Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
versucht, ihr ihr Kind wegzunehmen? Ich tue, was ich für sie tun kann, aber mehr, als um Gretchens Würde in einem Werbespektakel zu kämpfen, kann ich nicht. Und noch nicht einmal das klappt. Und es gibt im Moment sowieso kaum etwas, was ihr so egal sein könnte wie Gretchens Würde. Selbst wenn zehn nackte Gretchen mit Zöpfen eine ganz Woche lang um Rüdiger Rodeos Beine herumwuseln würden, würde sie herzlich darüber lachen, wenn sie nur ihre Sorgen los wäre.  
    Und, ohne mich da reinsteigern zu wollen, aber vielleicht läuft tatsächlich irgendwas zwischen ihr und Kurt. Und wenn es wirklich so sein sollte, dann muss ich es der Geschichte und der Matrix selbst überlassen, ob sie etwas dagegen haben.  
    Mich kümmert der Regen so wenig, dass ich sogar im Gehen SMS e schreibe. An Kurt. Eine nach der anderen. Ich behaupte, dass ich mich getäuscht habe und dass man sehr wohl Liebe und gemeinsame Arbeit unter einen Hut bringen kann. Ich finde Dutzende Gründe dafür, und ebenso viele Wege, wie man die Gefahren, die trotz allem in dieser Konstellation stecken, umschiffen kann. Die letzte SMS schicke ich ab, als ich vor meiner Haustür stehe. Mein Handy ist nass, lebt aber immer noch.  
    Soll ich jetzt wirklich reingehen? Gene Kelly ist in Singin’ in the Rain auch nicht in sein trockenes Taxi gestiegen, sondern hat sich nassregnen lassen. Allerdings im Gegensatz zu mir vor lauter Glück. War aber auch kein ZDF -Film.  

Samstag  
     
    Andere Männer hätten sich vielleicht noch am gleichen Abend betrunken, ich aber nicht. Gestern habe ich es dabei belassen, weiter stundenlang im Regen zu spazieren. Als ich wieder zu Hause war, legte ich mich in die Badewanne. Schließlich wollte ich mir, trotz allem, nicht meine Mephistostimme von einer Erkältung versauen lassen.  
    Nach dem Bad habe ich versucht zu lesen, aber Wolf Haas hat mich wieder an Lena erinnert, und ich bin dazu übergegangen, stattdessen alle möglichen langsamen Lieder in Molltonarten zu singen, die mir in den Sinn kamen. Irgendwann sollten wir die WG -Band wieder zusammenbringen. Und wenn es nur für einen Abend ist. Ich nahm es mir fest vor. Und dann merkte ich, wie ich vom letzten Lied aus dazu übergegangen bin, selber eine Melodie zu erfinden. Ich sang sie immer wieder im Kreis, feilte an ein paar Ecken noch etwas herum, probierte Varianten, verwarf sie wieder und hatte am Ende ein kleines Schmuckstück. Ich schaltete meinen Laptop ein und nahm mich mit der eingebauten Kamera auf, damit ich es nicht wieder vergaß.  
    Dann bekam ich noch eine SMS von Kurt:  
    danke, oliver, ich werde drüber nachdenken, aber ich bin skeptisch. im zweifelsfall lasse ich den job einfach.  
    Was für ein Ritterheld.  
    In der Nacht träumte ich nicht viel und nichts Besonderes. Ich war froh, dass ich schlafen konnte. Das Aufwachen war hart, wie immer, wenn man traurig ist. Ein paar ahnungslose Momente, dann fällt einem alles wieder ein, und die ahnungslosen Momente sind auf einmal wie ein weit entferntes weißes Watteparadies, aus dem man eben kilometertief auf harten Grund geplumpst ist.  
    Franziska hat heute zum Glück wieder etwas mehr Zeit für das Frühstück. Auch wenn meine Gedanken im Moment von jedem Gespräch der Welt immer wieder zurück zu Lena kehren würden, ist es doch fein, zwischendrin ein wenig abgelenkt zu sein.  
    »Ich glaube, ich steige irgendwann bei der Restauratoren-Datenbank wieder aus.«  
    »Wieso das denn, Franziska?«  
    »Wenn es erst mal rundläuft, wird es mich langweilen.«  
    »Aber es ist doch noch nicht einmal gestartet.«  
    »So lange bleibe ich auch noch dabei. Aber danach gibt es eigentlich nichts Interessantes mehr für mich zu tun.«  
    »Ich verstehe. Und was willst du dann machen?«  
    »Es gibt da schon eine Idee. Will ich aber noch nicht verraten.«  
    »Ich habe jetzt schon Angst. Und ab wann wird die Restauratoren-Datenbank laufen?«  
    »Haha, noch ist das mit dem IT -Chef nicht entschieden. Und wenn ich da einen Fehler mache, kann es sehr lange dauern, bis es richtig fluppt. Aber, wie gesagt, der Mann, auf den ich ein Auge geworfen habe, hat seine Testaufgabe bekommen. Bis Montag hat er Zeit. Ihr werdet es mitbekommen, wenn er es schafft.«  
    »Was denn genau?«  
    »Ich sag nichts. Wird lustig. Wartet einfach ab. Machst du heute noch Sport?«  
    »Nein.«  
    »Sehr gut, dann hab ich nach dem Thaiboxen auf jeden Fall die Dusche für mich alleine. Ist Mephisto eigentlich eine traurige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher