Lisa geht zum Teufel (German Edition)
sagte Lisa zu Delia und Rafael, die neugierig in Richtung ihrer Clique blickten und sich sofort in Bewegung setzten. Ein amerikanischer Tourist, an dessen Hals eine Spiegelreflexkamera mit schwerem Objektiv baumelte, versperrte ihnen aber zusammen mit einer Frau den Weg.
»Can I take a picture of you two?«, fragte er und nickte Lisa und Delia zu.
Was für ein schönes Kompliment, dachte Lisa.
»You look so pretty«, schwärmte seine Begleitung. »Would you mind?«, fragte der Tourist an Rafael gewandt und wartete erst gar nicht seine Reaktion ab, sondern drückte ihm gleich die Kamera in die Hand. Spätestens jetzt war Lisas Hemmschwelle, sich mit ihrem Outfit unter die Leute zu mischen, überwunden. Die beiden Amerikaner keilten ihr Fotomotiv, die vermeintlichen rassigen Spanierinnen, die eigentlich eine Deutsche und eine Holländerin waren, ein und legten ihnen ungefragt kumpelhaft die Arme um die Schultern.
»Cheese«, rief Rafael, und alle strahlten auf Kommando.
»Thank you so much«, sagte der Amerikaner und nahm als Nächstes ein kleines Mädchen, das in seinem roten Flamencokleid entzückend aussah, ins Visier.
Mit wenigen Schritten erreichte Lisa mit Delia und Rafael im Schlepptau endlich ihre Freunde.
»Hallo, Claudia«, rief sie.
Ihre Freundin drehte sich zwar nach ihr um, schien sie jedoch nicht zu erkennen.
Auch Vroni hatte sie nun bemerkt, sah Lisa aber so an, als wolle sie sagen: »Wie siehst du denn aus?«
Alex und Stefan musterten sie ebenfalls verstört.
Lisas frisch gewonnenes Selbstbewusstsein bekam Risse, und urplötzlich fühlte sie sich nackt.
»Hallo, Lisa«, stammelte Claudia und musterte nun auch ihre beiden Begleiter.
»Darf ich euch Delia und Rafael vorstellen?«, fragte Lisa, was sich komisch anfühlte, denn bis auf Stefan hatten alle anderen die beiden ja schon einmal gesehen.
»Angenehm«, rang sich Claudia ab und bemühte sich, dabei zu lächeln. Sicher fragte sie sich gerade, ob Rafael sie wiedererkennen würde.
»Claudia ist übrigens Helgas beste Freundin«, sagte Lisa und blickte dabei augenzwinkernd zu Rafael, der nur einen kurzen Moment brauchte, um sich an ihre Begegnung im Supermarkt zu erinnern. Rafael schien sich darüber zu amüsieren, Claudia angesichts ihrer betretenen Miene wohl eher nicht.
»Wir haben schon viel von Ihnen gehört«, sagte Stefan einen Tick charmanter.
»Ich vermute, nicht viel Gutes«, warf Delia ein und erntete dafür weitere irritierte Blicke. Offenbar verstand niemand, dass Delia mit einer Prise Selbstironie die steife Stimmung etwas auflockern wollte.
»Lass uns reingehen. Ich hab Durst und Hunger«, schlug Rafael vor. So begeistert, wie ihre Freunde darauf reagierten, versprach dies ja, ein heiterer Nachmittag zu werden.
Felipe hatte zeitlebens eine Vorliebe dafür, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Nützlich war, den Kontakt zu seinen Kunden in der Gegend von Marbella aufzufrischen. Auch hier gab es eine Reitschule und Pferdenarren, die bei ihm kauften oder ihn weiterempfahlen. Angenehm war, dass er auf diese Weise Andreas treffen konnte. Bis zur Wahl der Schönheitskönigin blieb noch genug Zeit für einen Ausritt über das weitläufige Gelände der Feria. Felipe kannte das Procedere aus Jerez, von der Feria de Caballos, auf der jeder, der ein Pferd sein Eigen nannte, damit in der Innenstadt aufkreuzte und sich dem Umzug anschloss. Ein solcher Tross aus uniformierten Reitern und geschmückten Kutschen, die von prächtigen Andalusiern gezogen wurden, durfte auch hier nicht fehlen und wurde von Schaulustigen, Einheimischen, aber auch Touristen bestaunt. Eine schöne Tradition, aber auch eine ziemlich anstrengende. Felipe hatte Hunger. Der frische Duft von gefüllten Kartoffeln, der aus Richtung eines Imbissstands zu ihm herüberzog, ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Patatas-Stände« durften auf einer Feria nicht fehlen. Sie erinnerten ihn an seine Kindheit, an eine unbeschwerte Zeit, in der das Geld gerade mal für dieses Arme-Leute-Essen gereicht hatte. Felipe scherte vom Hauptweg aus, um auf der Stelle seinen Heißhunger zu befriedigen. Ausgerechnet jetzt musste ein Mann, der sich gerade eine gefüllte Patata gekauft hatte, wie blind vor sein Pferd laufen. Es erschrak und scheute. Felipe hatte Mühe, das Tier im Zaum zu halten. Doch anstatt sich zu entschuldigen, fluchte der Mann auch noch.
»Hijo de puta! Pass doch auf!«, fuhr er Felipe an und bückte sich nach seiner Mahlzeit, die zu seinem
Weitere Kostenlose Bücher