Lisa geht zum Teufel (German Edition)
gewesen, die Lisa mit ihm in seiner Madrider Wohnung verbracht hatte. Der Gedanke, dass er seit Jahren von Mobiliar umgeben war, das er Lisas zugegebenermaßen gutem Geschmack verdankte, war geradezu unerträglich geworden. Die Fahrt nach Jerez war daher nichts anderes als ein Fluchtversuch. In Madrid hatte er es nicht mehr ausgehalten. Anstatt sich wie üblich auf seine Hazienda zu freuen und Ruhe in der Gewissheit zu finden, dass in der Weite des Landes im Nu der Stress des Großstadtlebens von ihm abfallen würde, war er gedanklich auch hinter dem Steuer nur noch bei seiner Exfrau. Lisa hatte sich verändert, schon rein äußerlich. War sie einfach nur älter geworden?, überlegte er, bevor er die erste Ausfahrt nach Jerez nahm. Putzte sie sich nicht mehr so heraus wie früher? Kein Designerkleid, kaum Schminke. Das natürliche Mädchen aus der Zeit, als sie sich kennengelernt hatten. Nur waren ein paar Falten dazugekommen, ausgerechnet dort, wo sie ihr besonders gut standen. Wie sie wohl aussah, wenn sie lächelte? Ihre Grübchen waren sicher noch markanter als früher. Leider hatte er ihr keine Gelegenheit gegeben, sie ihm zu zeigen. Jerez! Befreie meinen Kopf von diesen Gedanken! Sein Stoßgebet wurde erhört. Allerdings waren es weder die Pferde, die er neben dem Feldweg zu seiner Hazienda auf der Koppel grasen sah, noch der in rotes Licht getauchte Horizont, die ihn von Lisas Omnipräsenz befreiten. Es gab Ablenkung anderer Art, die auf seinem Schreibtisch auf ihn wartete. Post von Benitas Anwalt. Sie wollte Lohn für ihre Arbeit auf der Farm. Hätte er sie etwa anstellen sollen wie eine Sekretärin? So wie es den Anschein erweckte, sah sie sich wohl in dieser Rolle, auch wenn der Anwalt von einer »Vertriebsassistenz« sprach. Pferde ein- und ausladen und ein paar Fotokopien anfertigen, was war das schon? Doch was es auch war, es rechtfertigte jedenfalls kein Gehalt von fünftausend Euro monatlich. Ein ganzer Stapel mit Fotokopien von Verkaufsübergaben an Kunden, die Benita für ihn signiert hatte, und die Zeugenaussage seines Stallburschen, der ihre wichtige Funktion und ihre Tätigkeiten beschrieb, untermauerten ihre haltlosen Forderungen. Felipe legte den Brief beiseite. Es überraschte ihn nicht, im Poststapel auch gleich die Kündigung seines Stallburschen vorzufinden. Warum waren Trennungen nur so furchtbar kraftraubend? Und immer ging es um Geld. Unsummen, die dem Gegenüber gar nicht zustanden. Genau wie bei Lisa. Wobei, bei näherer Betrachtung … Lisa hatte kein Geld verlangt, jedenfalls anfangs nicht. Hatte sie sich nicht erst einen Anwalt genommen, nachdem er ihr angedroht hatte, dass sie mit leeren Taschen aus dieser Ehe gehen würde, falls sie es sich nicht anders überlegte? Hatte der Krieg nicht erst begonnen, als er ihr ein Verhältnis mit einem anderen Mann unterstellt hatte? Möglich! Aber letztlich unwichtig, sagte er sich. Sie hatte ihn verlassen. Grundlos! Schon wieder diese zermürbenden Selbstzweifel. Er hatte ihr doch nichts getan. Oder doch? Felipe räumte den Poststapel auf seinem Schreibtisch zur Seite und zog aus dem Schrank ein Fotoalbum hinter einer Ordnerreihe hervor. Er hatte es bestimmt schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr in Händen gehabt. Staub lag darauf. Die oberen Ränder waren vergilbt. Felipe legte es auf seinen Schreibtisch und schenkte sich ein Glas Sherry ein. Vielleicht würde er darin Antworten finden? Würden sie ihm guttun? Am besten, er stellte es gleich zurück. Felipe legte seine Hände darauf, befühlte den ledernen Einband und kam nicht mehr davon los. Ob es wohl noch ein Bild gab, auf dem er Lisas Grübchen sehen konnte?
»Du hast was?«, fragte Vroni entsetzt, nachdem Lisa ihr von ihrem Abenteuer in Madrid erzählt hatte. Hoffentlich waren Alex und Stefan so mit dem Zubereiten weiterer Drinks beschäftigt, dass ihnen Vronis Aufschrei entging. Die beiden mussten es nicht unbedingt wissen. Ausgerechnet Vroni, selbst kein Kind von Traurigkeit, starrte sie nun fassungslos an. Auch Claudia, die neben ihr in einem der bequemen wetterfesten Lounge-Sessel Platz genommen hatte, wirkte fassungslos. Wie würden die beiden erst reagieren, wenn sie noch hinzufügte, dass Rafael in einer offenen Beziehung lebte?
»Wie ist das denn passiert?«, wollte Claudia wissen.
»Das passiert schon mal, wenn man zu viel getrunken hat«, sagte Vroni. »Oder?«
Aus beiden Augenpaaren sprach ein eindeutiges: »Mit dem?«
»Er ist sehr nett, wobei ich aus ihm nicht
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