Lions - Leichte Beute (German Edition)
Tante Ju-ju anzulegen.
Während sie ihr auf die Füße half, versprach sie ihr: »Ich sage es ihr. Ich verspreche es.«
»Diese Schlampe hasst das kleine Mädchen, wie sie auch die Momma des Mädchens hasst. Hasst sie beide gleich.«
Es lag sicherlich Wahrheit in diesen Worten, doch Sissy konnte nichts tun. Also führte sie ihre Tante aus der Gasse. Als sie auf den Gehweg hinaustraten, sah sich Sissy nach jemandem um, der auf ihre Tante aufpassen konnte, während sie zurück ins Büro des Sheriffs ging, um Mitch ausrichten zu lassen, wo sie war.
Als sie die Straße entlangblickte, sah sie Patty Rose aus einem kleinen Geschenkeladen an der Ecke treten.
»Hey, Patty Rose!«
Die Gefährtin ihres Bruders erstarrte.
Langsam drehte sie sich zu Sissy um und lächelte strahlend. »Sissy Mae? Was tust du denn hier draußen?«
»Ich warte nur auf Mitch. Hör mal, könntest du eine Sekunde auf Tante Ju-ju aufpassen? Ich will kurz rein und Mitch sagen, wo ich hingehe, bevor ich sie nach Hause bringe.«
»Oh, ich kann sie doch hinbringen.« Sie nahm Tante Ju-jus Arm.
»Bist du sicher? Ich kann es auch machen.«
»Nein, nein. Wirklich, das ist schon in Ordnung. Ich tue das gerne.«
Da sie so eifrig schien … »Also gut.« Sissy lächelte auf ihre Tante hinab. Sie war einmal so groß und kraftvoll wie alle Smith-Frauen gewesen. Aber was auch immer ihren Verstand aufgezehrt hatte, schien dasselbe mit ihrem Körper getan zu haben. »Und du pass auf dich auf, Tante Ju-ju.« Sissy beugte sich ein wenig hinab und küsste ihre Tante auf die Stirn. Es war nur ein Impuls, da ihre Tante zur Abwechslung einmal still stand; normalerweise mochte Ju-ju es nicht, wenn jemand sie anfasste.
Statt Sissy wegzustoßen, wie sie es mit fast allen tat, die versuchten, ihr zu nahe zu kommen, blinzelte Tante Ju-ju, und ihre Augen verwandelten sich von Wolfs- zu Menschenaugen.
»Liebes Mädchen«, sagte sie und tätschelte Sissys Schulter. »Liebes, liebes Mädchen. Kein Wunder, dass sie Angst haben. Benutz deine Gabe, Sissy, wenn es sein muss. Es könnte das Einzige sein, was dein Herz rettet.«
Sie ging, und Patty Rose folgte ihr. Als Patty versuchte, wieder den Arm um Ju-ju zu legen, stieß die alte Wölfin sie weg.
Sissy schüttelte das seltsame Gefühl ab, das diese Szene in ihr ausgelöst hatte, drehte sich um und stand direkt vor ihm.
»Hey, Sissy.«
Sissy seufzte laut. Sie war sowieso abgelenkt gewesen, und dann war der Mistkerl noch auf der windabgewandten Seite geblieben. Er hatte sich angeschlichen.
»Gil.« Sie schaute zu ihm auf. Sie musste den Kopf nicht so weit in den Nacken legen wie bei Mitch, was Gil plötzlich richtig klein wirken ließ. »Warum schleichst du immer herum? Hast du nichts zu tun? Arbeitest du nichts?«
»Klar. Hab jetzt eine eigene Firma. Eine Autowerkstatt nicht weit von hier.«
Die Arme vor der Brust verschränkend, blaffte Sissy: »Eine Autowerkstatt? Wie mein Bruder?«
»Reg dich nicht auf. Ich bin am anderen Ende der Stadt. Überhaupt nicht in der Nähe deines Bruders.«
Wäre Smithtown tausend Meilen lang gewesen, hätte sie diese Information beruhigt. Aber Smithtown war klein, und es ging um ihre Familie. Auch wenn es das Arschloch Travis war. »Du glaubst wirklich, dass du damit durchkommst, oder?«
»Womit?«
»Smithtown zu übernehmen. Alphamann zu werden.«
»Das ist …«
»Lüg mich nicht an, Gil Warren!«
Gil trat dicht an sie heran und richtete den Blick eindringlich auf ihr Gesicht. »Und was, wenn ich genau das will, Sissy Mae? Stell dir vor, was wir gemeinsam schaffen könnten!«
Sie schnaubte höhnisch. Dann schnüffelte sie. Ihre Augen wurden schmal. »Hast du gerade mit Patty Rose geredet?«
»Hab sie im Geschenkeladen gesehen.«
»Ach, tatsächlich? Und was hast du in dem Geschenkeladen gekauft? Denn wenn ich mich recht erinnere, bist du nicht besonders gut im Schenken, du geiziger Mistkerl.«
»Ich habe nur …« Gil wurde brutal unterbrochen, als er mit dem Gesicht voraus gegen die Ziegelwand neben ihnen gestoßen wurde. Sissy fand es nicht das Schlimmste, dass Mitch ihn geschubst hatte, sondern dass sie das Gefühl hatte, dass Mitch Gil eigentlich gar nicht richtig bemerkt hatte. Er hatte ihn einfach aus dem Weg geräumt, indem er ihn am Hinterkopf gepackt und sein Gesicht an die Mauer geknallt hatte.
»Bist du so weit?«, fragte Mitch beiläufig.
Sissy sah sich um; es überraschte sie nicht, dass sie sämtliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Sie hatten
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