Lisa geht zum Teufel (German Edition)
ihrem Viertel zu bedenken. Wieder ein völlig legitimer Gedanke. Wozu sich im Urlaub Stress machen? Dies ließ aber außer Betracht, dass Lisa sich schon damals nicht hatte von Felipe kleinkriegen lassen. Flucht kam nicht in Frage, aber sie hörten einfach nicht auf, den Kern des Problems zu ignorieren.
»Ich kann heute Nacht hierbleiben, wenn du magst. Nicht wahr, Alex?«
Claudia war wirklich rührend. Wenn das kein Opfer war! Aber konnten Bonobos überhaupt länger als für ein bis zwei Stunden voneinander getrennt überleben? Alex würde am Ende noch eingehen.
»Macht euch keine Gedanken. Ich schaff das auch gut allein. Außerdem habe ich eure Handynummern, für den Notfall«, sagte Lisa tapfer.
Endlich hatten sie die Einfahrt zu ihrem Haus erreicht. Perfekte Idylle.
»Aber ruf auf alle Fälle an, damit wir wissen, dass alles in Ordnung ist«, bat Claudia zum Abschied.
Komischerweise ging es Lisa im Nu besser, als Stefans Jeep in der nächsten Seitenstraße verschwand. Wenigstens war sie die Runde Mitleid los und musste sich nicht mehr ständig rechtfertigen. Außerdem hatte Felipe ihr ja nicht zwei Berufskiller auf den Hals gehetzt. So weit würde er niemals gehen. Allein schon, dass sie diesen Gedanken als theoretische Möglichkeit in Erwägung zog, belegte allerdings, wie aufgewühlt sie noch war. So friedlich, wie das Haus jetzt vor ihr lag, gab es aber nicht den geringsten Grund, sich Sorgen zu machen. Die beiden waren wahrscheinlich nicht einmal da. Lisa seufzte, ging in den Garten und freute sich auf die Lektüre ihres Buchs. Seltsam. Hatte sie es heute Morgen nicht mit dem Buchrücken nach unten auf den Tisch gelegt? So konnte man sich täuschen.
»Hast du schon gesehen, was die so liest?«, fragte Rafael, während er in der kleinen Küche auf ihrer Etage Rind- und Schweinefleisch in kleine Streifen schnitt.
»Was denn?«, fragte Delia eher desinteressiert. Sie beschäftigte sich lieber mit den fünf Knoblauchknollen, die sie im Supermarkt gekauft hatte.
»Das böse Mädchen.«
»Wie passend«, erwiderte Delia amüsiert und fing an, die erste Knoblauchzehe kleinzuschneiden.
»Du willst das aber dann nicht auch noch alles essen, oder?«, fragte Rafael etwas verunsichert. Die Menge, die Delia kleinhackte, war sicher ausreichend, um eine ganze Division der Fremdenlegion zu verseuchen.
»Knoblauch ist gesund. Man kann gar nicht zu viel davon zu sich nehmen.«
So entschlossen, wie Delia die Zehen zerlegte, gab es heute Knoblauch mit Beilagen.
Ihren Maßnahmenkatalog damit aufzustocken, der Hausherrin die Bude ordentlich auszuräuchern, war Delias Idee gewesen. Fettpartikel in Verbindung mit Knoblauch, die Küchendunst und Rauch gleichmäßig im Raum verteilten, konnten sich auf Wochen hartnäckig festsetzen.
»Hast du Gasmasken dabei? Du hattest doch so was in deinem Koffer«, fragte er, nachdem ihm eingefallen war, dass sie sich selbst zwangsläufig auch diesem Gestank aussetzen mussten, aber weniger darunter leiden würden, wenn sie selbst Knoblauch gegessen hatten.
»Stell dich nicht so an und schneid lieber die Tomaten«, erwiderte Delia resolut, stellte die Pfanne auf den Herd und goss ordentlich Olivenöl hinein.
»Hast du vorhin noch mal nachgesehen, ob die Kellertür einen Spaltbreit offen ist?«
»Ja, aber was wollen wir denn im Keller?«, fragte Rafael.
»Der Gestank muss sich im Haus verteilen. Dafür brauchen wir Zugluft.«
»Hast du die Tür zu ihrem Wohnzimmer angelehnt?«, wollte Delia wissen.
»Ja, hab ich. Aber das gibt Ärger.«
»Soll es ja, und zwar jede Menge«, erwiderte Delia.
»Lisa kann sich bestimmt daran erinnern, dass die Tür zu war.«
»Aber sie schließt sie normalerweise ja nicht ab. Bei den alten Türen … Die Badtür springt doch auch immer wieder auf, wenn man sie nicht fest ins Schloss drückt. Du wirst sehen, der Rauch zieht von der Küche nach unten. Ich werd Handtücher vor den Türspalt zu unserem Zimmer legen. Da kommt nichts rein.« Delia hatte tatsächlich an alles gedacht und nichts dem Zufall überlassen. Vielleicht klappte es ja. Andreas’ Geld mussten sie sich jedoch schwer verdienen.
»Meinst du, dass sich Carmen bei mir melden wird?«, fragte er in Gedanken an seine Tochter.
»Du kannst dir Liebe nicht erkaufen, Rafael«, sagte Delia mit niederschmetternder Ehrlichkeit, die er an ihr schätzte. War es also wirklich zu naiv zu glauben, dass ein Geschenk oder gelegentliche finanzielle Zuwendungen jemals wettmachen konnten, was seine
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