Lisa geht zum Teufel (German Edition)
Scheiben des Küchenfensters im ersten Stock verändert hatten. Sie wirkten irgendwie milchig. Sie setzte ihre Lesebrille ab und sah den Rauch. Feuer! Rafael und Delia mussten also doch die ganze Zeit über da gewesen sein, und es sah ganz danach aus, als würden sie ihr gerade die Bude abfackeln. Lisas Sprint zum Haus war rekordverdächtig, doch dann ging ihr schlagartig die Puste aus, weil es bereits aus der Tür qualmte. Der Rauch nahm ihr schlagartig Sicht und Atem. Ein schier unerträglicher Fett- und Knoblauchgestank kam noch hinzu. Sollte sie gleich die Feuerwehr oder die Polizei rufen? Erst einmal lüften! Sie riss das Fenster im Flur auf und blockierte die geöffnete Haustür mit einem der schweren Blumentöpfe, die neben dem Eingang standen. Sofort zog ein Teil des Rauchs ab. Mit frischem Sauerstoff in den Lungenflügeln stapfte sie wütend die Treppe nach oben. Die Küchentür stand offen. Der Rauch kam eindeutig von einer großen Pfanne, die auf dem Herd stand. Lisa stürmte hinein, schnappte sich ein Tuch und beförderte die Pfanne erst einmal in den Ausguss. Herd abdrehen. Fenster auf. Waren die beiden unbemerkt gegangen und hatten vergessen, den Herd auszumachen? Nachsehen! Ohne anzuklopfen, öffnete Lisa die Tür zum Zimmer der beiden und traute ihren Augen nicht. Delia saß auf einem Stuhl und las Zeitung, als wenn nichts passiert wäre.
»Können Sie nicht anklopfen?«, fragte sie empört.
Erst jetzt fiel Lisa auf, dass dieser Raum rauch- und geruchsfrei war. Kein Wunder. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren und machte einen Höllenlärm.
»Sie haben vergessen, den Herd auszustellen!«, blaffte Lisa sie an.
Delia wirkte irritiert, schnupperte dann etwas zaghaft. »Jetzt, wo Sie es sagen. Um Gottes willen.« Sofort sprang sie auf.
»Lesen Sie ruhig weiter. Ich hab die Pfanne schon vom Herd genommen«, sagte Lisa zynisch.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Mein Mann und ich sind wohl nicht so geschickt in der Küche«, erwiderte Delia.
Mit allem hätte Lisa gerechnet, aber nicht damit.
»Das nächste Mal grillen Sie draußen, im Garten!«
»Daran haben wir auch schon gedacht, aber Sie haben uns ja gesagt, dass wir ihn nicht betreten dürfen«, erwiderte Delia wie die Freundlichkeit in Person.
Nun kam auch noch Rafael mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt herein. »Sie erlauben?«, fragte er und zwängte sich halbnackt an Lisa vorbei.
»Und Ihnen ist auch nicht aufgefallen, dass es gequalmt hat?«, fragte sie ihn.
»Nein, ich war im Bad. Und wenn man selbst Knoblauch gegessen hat …«, sagte er, zuckte mit den Schultern und schnupperte in den Raum hinein.
Lisa nickte nur, nachdem sie die Handtücher auf dem Boden entdeckt hatte. Jedes weitere Wort wäre nun sowieso überflüssig. Alles Absicht. Dieses verlogene Pack! Ihre Gedanken kreisten nur noch um eines: Felipe verzeihen? Niemals!
Putzen tat gut, um Aggressionen abzubauen. Leider war der primäre Grund diesmal ein anderer. Die beiden schrägen Vögel hatten den Boden des Erdgeschosses mit ihrer Aktion in so etwas wie eine Eisbahn verwandelt. Spiegelglatt! Die Fettpartikel hatten sich bis in Lisas Wohnzimmer verteilt. Die Tür war bestimmt wieder einmal nicht zugeschnappt … Oder hatten die beiden sie absichtlich geöffnet? Nein, das wäre ja mutwillige Sachbeschädigung. In Anbetracht der aufgerollten Handtücher am Boden aber durchaus denkbar. Claudia hatte diese Variante trotzdem ausgeschlossen, weil die Handtücher auch einen ganz anderen Grund gehabt haben könnten, zumindest rein theoretisch, wenngleich ihr ad hoc auch keine andere Erklärung, als den Rauch abzuhalten, eingefallen war. Das Leid am Telefon loszuwerden hatte trotzdem gutgetan. Immerhin war die Clique jetzt beruhigt, dass sie noch lebte. Auf den Gedanken, ihr beim Reinigen des Bodens und Abwischen aller Flächen, auf denen sich das Fett abgesetzt hatte, zu helfen, war allerdings keiner gekommen. Kein Wunder, denn Lisa hatte die Zustände im Haus als infernal bezeichnet und gemutmaßt, diesen penetranten Knoblauchgeruch nie mehr aus der Kleidung zu bekommen, geschweige denn aus den Polstermöbeln. So schnell hatte Claudia noch nie ein Telefonat beendet. Tolle Freunde, die sie mitten in diesem Gestank und mit dem Ratschlag, sich Zitronenreiniger zu besorgen, im Stich ließen. Dass sie nun auf Jahre vor nächtlichen Vampirangriffen geschützt sei, war eine jener »witzigen« Bemerkungen, die Claudia sich auf Zuruf von Vroni hätte sparen können. Zum
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