,
ihn wiederzusehen, um ihm böse zu sein. Sie begann zu lachen, und als er ihr
einen wütenden Blick zuwarf, lachte sie noch lauter.
Zu guter
Letzt zog Kenbrook sie in die Arme, wirbelte sie im Kreis herum und küßte sie.
»Es tut mir
leid, daß du beunruhigt warst«, sagte sie mit unsicherer Stimme, als Dane sie
endlich wieder freigab. »Ich wollte dich nicht verlassen.«
Dane
betrachtete sie prüfend. »Das glaube ich, Mylady«, erwiderte er ernst. »Ich
weiß nicht, warum, aber ich glaube es.«
»Ich liebe
dich«, sagte Gloriana leise.
»Und ich
liebe dich«, antwortete er und tippte mit dem Zeigefinger
auf ihre Nasenspitze. »Ist alles in Ordnung mit dir, Gloriana? Du bist doch
nicht verletzt? Oder krank?«
Sie
schüttelte den Kopf. »Nein.«
Er runzelte
die Stirn. »War es so etwas wie an jenem Tag im Turmzimmer, als du kurze Zeit
verschwunden bist?« Gloriana schluckte, dann nickte sie.
»Du warst
also in der Zukunft?«
»Ja.«
Dane
seufzte und zog sie fest an seine Brust, als befürchtete er, sie könne ihm
entrissen werden.
Gloriana,
die ihn beruhigen wollte, löste sich von ihm, um zu ihm aufzuschauen. »Es
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