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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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gewettet und gewonnen, dass sie ein mürrisches Gesicht zog.
    Günther drängte Magarete und Friedrich zum Aufbruch, die sich in der großen Runde verabschiedeten. Paula schaute ihnen mit Steffen an ihrer Seite lange hinterher.
    Steffen sprach es nicht aus, aber er war sehr stolz auf Paula, weil sie kein Abschiedsdrama veranstaltet hatte, obwohl sie nun wusste, wie es um Friedrich stand.
    „Bevor wir groß mit Aufräumen beginnen … darf ich euch zu einem Schlehenschnaps einladen? Magarete hat vergessen ihn mitzunehmen.“ Harald schwenkte die Flasche auffordernd hin und her.
    „Ich könnte einen gebrauchen.“ Paula nahm als erste ihr leeres Glas und hielt es Harald entgegen.
    Kira drängte sich an ihre Seite und streckte ebenfalls ein Glas in seine Richtung.
    „Kira, du kannst gerne einen Apfelsaft haben. Schnaps gibt es erst, wenn ich mich von dem Schock erholen muss, weil du mir deinen ersten Freund vorgestellt hast.“ Steffen nahm seiner Tochter das Glas aus der Hand und drückte ihr ein großes für Saft hinein.
    „Oh, menno“, protestierte Kira schwach.
    Akay lehnte dankend ab. „Ich habe beim Streichholz ziehen verloren und muss leider fahren.“
    Paulas Mutter nahm einen, Walter lehnte wie Akay ab. Die Gläser klirrten aneinander. „Auf Magarete und Friedrich.“
    „Magarete und Friedrich?“ Urplötzlich stand ein großer Mann hinter ihnen. Ein kleiner Mischlingshund schnupperte an Kira, die sich zu dem Hund hinunterbeugte und ihn streichelte.
    Steffen und Paula sahen den Mann neugierig an: ein stämmig gebauter, älterer Herr, vielleicht um die siebzig Jahre. In der Dunkelheit ließ sich sein Alter nur schwer schätzen. Die schneeweißen Haare waren jedenfalls ein Hinweis auf sein fortgeschrittenes Alter.
    Beinahe entschuldigend sah er zu seinem Hund hinab. „Abends gehe ich immer mit meiner Cassandra Gassi. Jeden Abend zum Abschluss durch die Lindenallee. Heute bin ich doch überrascht, hier jemanden anzutreffen.“ Er stockte. „Ach, wie unhöflich von mir. Mein Name ist Willi Klagenfurth. Eigentlich Wilfried, aber den Namen mochte ich noch nie.“
    Paulas Neugier erwachte schlagartig, denn der Name Klagenfurth ließ sie aufhorchen.
    „Hallo Herr Klagenfurth. Mein Name ist Paula Rittner, das ist Steffen Borchert, meine Eltern Luise und Walter Rittner, und da ...“, sie stellte fest, dass Akay und Harald an die Arbeit gegangen waren und abräumten, „... na egal“, kürzte sie uncharmant ab. „Sagten Sie, Ihr Name ist Klagenfurth?“
    „Ja, richtig. Kennen wir uns?“ Überlegend blickte der Mann sie an.
    „Nein, wir kennen uns nicht. Aber vielleicht kennen Sie Friedrich und Magarete?“
    „Also diese Namen ...“, er grübelte und kratzte sich dabei am Kopf. „Ich habe diese Namen von meinem Vater gehört.“
    Paula stockte der Atem, während Willi Klagenfurth die Finger an die Lippen legte und nachdachte. „Wenn mich mein relativ gutes Namensgedächtnis nicht im Stich lässt, dann könnten es Magarete Wagner und Friedrich Stein sein?“
    Das konnte nie und nimmer ein Zufall sein, schoss es Paula durch den Kopf. Eine Welle der Erregung folgte und fuhr heiß durch ihren Körper.
    „Richtig, Magarete Wagner und Friedrich Stein“, bestätigte sie und hoffte inständig, dass ihre Stimme dabei nicht zitterte. Der Mann kannte den Decknamen von Friedrich, als er Unterschlupf in Lucklum gefunden hatte. Ihre Aufregung stieg.
    Willi Klagenfurth wirkte indes nicht wirklich begeistert. Zögerlich fuhr er fort. „Die beiden Namen haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Obwohl, bei Friedrich Stein fällt mir ein, dass sein Nachname eigentlich anders war, Mendelssohn, wenn ich mich richtig erinnere. Das ist alles sehr lange her und es geschah vor meiner Geburt.“
    Er räusperte sich leise. „Als mein Vater vor gut zwei Jahren starb, vertraute er mir auf seinem Sterbebett ein Geheimnis an. Wissen Sie, er war früher Polizist hier im Ort gewesen. Er hat es jahrzehntelang mit sich herumgetragen. Mit dem Tod vor Augen, wollte er seine Sünden auf Erden tilgen, indem er mir beichtete. Mich hat sein Geheimnis nicht sonderlich beschäftigt, weil es eben schon lange her war und zu einer Zeit geschah, die alles andere als rosig war. Jetzt bekommen die Geschehnisse aber eine andere Bedeutung, weil es Menschen gibt, die noch leben: Magarete Wagner und Friedrich Mendelssohn.“ Er stockte einen Moment. „Die Vergangenheit holt uns also wieder ein.“ Seine Stirn legte sich in tiefe

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