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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dein für alle Ewigkeit
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Kammerfrau, erwartete ihn in der Halle, ein kleines, hageres Gespenst
im flackernden Schein der Feuerstellen, das die Hände rang und zitterte.
    »Wo ist
Eure Herrin?« fragte Dane sie ruhig, obwohl er längst wußte, daß etwas nicht in
Ordnung war, da Gloriana nicht hinausgeeilt war, um ihn zu begrüßen.
    Eine Träne
rollte über die schmale Wange des Mädchens, seine Lippen bebten. »Sie ist uns
genommen worden, Mylord.«
    Dane
unterdrückte den Impuls, das Mädchen zu ergreifen, um eine vernünftigere
Antwort aus ihm herauszuschütteln. »Was, zum Teufel, soll das heißen?« fuhr er
sie an, obwohl er die Antwort bereits kannte. O Gott – und ob er die Antwort
kannte!
    »Sie war
auf dem Friedhof, Mylord«, erwiderte das Mädchen und knickste ein–, zweimal,
als könne sie damit ihrer Antwort mehr Glaubwürdigkeit verleihen. »Es regnete
ein bißchen, und da ich Angst hatte, sie könne sich erkälten, brachte ich ihr
einen Umhang ...« Schaudernd hielt Judith inne. »Da sah ich sie auf die Knie
fallen, wie unter furchtbaren Schmerzen, und begann zu laufen. Bevor ich sie
jedoch erreichte, Mylord, war sie ... verschwunden.« Die Augen des Mädchens
weiteten sich vor Entsetzen, ihr Gesicht war leichenblaß. »Einige der anderen
... sie sagen, der Teufel hätte sie geholt ...«
    Dane
beherrschte den Zorn, der in ihm aufwallte, und strich sich mit
blutverschmierter Hand durchs Haar. »Sag ihnen«, entgegnete er ruhig, »daß
jeder, der einen solchen Unsinn verbreitet, unverzüglich die Burg verlassen
muß.«
    Judith
nickte, ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie hielt die Hände so fest
verschränkt, daß die Fingerknöchel weiß hervortraten. »Ihr werdet sie doch
finden, Mylord, und zu uns zurückbringen?«
    Ungeheure
Verzweiflung erfaßte Kenbrook, so heftig, daß er schwankte. Die Macht, die ihm
Gloriana geraubt hatte, war für ihn unbegreiflich und von einer Art, der er
nichts entgegenzusetzen hatte. Und doch mußte er nicht nur das Rätsel um ihr
Verschwinden lösen, sondern auch einen Weg finden, es ungeschehen zu machen.
    Gloriana
war seine Seele; ohne sie war er kein Mann, sondern eine lebende Leiche.
    »Es muß
sich um einen Irrtum handeln«, sagte er schließlich, obwohl er es besser wußte.
Aber die Lüge vermittelte ihm einen schwachen Trost. »So etwas ist schlicht
unmöglich. Leute verschwinden nicht einfach wie Gespenster.«
    Judith
setzte zu einer Antwort an – Widerspruch ver mutlich – und hielt dann inne,
schluckte, und nickte stumm. Ihr war anzusehen, daß sie um ihre Herrin trauerte,
und Dane fragte sich, ob seine eigenen Gefühle ebenso offensichtlich sein
mochten.
    »Meine
Männer sind müde und hungrig«, fuhr er fort. »Sorg dafür, daß Essen in die
Halle gebracht wird und noch mehr Holz für die Feuer.«
    Wieder
nickte Judith nur und hastete davon. Dane blieb noch einen Moment stehen, wie
gelähmt, doch dann zwang er sich, zum Turmzimmer hinaufzusteigen, wo eine
einzelne Lampe flackernd Wache hielt.
    Um die
gierigen Schatten zu vertreiben, zündete er auch die anderen Lampen an und
schaute sich im Zimmer um nach einem Hinweis, nach irgendeiner Spur von Gloriana.
Ihre Kleider waren da, die Schachfiguren standen, in Erwartung einer neuen
Partie, sauber geordnet auf dem Brett. Dane verspürte eine vage Spannung in der
Luft, als müsse Gloriana jeden Augenblick hereinstürzen, um ihn mit Fragen zu
bestürmen.
    »Gloriana«,
flüsterte er, dann legte er sein Schwert und seine blutigen Kleider ab, wusch
sich und kleidete sich rasch wieder an. Eine Öllampe in der Hand, machte er
sich auf den Weg, um die ganze Burg zu durchsuchen, vom obersten Turmzimmer bis
hinunter zu den römischen Bädern, und rief unablässig ihren Namen, als genügte
das, um sie zurückzubringen.
    Gloriana erwachte bei hellem Sonnenschein
und mit der Gewißheit, sich noch immer im letzten Teil des zwanzigsten
Jahrhunderts aufzuhalten. Am liebsten wäre sie wieder in Tränen ausgebrochen,
doch da sie wußte, daß das nichts nützen würde, biß sie sich auf die Lippen und
wartete, bis sie ruhiger geworden war.
    Jemand
hatte Kleider auf dem gepolsterten Sitz unter dem Fenster zurückgelassen,
moderne Sachen, ausgeliehen vielleicht von einer Verwandten oder Nachbarin.
    Es war
nicht Mut, was Gloriana schließlich aus dem Bett trieb,
sondern das dringende Bedürfnis, die Toilette zu benutzen. Als sie durch die
Diele ging, sah sie Kirkwood, der am Küchentisch saß. Er mußte sie gehört
haben, schaute jedoch nicht auf

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