Lisa geht zum Teufel (German Edition)
frequentiert wurden. Sich hier mit einem Freier auf einen Drink zu treffen hatte den Vorteil, keinem der ortsansässigen Spanier zu begegnen. Wer in Marbella lebte, brauchte kein Hotel. Wie in den guten alten Tagen, wenngleich mit anderen Intentionen, wartete Alfonso bereits an der Strandbar, die vom Haupttrakt des Hotels durch eine kleine Straße getrennt war. Er trug ein weißes Hemd und eine gebügelte Stoffhose, was darauf hindeutete, dass er direkt aus irgendeinem Meeting hergekommen sein musste.
»¡Hola, guapo!«, begrüßte sie ihn. Spanier liebten es, wenn man ihnen Komplimente machte. Ein hübscher Mann war er allemal, auch wenn sein volles Haar kurz nach dem Tod seiner Frau ergraut war.
»Du siehst zauberhaft aus«, revanchierte er sich, und dem Funkeln seiner Augen nach zu urteilen, meinte er es auch so.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte er und orderte einen zweiten Drink für sie. Das Übliche, Gin Tonic, ideal für heiße Sommerabende.
»Führt ihr im Moment Flurbereinigungsmaßnahmen an der Milla de Oro durch?«
»Nicht dass ich wüsste. Warum?«
»Das habe ich mir schon gedacht«, erwiderte sie und reichte Alfonso einen Zettel mit der Anschrift von Lisas Haus und dem Namen des Beamten, der das Schreiben verfasst hatte – ein Martinez Robles.
»Robles?«, fragte er verwundert.
»Du kennst ihn?«
»Er arbeitet in der Straßenplanung, aber es würde mich sehr wundern, wenn derzeit irgendetwas Größeres in Arbeit wäre. Er ist für die Stadtsanierung zuständig. Was will er von deiner Freundin?«
»Angeblich hat sie keine Baugenehmigung für den Keller.«
»Das Problem ist nicht neu. Es wird häufig von Baugenehmigungen abgewichen. Wen kümmert das schon?«
»Er droht mit Strafgeldern«, erklärte Delia.
Alfonso lächelte nur wissend, ein untrügliches Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging.
»Mach dir mal keine Sorgen. Das lässt sich abstellen. Es ist nicht das erste Mal, dass Martinez sich schmieren lässt.«
»Du weißt davon?«
»Jeder hat Leichen im Keller. Man muss sie nur ausgraben«, sagte er mit süffisantem Lächeln.
»Du bist ein Schatz! Mi corazoncito«, sagte sie.
»Und du hast nichts von deinem Charme verloren«, erwiderte er.
Wenn Alfonso etwas in die Hand nahm, konnte man sich darauf verlassen, dass es klappte. Lisa war ihr Problem sicher demnächst los.
An diesem Morgen war einfach nichts mehr so, wie es mal war, obwohl Lisas Urlaubstag genauso begonnen hatte wie jeder andere auch. Die Sonne schien von einem tiefblauen Himmel. Die Blumen in ihrem Garten verströmten ihren morgendlichen Duft. Sie hatte einen Teller mit frischem Obst vor sich stehen, Kaffee und Hörnchen, die ihr Yolanda vom morgendlichen Einkauf mitgebracht hatte. Perfekt, jedenfalls rein äußerlich. Normalerweise würde Lisa sich jetzt überlegen, was sie an diesem Tag mit ihren Freunden unternehmen würde. Stefan hatte am vergangenen Abend noch vorgeschlagen, mit dem Boot nach Gibraltar aufzubrechen, um Vroni den Affenfelsen zu zeigen. Dass diese süßen Äffchen, wie Vroni sie bezeichnet hatte, alles andere als possierliche Tierchen waren und man froh sein konnte, wenn sie einen nicht bissen, schien Vroni nicht zu wissen. Der Gedanke, dass Claudia, Alex, Vroni und Stefan sehr gut in diese Affenkolonie passten, kam nicht von ungefähr. Sie hatten den ganzen Tag auch nichts anderes zu tun, als sich füttern und streicheln zu lassen, beziehungsweise sich wie im Fall von Claudia und Alex gegenseitig das Fell zu kraulen.
Lisa raffte sich nun doch dazu auf, an einer Apfelhälfte herumzuknabbern. Warum nur war sie jedes Jahr hierhergefahren? Lisa fiel kein einziger Grund mehr ein, der ihr das Haus schmackhaft machen könnte, und dies hatte nichts mit Delia und Rafael zu tun oder dem Bescheid vom Amt. Der einzige Grund, das Wohnrecht zu behalten, war doch Felipe gewesen, um ihm zu trotzen, um an dem festzuhalten, wofür sie so lange gekämpft hatte. Wie oft hatte sie hier gesessen und sich darüber gefreut, dass er dieses Haus nicht bekommen hatte. Welch tiefe Befriedigung war das gewesen und was für ein absurder Ansporn, der schlagartig an Kraft verloren hatte. Es war ihr gleichgültig geworden.
»Morgen, Lisa«, tönte es von der Terrasse. Delia strahlte sie an, als wenn nichts passiert wäre. Rafael tat es ihr gleich, auch wenn ihm sehr wohl anzumerken war, dass er sich das Lächeln förmlich abringen musste.
»Setzt euch zu mir. Ich hab frischen Kaffee«, rief Lisa
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