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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Sinnbild für das, was ich kathartisch-dualistisch-sozialpragmatischen Multipolarismus nenne. Du hast sicher Fragen, Oliver?«  
    Jetzt ist mir wieder schlecht. Aber diesmal anders. Mehr so wie nach verdorbenem Essen.  

    »
Heyhey, hast du den Vorfreude-Flash in Olivers Äuglein gesehen, Elvin?
«  

    »
Das dachten wir uns schon. Endlich mal Kunst, nicht wahr, hähä?
«  
    Während mir die beiden von links und rechts auf die Schultern hauen, starre ich Rüdiger Rodeo an. Kein Zweifel: Dieses Projekt ist kränker als alles, was Elvin und Adrian sich je ausgedacht haben. Respekt. Hätte nicht gedacht, dass das überhaupt möglich ist. Ich muss mich da irgendwie rauswinden. Vielleicht, wenn ich es rhetorisch geschickt verpacke?  
    »Gut. Gut. Ich habe verstanden. Eine Wahnsinnsidee. Woa, heyhey, smashing … ich meine, zerstörend … zerschlagend … wie auch immer. Der Punkt ist, ich soll mitspielen, ja?«  

    »
Yeah. Als Voice of Pinklbräu bist du natürlich der Hamletpopamlet.
«  
    »Okay. Also, was dafür spricht, ist, dass ich Schauspielerfahrung habe. Ich habe sogar ganz früher im Schultheater schon mal den Mephisto gespielt.«  

    »
Heyhey.
«  

    »
Smashing.
«  
    »Aber bei genauer Betrachtung ist es genau dieser Fakt, der leider gegen mich spricht. Ich bin vorbelastet, also, will sagen, dingens, exoderm-osmotisch präkorrumpiert. Dieses Projekt sollte Akteuren vorbehalten bleiben, die bisher ausschließlich im Web 2.0 aktiv waren. Und was das betrifft: Ich bin erst seit einer Woche bei Facebook und ich habe erst einen Freund. Mein Einsatz würde, ähm, die aktivistisch-genialistische Popularkomponente des Projekts konterkarieren. Oder so ähnlich.«  
    »Oliver hat recht. Darüber sollten wir noch einmal nachdenken.«  

    »
Keine Chance, Oliver ist The Voice of Pinklbräu.
«  

    »
Oder wie auch immer das auf deutsch heißt.
«  
    »Na gut, dann wollen wir mal kein Problem daraus kreieren. Ich bin überzeugt, du wirst ganz schnell viele Freunde auf Facebook finden. Da gibt es immer wieder große Überraschungen. Ich habe vor ein paar Jahren auch ganz ohne Freunde angefangen. Und ich kann jederzeit wieder von allen entfreundet werden. Ich habe dafür den Begriff polyambivalentes Latenzpotential eingeführt.«  

    »
Yay.
«  
    ***  
    »Interessant. Heute hast du gar keine schlechte Laune.«  
    …  
    »Stattdessen bist du geistig abwesend. Ich mache mir Sorgen.«  
    »Hm? Ich bin nicht geistig abwesend.«  
    »Warum starrst du dann die Wand an, statt deine Karten in die Hand zu nehmen?«  
    »Ich muss über was nachdenken.«  
    »Lass das Nachgedenke. Wir haben doch alles geklärt. Wenn die Proben für den Hamlet 2.0-Mist gestartet sind, wirst du krank. Und zwar so, dass du nur noch Sprecherjobs machen kannst, aber nicht mehr schauspielern.«  
    »Ja, schon klar.«  
    »Und wenn dein Arzt dich nicht krankschreibt, geb ich dir irgendwas aus der Apotheke, das dein Gesicht dermaßen verpickelt und anschwellen lässt, dass kein Mensch dich damit auf die Bühne lassen würde. Sichere Sache.«  
    »Ja.«  
    »Warum guckst du dann immer noch so drein?«  
    Tja.  
    Ich gucke so drein, weil ich an meine Faust-Schultheater-Aufführung vor dreizehn Jahren denken muss. Ich war der Mephisto. Claudia Köhnel war das Gretchen. Gretchen hatte keine Zöpfe … Zöpfe, Zöpfe, Zöpfe. Immer wieder das Gleiche. Ich komme nicht weiter.  
    »Gut, lass uns spielen, Tobi.«  
    »Kannst du das noch mal sagen?«  
    »Lass uns spielen.«  
    »Hm. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber ich habe das Gefühl, heute hast du zum ersten Mal seit Anbeginn der Menschheit wirklich keine Lust zu spielen.«  
    »Woher willst du das wissen?«  
    »Weil du deine Karten so hältst, dass ich reinschauen kann.«  
    »Oh.«  

Dienstag  
     
    Habe ich die Tiroler Kaminwurzerl schon mal gekauft, oder nicht? Wenn ja, dann könnte ich es jetzt gleich mit den Chiliwurzerl probieren, aber ich bin mir einfach nicht sicher. Ich weiß, ich hatte neulich so eine Packung getrocknete Räucherwürste, aber waren das wirklich die Kaminwurzerl? Nein, ich glaube es waren die Pikanto-Sticks … oder doch die Kaminwurzerl? Mal schnuppern … Nein, durch das Plastik riechen die alle gleich. Wenn ich die Packungen aufreißen und reinbeißen dürfte, hätte ich eine echte Chance, aber … Manno, warum werfe ich nicht einfach die Kaminwurzerl in meinen Einkaufswagen und gehe weiter? Schlimmstenfalls habe ich

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