Lipstick
langstielige Rose, wir stiegen quasselnd die Stufen zu unserem Zimmer hoch, und während ich kurz darauf pinkelnd auf der Klobrille hockte, dachte ich nur, wie absurd es doch war, daß ich ausgerechnet an diesem Ort und an diesem Geburtstag den ersten Schwangerschaftstest meines Lebens machte.
»Jetzt mußt du drei Minuten warten.« Greta blickte mir sensationslüstern entgegen. »Wenn sich das Feld rosa verfärbt …«
»Ist schon rosa«, sagte ich matt.
»Laß mal sehen.« Greta nahm mir das Ding aus der Hand und starrte gebannt drauf. »Also, ich glaube … Das bedeutet nur, du hast den Test richtig gemacht«, murmelte sie. »Das entscheidende Feld ist noch hell.«
Ich ließ mich aufs Bett fallen und betrachtete die Überreste der Deckenbemalung. Ein fettes Engelein flog in einem verwaschenblauen Himmel herum, jedenfalls konnte man ein dickes Bein und so etwas wie einen Kopf erkennen. Das Leben würde es schon gut mit mir meinen und mir in dieser Situation kein Kind aufhalsen.
Greta war verstummt. Ich drehte mich auf die Seite und sah mir die Wand zu meiner Rechten an, verfolgte genau den Verlauf einiger Risse. Sie sahen wie Blitze aus, einer von ihnen zog sich über die ganze Wand und schlug direkt neben meinem Kopf ein. Noch mal Glück gehabt.
»Katja?«
Ich hob den Kopf und fand, daß Greta übertrieben entsetzt guckte.
»Sag bloß, es ist rosa?« fragte ich ruhig.
Greta nickte.
Sendepause. Ich guckte wieder den Blitz an und fand plötzlich, er hätte mich ruhig treffen können.
»Ist es sicher? Ich meine, diese Tests spinnen doch oft.«
Greta sah immer noch ziemlich entsetzt aus. »Wenn’s positiv ist, kann man schon davon ausgehen, daß es stimmt.«
»Ach was!« Ich sprang auf. »Zu Hause kläre ich das besser mit meiner Ärztin. Komm. Laß uns rausgehen.«
Greta folgte mir widerspruchslos. Wir rannten kreuz und quer durch die Stadt, und als wir schließlich den Canale di Cannaregio überquert hatten und ins ehemalige Ghetto eintauchten, fragte mich Greta, ob ich gern ein Kind hätte.
»Im Prinzip schon«, erwiderte ich schwach. »Aber ich wüßte wenigstens gern, wer der Vater ist!« Ich sah Greta hilfesuchend an. »Scheiße! Ja, mittlerweile glaube ich es fast auch.« Wahrscheinlich hatte ich es sowieso die ganze Zeit über geahnt und es mir nur nicht eingestehen wollen – vielleicht war es das.
»Du könntest ja notfalls auch …« Greta guckte auf ihre Schuhe.
»Ich meine, viele Frauen treiben ab.«
»Mit dreißig? Wär ziemlich idiotisch.«
»Ja, du hast recht.« Und während sich Greta bei mir unterhakte, fuhr sie fort: »Also, ich bin jedenfalls für dich da. Wir kriegen das schon hin.«
Irgendwie beruhigten mich ihre Worte. Wenn das Kind schon keinen eindeutigen Vater hatte, so doch wenigstens eine zuverlässige Zweitmutter.
Greta streichelte mir den Nacken, der schweißnaß war. »Willst du zurück ins Hotel und dich hinlegen?« fragte sie besorgt.
»Ach, komm, laß uns die Zeit noch genießen! Ich will jetzt nicht an so was denken!«
Wir steuerten eine kleine Bar an. Greta entschuldigte sich, weil sie mir diesen Test aufgedrängt hatte.
»Schon okay. Ich komme ja sowieso nicht drum herum.«
Unvernünftigerweise bestellte ich für uns beide Prosecco.
»Auf deinen Geburtstag!« sagte sie, indem sie mir zuprostete.
»Ja, genau. Und auf dich. Und auf Mäxchen. Und auf den Sex!«
»O ja!« Greta fing an zu kichern. Mit ihren rosigen Wangen erinnerte sie mich an ein kleines Mädchen.
»Was ist mit Maurizio? Habt ihr euch nicht noch mal für heute verabredet?«
Greta schüttelte den Kopf. »Es war eine einmalige Aktion. Mein erster und letzter One-night-Stand.«
»Habt ihr wenigstens Adressen ausgetauscht?«
»Nein. Wozu?«
Ich wußte auch nicht, wozu. Ein One-night-Stand war eben ein One-night-Stand und nicht dazu da, daß man sich auf sentimentale Weise verabschiedete und sich noch Wochen später nacheinander verzehrte. Ich fragte Greta, ob sie das auch so sehe, und sie antwortete, sie sei so geil und zugleich glücklich, daß sie den nächsten Mann auf der Straße anspringen könnte. Und solche Worte aus ihrem Mund …
»Triffst du dich nur meinetwegen nicht mit ihm? Weil ich Geburtstag habe?«
»Quatsch.«
»Du solltest es dir aber ruhig gönnen!«
»Hör mal! Das ist überhaupt kein Thema! Wir hatten eine schöne Nacht und basta!«
»Ich habe überhaupt keine Lust auf Sex«, hörte ich mich plötzlich sagen.
»Das ist absolut normal.«
»Greta, hör auf damit,
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