Lisa geht zum Teufel (German Edition)
ganz schlau werde«, rechtfertigte sich Lisa und ärgerte sich im selben Moment darüber.
»Also, die reiche Tante aus Amerika kauf ich ihm jedenfalls nicht ab«, sagte Claudia und blickte zu Vroni. »Du?«
Einhelliges Kopfschütteln.
»Und diese Delia. Weiß sie …?«, fragte Vroni wie gehabt mit diesem unguten Anflug von Sensationslust nach.
»Offene Beziehung.« Nun war es raus.
»Na ja, ist normal heutzutage«, sagte ausgerechnet die Oberklette Claudia, die ihren Alex schon dafür töten würde, wenn er einer anderen Frau nur länger als für den Bruchteil einer Sekunde in die Augen sehen würde – vom Ausschnitt ganz zu schweigen.
»Es ist ja nur Sex. Ich meine, mal ganz ehrlich … Das nimmt man mit und fertig.« Vronis Lösung erschien verführerisch einfach, war aber gerade deshalb wenig überzeugend.
»So was passiert aber nicht einfach so … Jedenfalls nicht bei mir. Ich mag ihn sehr, und ich hab deutlich gespürt, dass es ihm genauso geht, aber irgendwie passt alles nicht mehr zusammen.«
»Du warst verwirrt. Ich meine, nach der Begegnung mit Felipe …«, mutmaßte Claudia.
»Nein, das war ich nicht, jedenfalls nicht verwirrt genug«, erwiderte Lisa, zog aber dank der Ratschläge ihrer Freundinnen, von denen sie sich Klarheit erhofft hatte, nun auch noch den Faktor »Verwirrung« in Betracht. Sehr hilfreich, das Ganze!
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte Vroni.
Die Antwort, die Lisa spontan zum Besten gab, überraschte sie mehr als ihre Freundinnen. »Ich werd mein Wohnrecht aufgeben«, sagte sie. Es gab keine andere Lösung, jedenfalls keine, die sich in dem Moment so befreiend anfühlte.
»Was?« Zum wiederholten Male überschlug sich Vronis Stimme. »Was hat Felipe mit dir bloß gemacht?«
»Auf gar keinen Fall. Lisa, dafür hast du zu hart gekämpft. Den Gefallen darfst du ihm nicht tun«, stellte Claudia klar.
»Es geht nicht um ihn. Es geht um mich«, sagte Lisa ins Leere und wunderte sich über die plötzliche Leichtigkeit ihrer Gedanken, noch viel mehr aber über die frisch gewonnene Einsicht, einfach loslassen zu können. Oft waren es die schlechtesten Ratschläge und dümmsten Bemerkungen, die einem im Umkehrschluss Klarheit verschafften. Danke, Claudia und Vroni, für den Versuch, mich noch mehr zu verwirren, dachte Lisa.
»Als ich hier ankam … Ich war allein. Gut, ihr wart da, aber eigentlich hatte ich mir den Urlaub ganz anders vorgestellt.«
»Reiner«, schlussfolgerte Claudia.
»Ich hab mich in dem Haus nicht mehr wohl gefühlt. Und jetzt erst recht nicht mehr. Außerdem kann ich es mir doch gar nicht leisten, noch mal etwas nachzuzahlen.«
»Stefan könnte dir was leihen. Ich rede mit ihm«, schlug Vroni vor.
»Wozu? Um den Rest meines Lebens allein in diesem Haus zu hocken?«
»Du hast doch uns«, warf Claudia völlig irritiert ein und musste ihr wohl angesehen haben, dass dies ein äußerst schwacher Trost war.
»Alles ist anders. Mein ganzes Leben. Ich erkenne mich ja selbst nicht wieder …«, sagte Lisa und spürte, wie die eben dagewesene Klarheit in einer trüben Nebelwand verschwand.
»Na ja, ein bisschen verändert hast du dich schon«, wagte Vroni auszusprechen, aber nicht ohne sich mit einem Seitenblick auf Claudia rückzuversichern.
»Und, stört euch das etwa?«, fragte Lisa.
»Nein«, ertönte es einhellig und unisono. Es klang nur leider wenig überzeugend.
»Das kann doch nicht alles gewesen sein? Das ganze Jahr arbeiten, nur um vier Wochen ein bisschen Spaß zu haben.«
Nun sahen sie die beiden Freundinnen so an, als sei sie völlig übergeschnappt. Vielleicht war es das. Gut möglich, dass ihr gerade alle Sicherungen durchbrannten.
»Du willst das Wohnrecht verkaufen?«, fragte Alex und trat mit einem beladenen Tablett aus der Kajüte.
Sie hatten also doch alles mitbekommen. Sei’s drum. Alex hätte später von Claudia sowieso alles erfahren. Aber was ging ihn und die anderen das überhaupt an? Es war ihr Leben. Allerdings war Lisa bisher immer der Meinung gewesen, dass ihre Freunde mit dazugehörten. So, wie alle drei sie nun musterten, fühlte sie sich zum ersten Mal wie ein Teil, der nicht mehr in ihre Welt passte. In welcher Welt sie gerade lebte, wusste Lisa selbst nicht mehr.
Das Coral Beach war beim besten Willen kein Stundenhotel oder gar ein stadtbekannter Treffpunkt für Seitensprünge. Die weitläufige weiße Anlage gehörte vielmehr zu den beliebtesten Touristenhotels, die gerne von Deutschen und Engländern
Weitere Kostenlose Bücher