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Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Titel: Lisa geht zum Teufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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verzichten«, sagte Delia resolut, während sie noch in ihrer Geldbörse kramte, was nur bedeuten konnte, dass sie einen finanziellen Engpass hatte. Mit den vier Euro fünfzig, Kleingeld, das er vergangene Woche vor einem Supermarkt, dort, wo die Einkaufswagen abgestellt wurden, im Laufe einer Stunde zusammengeklaubt hatte, würden sie nicht weit kommen.
    »Wir müssen nicht essen gehen«, schlug er vor.
    »Ich bestehe darauf. Gute Traditionen sollte man beibehalten«, erwiderte Delia.
    Wie oft hatte Rafael schon versucht, sie einzuladen. Nach Gelegenheitsjobs bei Umzugsfirmen, die allzeit eine kräftige Hand gebrauchen konnten, oder nach der Olivenernte war er stets für ein paar Wochen flüssig gewesen, wenngleich nur dünnflüssig, denn reich werden konnte man damit nicht. Delia hatte trotzdem darauf bestanden, zu bezahlen, und die Begründung dafür war immer die gleiche: »Hey, du hast mir den Arsch gerettet.« Das stimmte. Wäre er vor fünf Jahren nicht eingeschritten, als sie von drei angetrunkenen Freiern auf einem abgelegenen Parkplatz verprügelt wurde, wäre Delia jetzt nicht mehr hier.
    »Was ist los? Finanzielle Sorgen?«, fragte Rafael. Soviel er wusste, kam Delia in den letzten Jahren auch ohne sexuelle Dienstleistungen ganz gut über die Runden. Stammkunden, die sie gerne als Gesellschafterin um sich hatten, Witwer oder einfach nur Männer, die ihren Humor schätzten, ermöglichten ihr Überleben.
    »Zwanzigtausend für dieses Loch! Eine verdammte Sonderumlage«, empörte sie sich so laut, dass sich gleich ein paar Köpfe nach ihnen umdrehten.
    »Ich hätte mir nie eine Wohnung mit Flachdach kaufen sollen. Die Bank streckt mir höchstens die Hälfte der Kosten vor. Wenn überhaupt. Meinen Rentenbescheid wollten sie sehen. Als ob ich ’ne Rente hätte. Seh ich so aus?«
    Sie war also faktisch blank. Was nützte einem eine abbezahlte Eigentumswohnung, wenn man im Alter kein Geld mehr hatte, um dafür aufzukommen, wenn die Rücklagen der Eigentümergemeinschaft für größere Reparaturen nicht mehr ausreichten?
    »Ich hab schon überlegt, die Wohnung zu verkaufen. Aber wo soll ich denn hin? Für das Loch krieg ich nichts mehr.«
    »Kennst du niemanden, der dir etwas leihen könnte?«, fragte Rafael besorgt.
    »Maximal ausgeschöpft. Und jetzt setzt mir die Bank auch noch das Messer an den Hals.«
    »Wie viel brauchst du?«
    »Achttausend, mindestens. Aber jetzt sag mir bitte nicht, dass du für mich eine Bank ausraubst. Ich würde dir so was glatt zutrauen«, sagte sie und lachte. »Ich sollte wieder anschaffen gehen. Straßenstrich«, sagte Delia so resolut, als ob das bereits beschlossene Sache wäre.
    »Das meinst du aber jetzt nicht ernst«, erwiderte Rafael, denn das würde er ihr tatsächlich auch zutrauen.
    »Jetzt schau nicht so entgeistert. An mir ist doch noch ordentlich was dran«, sagte Delia augenzwinkernd und hob ungeniert ihr imposantes Dekolleté mit den Händen an. Eine Männerrunde am gegenüberliegenden Tisch blickte sofort zu ihnen. Auch ein junger Kerl, der allein am Nachbartisch vor einem Glas Wein saß, musterte Delia mit großen Augen.
    »Was glotzt ihr denn so blöd?«, fuhr sie ihr Publikum an. »Solche Möpse habt ihr wohl noch nicht gesehen?«
    Der junge Mann neben ihnen musste unwillkürlich lachen, was Delia offenkundig schmeichelte. Rafael wusste, wie sehr sie Menschen schätzte, die mit derbem Humor etwas anfangen konnten.
    »Immerhin hab ich ab nächster Woche eine Putzstelle. Bei der Schwester von Rodrigues. Zwanzig Euro die Stunde.«
    »Zwanzig Euro? Nur Putzen?«
    »Nicht, was du denkst. Du musst wissen, Rodrigues hasst seine Schwester.«
    »Und was hat das mit dir zu tun?« Wie schon so oft überforderten ihn Delias wilde Gedankensprünge.
    »Ich soll sie ein bisschen aufmischen. Schikanen … auf die Nerven gehen.«
    »Und du machst das?«, fragte er entgeistert.
    »Sie hat Rodrigues um sein Erbe betrogen. Lässt einfach ein Testament verschwinden, verstehst du. Reicht das?«
    Rafael nickte, nachdem er sich Delias Rechtfertigung zu eigen gemacht hatte, und stellte sich seine Freundin gerade in Fahrt vor. Mit Delia war nicht gut Kirschen essen, und was sie sich vornahm, zog sie durch.
    »Noch weitere Fragen, oder können wir jetzt endlich bestellen?«, fragte Delia.
    »Bestellen«, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
    Andreas konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal in eine Bar gegangen war, um bei einem Glas Wein den Kopf frei zu bekommen. Gerade

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