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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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begab sich eine tiefgreifende Änderung, denn Lucklum wurde zum Sitz der Deutschordenskommende und blieb es ein halbes Jahrtausend. Ein halbes Jahrtausend! Kannst du dir das vorstellen?"
    Luise hielt in der rührenden Bewegung inne. „Dem Deutsch-was?" Die laute Dunstabzugshaube bereitete ihr Schwierigkeiten, den Begriff richtig zu verstehen.
    „Deuschordenskommende Lucklum", sprach Paula betont langsam in den Hörer.
    „Hört sich komisch an, was ist denn das?"
    „Das war so eine Art Niederlassung des Ritterordens, der die geistlichen und christlichen Lehren im deutschen Lande verkünden sollte."
    „Ah", kommentierte Luise neutral.
    „Der Ritterorden verlor aber im Laufe der Zeit an Bedeutung. 1809 wurde er von Napoleon aufgelöst."
    „Was du alles weißt, mein Kind."
    „Mama, das steht im Internet."
    „Mit dem habe ich es nicht so, das weißt du doch."
    Paula grinste in sich hinein, denn ihre Mutter hatte es mit keinem technischen Gerät wirklich richtig. Ausnahme war vielleicht der Herd, den sie tagtäglich bediente. Paula fuhr fort.
    „Nach der Auflösung des Ritterordens ging das Gut in Familienbesitz über. Seit 1831 ist das Anwesen als Rittergut eingetragen. Die Familien und die Besitzer wechselten einige Male, heute ist es immer noch im Familienbesitz." Paula machte eine Pause, um einen Moment nachzudenken. „Ist doch wirklich beeindruckend, welche geschichtlichen Hintergründe in so einem kleinen Ort zu finden sind."
    Luise hatte still gelauscht. „Was ist denn heutzutage mit dem Rittergut?", fragte sie neugierig.
    „Es wird immer noch Land- und Forstwirtschaft betrieben, aber das reicht heute nicht mehr aus, um ein solches Gut am Leben zu erhalten. Früher haben dort zweihundert Leute gearbeitet, mittlerweile ist es nur noch eine Handvoll. Einige der Gebäude oder Teile sind an Handwerksunternehmen vermietet, ein Café befindet sich dort, wohnen kann man da auch."
    „Schatz, vielleicht solltest du dir das mal ansehen, wenn dich das so interessiert. Das wäre ein schönes Ausflugsziel im Frühling", schlug Luise vor.
    „Hmmm, ja, das werde ich tun." In Gedanken plante Paula bereits eine Tour dorthin. Luise riss sie aus ihren Träumen.
    „Mein Risotto ist fertig, ich muss Schluss machen. Grüße bitte Frau Wagner lieb von mir."
    „Ja, das mache ich. Dicken Bussi für Papa. Ich melde mich." Sie legte das Telefon beiseite. Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr freundete sie sich mit der Idee des Ausflugs an.
    Vielleicht könnte sie Magarete mitnehmen. Mal sehen, wie sich die Geschichte zwischen ihr und Friedrich weiterentwickelte. Nicht, dass es zum Drama wurde, dann würde Magarete bestimmt kein Interesse haben mitzukommen. Ich werde abwarten, entschied Paula.
     
    Pünktlich um 15:00 Uhr stand Paula mit dem Kuchenpaket in der einen und der Pflanzschale in der anderen Hand vor Magaretes Wohnungstür und klingelte. Die Wohnung von den selbsternannten Hausmeistern befand sich hinter ihr. Paula spürte ein eigenartiges Kribbeln im Nacken. Sie vermutete, dass Frau Lindner hinter der Tür am Guckloch stand und sie beobachtete.
    Es dauerte eine kleine Weile, bis Magarete die Tür öffnete. Magarete wirkte müde und ihre Schultern hingen hinab. Dennoch erhellte ein Lächeln ihr Gesicht, als sie Paula begrüßte.
    „Hallo Paula, wie schön. Komm doch herein." Magarete öffnete die Tür ein Stück weiter und trat beiseite, um Paula vorbeizulassen.
    „Danke. Magarete, du siehst müde aus, ist alles in Ordnung bei dir?"
    „Das liegt daran, dass ich ein Mittagsschläfchen gemacht habe. Ein Kaffee wird mich in Schwung bringen und auf den Kuchen habe ich mich auch schon gefreut. Komm, wir gehen ins Wohnzimmer."
    Paula folgte Magarete durch den dunklen Flur. In der Wohnung war es still, nur im Wohnzimmer tickte das Pendel einer großen Standuhr. Es war das einzige Geräusch, das dieser Wohnung einen beruhigenden Takt vorgab.
    Paula sah sich im Wohnzimmer um. So oder so ähnlich hatte sie sich die Einrichtung vorgestellt. Das Wohnzimmer war mit dunkelroten, alten Holzmöbeln eingerichtet. Das Sofa schien neueren Datums, passte mit seinem cremefarbenen Bezug aber hervorragend zu den alten Möbeln. Dicht am Fenster stand ein großer Ohrensessel, eine Lesestehlampe stand daneben. In der Fensterbank entfalteten Orchideen ihre farbenfrohe Pracht, der Raum strahlte viel Wärme aus.
    „Nimm doch Platz", forderte Magarete sie auf. „Ich hole den Kaffee aus der Küche, er müsste mittlerweile durch sein."

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