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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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daß ich mir prompt die Zunge verbrannte.
    »Ist halt nur so ein Gefühl«, beschloß Jan leise seine Ausführungen und guckte auf seine Finger, die er wie Fächer vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte.
    »Und was ist mit Katharina?« fragte ich beiläufig und in der Hoffnung, ihn damit zu verletzen.
    »Die hat es auch. Das Besondere …«
    Ich knallte meine Tasse auf die Untertasse, daß es klirrte und Jan sich verschreckt umsah. Die große Blonde hinter der Bar schaute zu uns rüber.
    »Sag mal, was willst du eigentlich von mir?« kreischte ich los. Es war mir ziemlich egal, was man hier von mir dachte. »Uns den Urlaub im nachhinein vermiesen? Wir hatten guten Sex, ja, zum Teufel, wir haben tierische Nummern geschoben, und jetzt fängst du einfach an, Stuß zu reden!«
    »Und du wirst ordinär.«
    »Und du kannst mich mal!« Ich holte mein Portemonnaie raus,und während ich einen Zehner auf den Tisch knallte und nach meiner Jacke griff, redete Jan einfach in seinem sanften Priestertonfall weiter. Ich sollte ein Kind haben – nichts weiter habe er gesagt. Und daß es mit ihm nicht möglich sei, finde er ziemlich schade, ja, es sei geradezu eine Tragödie.
    Rede nur! Mach alles kaputt! Ich sah ihn nicht mehr an, als ich meine Tasche aus dem Schuppen schleppte, um dann blind vor Tränen durch die Stadt zu irren.
    Sich zu besaufen wäre eine Möglichkeit. Mit Tom ins Bett zu gehen eine andere. Oder den Abwasch von vier Tagen zu erledigen. Und vor allem zu hoffen, daß mir hie wieder eine von Jans abgeschmackten Postkarten ins Haus flatterte.
    Ich stieg aus dem Taxi, verheult und verquollen, und sah schon von draußen an dem runtergelassenen Rollo, daß Tom nicht zu Hause war. Es gab mir einen Stich, obwohl ich, wenn die halbe Stunde im »Rialto« nicht stattgefunden hätte, über seine Abwesenheit mit Sicherheit erfreut gewesen wäre.
    Ich stellte die Tasche im Flur ab und schnupperte den vertrauten Geruch der Wohnung – eine Mischung aus Nadelbaum, Geschirrspülmittel und Zitrusparfüm. Vielleicht hatte ich mir die Reise mit Jan ja einfach nur eingebildet! Ich kam also gerade ganz normal vom Einkaufen nach Hause, würde jetzt Kartoffeln schälen und Gemüse putzen, weil Tom sicherlich gegen halb neun in seiner Kanzlei Schluß machte … Jan. Wieder fiel mir dieser Kerl ein und wollte fortan nicht mehr aus meinem Kopf. Nicht als ich die Todesanzeige las und auch später nicht, als ich völlig entnervt meine Tasche auskippte und die nach Sex riechende Wäsche in die Maschine stopfte. Okay, spätestens nach dem Schleudergang müßte ich mit dem Thema durch sein, alles weggespült. Großer Gott, langsam drehte ich durch! Und war verliebt. Und hätte nichts lieber getan, als bei Jan anzuklingeln. Ich konnte nicht. Ich durfte nicht. Katharina. Es war so etwas wie ein unausgesprochenes Gesetz zwischen uns, daß ich ihn mit Anrufen und dergleichen verschonte.
    Dann eben Greta. Sie nahm erst nach dem sechsten Klingeln ab,ihre Stimme überschlug sich, nachdem ich bloß ein leises Hallo in den Hörer gehaucht hatte. Sie wollte so vieles wissen und alles auf einmal, und ich fand es schwierig, die richtigen Antworten zu geben. Ich war durcheinander, randvoll mit Liebe, und gleichzeitig fühlte ich mich von diesem Hallodri angewidert, weil er mich zu einer künftigen Übermutter hatte verklären wollen.
    »Vielleicht hat Jan recht«, gab Greta klugerweise von sich.
    »Jetzt fang du nicht auch noch damit an!«
    »Aber wenn man so schroff wie du reagiert …«, stotterte Greta in den Hörer. »Ich meine ja nur … Vielleicht hat er ja doch den Nagel auf den Kopf getroffen.«
    »Zum Teufel noch mal! Ich dachte, du bist meine beste Freundin! Ich will kein Kind! Du hättest sein Geschwafel hören sollen! Widerwärtig!«
    So kamen wir nicht weiter. Ich war sauer wie ein Zitronendrops, litt unter Liebesentzug und hatte zudem das plötzliche Gefühl, auf einen Schlag um gut fünfzig Jahre gealtert zu sein. Keine Perspektiven mehr; nur noch einen elendig langweiligen Lebensabend vor Augen.
    Jedes erotische Café hat seine Grenzen. Erotische Cafés funktionieren nur, wenn man auch in entsprechender Verfassung ist, andernfalls kann man noch und nöcher Kaffee trinken, den Duft von Espresso und frischem Gebäck einatmen und dem Klappern der Teller und Tassen lauschen – es passiert rein gar nichts. Tote Hose.
    So erging es mir in den nächsten Wochen. Tante Britts Beerdigung hatte mir mächtig zugesetzt, die Seifenopernbosse ließen

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