Lions - Hitze der Nacht
tief und beruhigend Luft.
»Dieser Mace ist ja vielleicht einer, was?«
»Das kann man wohl sagen.« Dez spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie sich mit einem Papierhandtuch abtrocknete, fuhr sie fort: »Weißt du, ich hatte es schon mit Kerlen zu tun, die mit dem Blut ihrer Kollegen beschmiert waren. Ich habe mich gegen eiskalte Auftragskiller gestellt, die dachten, sie hätten nichts zu verlieren. Ich habe mich sogar schon einmal mit einer sechzehn Fuß langen Python angelegt, die gerade damit fertig war, ihren Besitzer zu verdauen, und mich eindeutig für ein leckeres Dessert hielt. Und doch hat mir nichts so Angst gemacht wie Mace Llewellyn.«
Sissy kicherte, während sie einen Klecks Lipgloss auftrug. »Ja, ich weiß. Das ist unser Mace.«
Dez drehte sich um und lehnte sich ans Waschbecken, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, merkte dann aber, dass sie nichts zu sagen hatte. Oder vielleicht auch viel zu viel.
Sissy frischte weiter ihr Make-up auf, aber Dez spürte, wie die Frau sie beobachtete. Sie hasste das. Wenn sie etwas sagen wollte, dann verdammt noch mal raus damit.
»Was?« Die Frau hatte sie dabei erwischt, wie sie in der Unterwäscheabteilung rummachten; irgendwie galten jetzt die normalen Höflichkeiten, die man mit Fremden austauschte, nicht mehr. »Warum starrst du mich so an?«
»Kann ich dich was fragen?« Sissys Akzent war wie dickflüssiger Sirup. Und sie sprach so schnell, wie Smitty langsam sprach. Wenn die zwei sich nicht so ähnlich gesehen hätten, wäre Dez nie darauf gekommen, dass sie im selben Haus aufgewachsen waren.
»Ja, warum nicht?«
Sissy steckte ihr Make-up zurück in ihr Ledertäschchen und drehte sich zu Dez um. »Du und Mace …«
»Mensch, Mädchen. Es gibt kein ich und Mace.«
»Mein Name ist Sissy Mae. Oder Sissy. Oder …«
»Was ich sagen will, ist: Es gibt Mace, Punkt. Und Dez, Punkt. Es gibt keine Kombination von beiden. Wir sind zwei getrennte Sätze.«
»Ich will ja nicht unhöflich sein, aber du schreist jetzt vielleicht ›Auf keinen Fall‹, aber da draußen hast du ›Lieber Gott, ja!‹ geschrien. Deshalb wollte ich überprüfen, ob du nicht dabei bist, meinem Jungen wehzutun.«
Dez drehte sich zu ihr um. »Ich? Mace wehtun? Bist du auf Drogen?«
»Wie bitte?«
»Hör mal, Sally Mae …«
»Es heißt Sissy Mae.«
»Wie auch immer. Ich will nur sagen, ich könnte Mace nicht wehtun. Ich glaube nicht, dass irgendwer das kann.«
»Da irrst du dich. Du bist seine Schwäche. Vielleicht seine einzige.«
Dez starrte Sissy Mae an. Mit offenem Mund. Die Frau schnüffelte doch sicher Klebstoff oder so etwas. Sie glaubte nicht, dass Mace Schwächen hatte, aber wenn, dann gehörte sie sicher nicht dazu.
»Schätzchen, ich weiß nicht, was für einen Mist er dir erzählt hat, aber ich glaube, Maces einziges Interesse an mir ist im Moment, dass er mich nicht schon vorher gevögelt hat.«
»Entschuldige bitte, Liebes, wenn ich ein bisschen direkt und grob werde – aber das ist ein Riesenhaufen Scheiße.«
Dez blinzelte überrascht. Nahtlos ging Sissy Mae von der charmanten Südstaatlerin mit der leisen Stimme zu einer Schlampe auf Traktorreifen über. »Hör mal, Sissy …«
Sissy unterbrach sie. »Seit ich ihn kenne, treibt mich der Junge schon mit Geschichten über deinen Hintern in den Wahnsinn. Und ich kenne ihn jetzt seit über zehn Jahren. Ich muss sagen, nichts für ungut, dass ich es leid bin, ständig von dir zu hören. Glaub mir, wenn Mace dich nur vögeln wollte, hättest du jetzt deine Knöchel an seinen Ohren. Er sucht nach mehr. Also mach dich bereit, Schätzchen.«
Damit stapfte Sissy aus dem Toilettenvorraum, spähte aber Sekunden später wieder herein, jetzt wieder mit dem alten Südstaatencharme. »Na komm schon, Schätzchen. Die Jungs warten.«
Sissy schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln, und Dez hatte wieder dieses Bedürfnis. Das Bedürfnis, nachzusehen, wo die Notausgänge waren.
»Was genau tut deine Schwester dadrin?«
»Sie sagt Dez, dass sie um ihr Leben laufen soll?«
Mace war nicht in Stimmung. Er sah auf die Uhr. Wenn sie jetzt gingen, kamen sie ein bisschen zu früh im Restaurant an, aber er musste Dez von diesen beiden hier trennen. Er gestand sich ein, dass die Smiths wirklich so etwas wie Familie für ihn geworden waren. Denn nur die Familie konnte ihn so bloßstellen und beunruhigen.
Sissy Mae zerrte Dez wieder zu ihnen herüber. »Mace Llewellyn. Sei nett
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