Lions - Wilde Begierde (German Edition)
›Keine Sorge. Wir geben ihr etwas, das ihre Muskeln lähmt‹, sagten sie mir.«
»Wahrscheinlich Pancuronium.« Alle starrten Lock an, und er fragte: »Was denn?«
»Ja, genau«, sagte Blayne. »Das Zeug. Das ich persönlich ja einfach herauspisse. Auf mich hat es gar keine Wirkung.«
»Überhaupt keine?«
»Nö. Und ich habe sie gewarnt, dass es bei Gwen auch nicht funktionieren würde, wenn sie ihr nicht genug geben. Und was passiert? Sie wacht auf, und alle fragen schockiert: ›Warum ist sie wach?‹ Sie ist wach, weil ihr Idioten mir nicht zugehört habt!«
»Hat sie deshalb Angst vor Krankenhäusern?«, fragte Lock.
»Nein. Sie hat Angst vor Krankenhäusern, weil sie eine Reportage über Organdiebstahl im Fernsehen gesehen hat. Seither ist sie überzeugt, dass die ihre Organe stehlen wollen.«
»Ernsthaft?«
»So kreativ bin ich auch wieder nicht. Das könnte ich mir nicht ausdenken.«
»Aber jetzt klappt alles?«, fragte der Löwe. »Jetzt hat sie die richtige Dosis?«
»Das bezweifle ich.«
Eindeutig nicht die Antwort, die der Löwe hören wollte. Er fauchte: »Was meinst du damit?«
Die Wolfshündin beugte sich von ihm weg, und Lock hatte langsam genug von seinem Verhalten.
»Schrei sie nicht an!«
»Ich habe nicht geschrien, und mit dir redet keiner!«
»Frag mich mal, was es mir ausmacht, dass du nicht mit mir redest!«
»Was willst du überhaupt noch hier?«, wollte der Löwe wissen.
Die Wölfin streckte den Arm nach ihm aus. »Brendon …«
»Halt dich da raus, Ronnie!« Er starrte Lock wütend an. »Hör mal, Balu …« – und wenn es eines gab, das Lock hasste, dann waren es diese verfluchten Bärenspitznamen, auch die aus der klassischen Literatur – »… ich glaube, es wird Zeit für dich zu gehen.«
»Ich würde gern sehen, wie du mich dazu zwingst.«
Der Löwe stand tatsächlich auf, aber die Wölfin packte ihn am Saum seines Krankenhauskittels und versuchte verzweifelt, ihn auf seinen Sitz zurückzuziehen. In diesem Augenblick kam die Ärztin ins Wartezimmer. Ihr Gesichtsausdruck war … seltsam. Vielleicht wäre »verwirrt« ein besseres Wort dafür. Aber Lock wollte als Patient bei Ärzten weder einen seltsamen noch einen verwirrten Blick sehen.
»Was ist los?« Der Löwe vergaß Lock und trat auf die Ärztin zu. »Was ist passiert?«
»Sie ist … äh … verschwunden.«
»Sie … sie was?« Der Kater stürmte an der Ärztin vorbei in den Operationssaal; Ronnie Lee und die Kojotin folgten ihm. Aber Lock merkte, dass Blayne sich nicht rührte. Sie sah auch nicht besonders besorgt aus.
Lock seufzte. »Wo ist sie?«
Blayne zuckte die Achseln. »Wie ich meine Gwenie kenne? Auf halbem Weg zurück nach Philly.«
»Sicher? Sie würde sich nicht im Schrank verstecken? Oder im Bad oder so?«
»Nö. Aus dem Fenster gesprungen, schätze ich. Sie wird in den Bäumen bleiben. Sie hat sowieso diese kräftigen Tiger-Beine, aber weil sie so leicht ist, kann sie ohne Probleme fünfzehn Meter hoch springen: doppelt so hoch wie die meisten Tiger. Sogar wenn sie humpelt.«
»Und du willst, dass ich sie verfolge.« Er fragte nicht, denn er wusste schon, dass sie genau das wollte, bevor sie süß zu ihm herauflächelte.
»Würdest du das tun?«, fragte sie mit bittenden braunen Augen. »Bitte?«
»Na gut. Für dich.« Lock stand auf, verließ das Ärztezentrum und ging um das Gebäude herum, bis er die Witterung der Katze aufnahm. Er folgte ihr.
Gwen lag lang gestreckt auf einem Ast, hechelte leise und genoss die frische Luft.
Sie hasste Krankenhäuser. Wie sie rochen, und dann diese eierschalenweiß oder grün gestrichenen Wände und dieser nachhaltige Todeshauch. Okay, diesmal war sie vielleicht nicht in einem richtigen Krankenhaus gewesen, aber nahe dran. Wenn es Ärzte und Krankenschwestern gab, war es für sie ein Krankenhaus.
Es trieb ihre Mutter in den Wahnsinn. Roxy war jahrelang Krankenschwester gewesen, bevor sie ihren ersten Salon aufgemacht hatte, und zwei von Gwens Tanten und mehrere ihrer Cousinen waren Arzthelferinnen oder Rettungssanitäterinnen. Roxy hatte versucht, Gwen in dieselbe Richtung zu lenken, indem sie sie als freiwillige Helferin im Krankenhaus angemeldet hatte, aber dieser Ferienjob hatte nur ungefähr einen Tag gedauert, bevor Gwen davongelaufen war und den Rest des Abends im Badezimmer verbracht hatte, wo sie ihre ausgewachsene Panikattacke herauswürgte. Seither war sie nie wieder freiwillig in einem Krankenhaus gewesen. Wobei »freiwillig«
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