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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
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kann. Aber, na ja, muss man auch mal im Großen und Ganzen sehen …«  
    »Ich kann nichts anderes machen, als es einfach auf mich zukommen zu lassen, Oliver. Auch wenn es mich wahnsinnig macht. Der GAAZ sieht mich auf jeden Fall nicht am Boden liegen und flennen, das bin ich mir schuldig. Warum lachst du?«  
    »Mir ist bloß gerade was zum Thema das Schlimmste, was passieren könnte eingefallen . Du ahnst nicht, was inzwischen aus Faust 2.0 geworden ist.«  
    Ich berichte Lena das ganze Unheil von vorne bis hinten. Schon dass das Stück auf Auerbachs Keller reduziert wurde, bringt sie zum Grinsen, und als ich von der Bossa-Nova-Neuvertonung erzähle und aus den Pinklbräu-vergewaltigten Texten rezitiere, kriegt sie endgültig einen Lachkrampf. Das Einzige, was ich verschweige, ist das devote Gretchen. Auch hier sind sich mein Mund und mein Kopf mal wieder einig. Schon zum zweiten Mal in dieser Woche. Erstaunlich. Und ich nehme mir im Stillen vor, es zu schaffen, dass dieses Gretchen wieder gestrichen wird. Das bin ich ihr schuldig.  
    Lena ist immer noch eine Sitzkugel, aber die Sitzkugel hat sich um 90 Grad zu mir hingedreht, und ihr lachendes Gesicht strahlt mich an. ZDF , was weißt du schon davon, wie tolle Frauen sitzen. Ich würde sie gerne nehmen und hochwerfen. Vielleicht würde ich es sogar schaffen. Die Waschmaschine piept. Sie steht auf, ich gehe ihr hinterher.  
    »Übrigens, das Beste an der ganzen Sache: Die Aufführung ist schon nächsten Montag.«  
    »Nein!«  
    »Und wir haben davor nur eine einzige Probe mit allen Schauspielern.«  
    »Das muss ich sehen!«  
    ***  
    Eigentlich ist mein Leben schon lange nicht mehr so entspannt gewesen. Keine Studiotermine, weil mir Elvin und Adrian die Zeit für die Proben freigehalten haben. Keine Proben, weil Rüdiger Rodeo meint, dass wir uns nur ein einziges Mal am Samstag treffen müssen. Kein Lernen, denn meinen Mephisto-Text beherrsche ich im Schlaf und hoffe nur, dass ich die Pinklbräupassagen nach der Aufführung schnell genug wieder vergessen kann. Umso mehr freue ich mich dafür auf die wunderbare Mephisto-Stimme, die ich mir ausgedacht habe. So was Fisteliges, genau die Schnittmenge aus Märchenfilmhexe, Helge Schneider und dem Butler aus der Rocky Horror Picture Show, und aus Nostalgiegründen noch eine ganz kleine Prise Ernie aus der Sesamstraße dazu. Elvin und Adrian werden rückwärts umfallen, wenn sie hören, was aus ihrer Voice of Pinklbräu geworden ist.  
    So weit wäre alles ganz fein, wenn mich nur nicht dauernd diese eine Frage von hinten würgen würde: Bin ich in der Lena-Freundschaftsfalle?  
    Sie mag mich. Klar. Sonst hätte sie mich zum Abschied nicht so umarmt. Es ist schon mehr als eine Stunde her, aber wenn ich mich darauf konzentriere, spüre ich immer noch ihre wunderbaren Hände auf meinem Rücken. Und ich konzentriere mich alle fünf Minuten darauf, weil mir dann immer so ein herrlicher Schauer durch die Brust wandert.  
    Aber hat sie nun mein Wirrwort-Gedicht gefunden? Oder war sie wirklich nur so gut gelaunt, weil ihre Waldorf-Freundin ihr den Kopf gewaschen hat? Durch meine verklemmte In-die-Wäsche-steck-Aktion habe ich mir natürlich selbst ins Knie geschossen. Ich werde es nie sicher wissen. Und wir sehen uns erst Montag wieder, wenn sie zur Aufführung kommt.  
    Diese Warterei macht mich wahnsinnig. Es reicht. Egal was passiert, wenn der Faust 2.0-Vorhang gefallen ist, mache ich irgendwas Superkrasses. Ganz direkt und mutig. Ich nehme sie an der Hand und entführe sie. Wir setzen uns in ein Flugzeug nach … Okay, Bommi würden wir auch mitnehmen … Nein, ich entführe sie auf die Pfaueninsel und … Oder ich mache ihr einen Heiratsantrag. Ja, das mache ich. Mitten in den Schlussapplaus hinein. Und ich …  
    Oh, SMS von Kurt. Aus heiterem Himmel. Was will er? … Ob ich Zeit für einen Kaffee im Coffee & Bytes hätte. Nein. Lieber im Valentin. Ich smse ihm das zurück.  
    Ein paar Wortbotschaften später steht die Verabredung. Er war etwas zögerlich, aber am Ende hat er ja gesagt. Nicht schlecht. Jetzt besucht er wenigstens mal ein anderes Café. Ich habe das Gefühl, er kommt langsam aus seinem Schneckenhaus raus. Letztes Mal, als ich ihn gesehen habe, war er sogar ohne Rüdiger-Rodeo-Strohhut unterwegs. Hätte ich nicht Tobi, würde ich ihn glatt als Trauzeugen nehmen.  
    Ich breche auf. Inzwischen sind ein paar Wolken heraufgezogen. Könnte Regen geben, aber egal. Auf dem kurzen Weg kann
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