Lindenallee
Walters Verhörmethoden rasch an den Tag gebracht hätten, welch ein Schaumschläger ihr Schwiegersohn in spe gewesen wäre.
Leicht beunruhigt folgte Paula ihrem Vater ins Wohnzimmer. Ihr lag viel daran, dass sie Steffen mochten. Vielleicht gestand sie sich nicht ein, wie viel wirklich, denn wenn er bei ihnen in Ungnade fiel, wie sollte sie damit umgehen? Aus der Küche klang munteres Geplauder von Steffen und Luise.
„Mit dem Kochen verhält sich das bei mir wie mit dem grünen Daumen. Es passt einfach nicht zusammen.“ Steffen schüttelte bedauernd den Kopf.
„Da bist du bei meiner Tochter in bester Gesellschaft, sie kann auch nicht kochen.“
„Mama!“
„Was denn, Paula? Das entspricht doch der Wahrheit.“
Steffen drehte sich zu Paula um und sah sie gespielt erschrocken an.
„Paula, deckst du bitte den Tisch?“ Luise nahm Teller aus dem Schrank und hielt sie ihr entgegen.
„Das kann ich doch machen“, sprang Steffen dazwischen und nahm ihr das Geschirr ab.
„Nicht doch“, versuchte Luise ihn davon abzuhalten, aber es war zu spät und Steffen verteilte die Teller auf dem Tisch.
„Also, davon könnte sich dein Vater eine Scheibe abschneiden“, äußerte sich Luise begeistert.
Walter blieb im Hintergrund und tat so, also ob er nicht verstanden hätte, worum es ging. Er zuppelte stattdessen an einer Blume in der Fensterbank herum. Steffen ging in die Küche zurück und nahm Luise das Besteck ab, während Paula die Salate, das Brot und den Aufschnitt auf dem Esstisch ablud.
„Papa, wir sind dann fertig, wir können essen“, bemerkte Paula in seine Richtung. Noch nie hatte ihr Vater bei irgendeiner Arbeit geholfen, die auch nur im Entferntesten mit der Küche zu tun hatte.
„Ach, wie wunderbar.“ Rasch schritt er zum Tisch und saß als Erster. Er klopfte auf dem Stuhl neben sich. „Steffen, setz dich doch zu mir.“
Bevor alle Platz genommen hatten, griff Walter nach dem Brot und begann Butter darauf zu streichen. Sein Blick blieb an seine Tätigkeit geheftet, während er sprach.
„So, Steffen, da wir nun so gemütlich beisammen sitzen, ist es eine gute Gelegenheit, ein bisschen mehr von dir zu erfahren. Man hört ja einiges, Paula druckst immer nur herum.“
„Papa“, entfuhr es Paula vorwurfsvoll, die nicht damit gerechnet hatte, ihr Vater würde beim Abendessen zum Angriff übergehen.
Walter hob die Hand um Paula zum Schweigen zu bringen, dann belegte er das Brot mit Salami, biss ab und sah Steffen kauend an.
Steffen gab sich große Mühe einen entspannten Eindruck zu machen. „So, man hört also einiges. Davon ist bestimmt einiges wahr“, erwiderte er schnippisch mit einem Lächeln, das sagen sollte, er fasse das als Spaß auf.
Walter ging nicht darauf ein, sondern seine kauenden Bewegungen stoppten und große Augen blickten Steffen erstaunt an, ob er das wirklich als lustig aufgefasst hatte.
Paula beobachtete die beiden Männer und ließ einen hilfesuchenden Blick zu ihrer Mutter wandern. Luise zuckte mit den Schultern. Wenn Walter sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, ließ er sich schon gar nicht von seiner Frau abbringen.
„Walter, was genau möchtest du wissen?“ Steffen entschied sich in der Not für einen direkten Gegenangriff. Danach griff er in den Brotkorb und begann gelassen eine Scheibe zu schmieren. Den Blick hielt er gesenkt, genau wie Walter zuvor und wartete ab, welche Reaktion das auslösen würde.
Anerkennend zollte Paula ihm dafür Respekt. Die meisten ihrer früheren Freunde waren hier schon längst in die wildesten Erklärungsreden verfallen oder schlimmstenfalls zusammengebrochen.
Paula entdeckte bei ihrem Vater ein kleines Zucken in den Mundwinkeln. Das war ein gutes Zeichen, das konnte sie nach all den Jahren richtig deuten. Sie wusste nun, dass Steffen bei ihm ein Stein im Brett hatte. Ab jetzt konnte so gut wie nichts mehr schief gehen.
„Meinst du es ehrlich mit meiner Tochter? Ich habe keine Lust auf einen weiteren Hallodri.“
„Walter!“ Luise fand das von ihrem Mann nun doch etwas zu offenherzig.
„Papa!“, mahnte Paula eine Millisekunde später.
Walter ließ sich nicht beirren und wartete auf Steffens Antwort.
Steffen legte langsam sein Brot auf den Teller und blickte Walter ernst an. „Von meiner Seite aus ist das so. Ich hoffe nur, Paula entpuppt sich nicht als Hallodri. Ich habe nämlich ein sensibles Herz und will nicht ein Spielball der Gefühle werden.“ Den letzten Satz untermalte er mit einem Lächeln, das die
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