Lisa geht zum Teufel (German Edition)
hatte. Noch vor Tagen hätte ihn der Kleine vermutlich für seinen Freund Chewbacca, das Zotteltier aus Krieg der Sterne , gehalten.
Nun lachte der Junge und klappte das Visier seines Helms hoch. »Ich bin Luke. Und wer bist du?«, fragte er.
Er hielt sich also für Skywalker, dabei war er nicht viel größer als Yoda, das Erdmännchen, aber diesen Gedanken behielt Rafael besser für sich, nicht dass Luke am Ende noch sein Laserschwert bemühen musste. »Rafael. Ich wohne hier«, sagte er stattdessen.
»Warum duschst du nicht im Haus?«, fragte der Junge unverblümt.
Seine direkte Art gefiel Rafael. »Wir hatten Probleme mit dem Wasser«, log er. Der Konflikt mit Lisa ging Luke, der aus der Nachbarschaft sein musste, nichts an.
»Hatten wir letzte Woche auch. Kennst du Krieg der Sterne ?«
»Aber klar … Darf ich jetzt trotzdem meine Hände runternehmen?«
Der Kleine nickte, ließ die Waffe sinken und fragte: »Kannst du mit einem Laserschwert umgehen?«
Natürlich konnte Rafael das nicht, aber sein Leben in diesem Haus war sowieso schon so absurd, dass es auf einen Laserschwertkampf mehr oder weniger auch nicht mehr ankam. Luke reichte ihm ein rosagefärbtes Plastikschwert. Er selbst hatte ein blaues. Hoffentlich kam Delia nicht auf den Gedanken, nach ihm zu sehen. Dafür, dass er dabei war, sich im Garten mit einem Yedi-Ritter zu duellieren, würde er sich an diesem Abend bestimmt wieder ein paar Peitschenhiebe einhandeln.
Natürlich mochte Lisa die Grillabende bei Claudia und Alex. Was könnte schöner sein, als in einer Stadtvilla mit direktem Zugang über die Strandpromenade zum Meer in geselliger Runde und mit frischen Getränken zusammenzusitzen. Das war die gewohnte Routine. Und doch war diesmal alles anders. Statt sich über den neuesten Tratsch auszutauschen oder über die Behörden zu wettern, die es wieder einmal nicht geschafft hatten, die öffentliche Zufahrt zum Haus ihrer Freunde im Laufe des letzten Jahres instand zu setzen, musste sie über »die Front«, wie Alex es treffsicher nannte, berichten. Nach Kriegsberichterstattung dürsteten auch Vroni und neuerdings sogar Stefan. Lisa schenkte ihnen daher Hochprozentiges ein, frisch Erlebtes, das ihre Freunde abwechselnd erheiterte oder spannend unterhielt. Lisa war schließlich froh, diesen anstrengenden Part des Abends hinter sich gebracht zu haben.
»Glaub mir, jetzt versucht er, sich über den Jungen bei deinen Nachbarn einzuschleimen«, mutmaßte Vroni in Anspielung auf Rafaels intergalaktisches Duell mit Luke.
»Da braut sich was zusammen. Lisa, ich schwöre dir, da braut sich was zusammen«, sagte Alex, offensichtlich in der Hoffnung, bald wieder für irgendeine Rolle in ihrem persönlichen Krimi eingesetzt zu werden. Stefan schien sich für ihre Anekdoten mittlerweile mehr zu interessieren als für eine Immobilienzeitung, die normalerweise in seinen Händen klebte. Wenigstens hörte er nur zu und fragte ihr keine Löcher in den Bauch.
»Mix mir doch noch einen, Alex«, bat Lisa Claudias Göttergatten und reichte ihm das bereits geleerte Glas. Wenn Alex mal weg war, wechselten sie vielleicht endlich das Thema.
»Mir auch«, schloss sich Vroni an. Sie musste Gedanken lesen können. Endlich fanden sie zurück zur Normalität, sprich der üblichen Urlaubsroutine, die Lisa jahrelang genossen hatte.
»Ich hab zwei Gutscheine für Massagen im neuen Wellness-Spa. Fünfzig Prozent Rabatt. Die bieten Algentherapien an. Sollen angeblich nach nur wenigen Anwendungen um Monate verjüngen«, schwärmte Vroni.
»Warum nicht?«, erwiderte Lisa eher desinteressiert, aber bemüht, dies mit einem unverfänglichen Lächeln etwas zu kaschieren.
»Wir sollten uns auch das neue Outlet ansehen. Ist ganz in der Nähe«, fuhr ihre Freundin unbeirrt fort.
Die gleichen Themen, und noch vor einem Jahr hätte Lisa sie darüber ausgefragt, welche Markenartikel es dort zu kaufen gebe. Es interessierte sie nun aber kein bisschen. Zu sehr beschäftigte sie die Frage, wann sie damit angefangen hatte, ihr Leben zu ordnen, akribische Listen zu führen, sich gut dabei zu fühlen, wenn alles perfekt funktionierte oder es rechtwinklig zueinander angeordnet war. Hatte ihre Mutter ihr nicht stets vorgehalten, dass sie schlampig sei? Obwohl ihr Alex einen zweiten verführerischen Cocktail hinstellte, stand sie auf. »Ich geh mal kurz zum Meer«, sagte sie.
»Ich komm mit, wenn du magst«, schlug Claudia vor.
Warum nicht? Wenn sie zu zweit waren, konnte man mit Claudia
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