Lisa geht zum Teufel (German Edition)
treiben wollte, der irgendein Geheimnis mit sich herumtrug und ihr mal irgendwelche Geschichten auftischte, ein anderes Mal wieder aufrichtig zu ihr zu sein schien. Und jetzt ging er ihr aus dem Weg, so viel stand fest. Ob er Delia wohl ihre Liebesnacht gestehen würde? Lisa bemerkte erst jetzt, dass sie die vor ihr auf einem Brett liegende Zucchini schon so kleingehackt hatte, dass aus den ursprünglich geplanten mundgerechten halben Scheiben finzelige Stückchen geworden waren. Natürlich würde Rafael ihr alles erzählen, sie hatten ja eine »offene Beziehung« … Aber warum kamen sie nicht herunter? War seine Frau vielleicht doch nicht so begeistert von den Eskapaden ihres Mannes? Hatte Delia sie nicht merkwürdig angesehen, als sie zurückgekommen waren? Der Arm um ihre Hüfte war eindeutig gewesen. Delia hatte sich danach jedenfalls nichts weiter anmerken lassen, was dafür sprach, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte. An sich hatte Lisa gar keinen Appetit. Pure Beschäftigungstherapie. Wozu eine Zucchini doch alles gut war. Lisa legte ihr Messer zur Seite und überlegte, ob sie nun einen Auflauf machen oder das Gemüse anbraten sollte. Doch wozu, wenn man gar keinen Hunger hatte? Diese Unentschlossenheit war furchtbar. Noch nicht einmal das war klar. Abermals spähte sie aus dem Küchenfenster. Nichts! Die beiden waren jetzt schon seit zwei Stunden da oben. Kein Mucks. Vielleicht sollte sie sie zum Essen einladen? Aber wie sah das denn aus? Das Dessert hatte sie ja schon im Hotel verspeist. Eine Einladung zum Essen auszusprechen kam der Aufforderung zu »einem flotten Dreier« gleich, jedenfalls fühlte sich das im Moment so an. Pfanne oder Auflaufform? Sie konnte sich einfach nicht entscheiden, denn immer wenn sie den Versuch unternahm, sich das Ergebnis der einen oder anderen Variante vorzustellen, zogen sich ihre Eingeweide zusammen. Die einfachsten Entscheidungen konnten einen überfordern, wenn der Kopf voll war. Was tun? Sie konnte sich auch mit einem Glas Wein in den Garten setzen. Das war unverfänglich … Aber sah das dann nicht so aus, als würde sie auf ihn warten? Sollte sie im Internet recherchieren, wie das bei Paaren in einer »offenen Beziehung« lief? Erneut wurde ihr schlecht. Sie wollte es gar nicht wissen. Nur eines war klar: Die Situation war unerträglich. Erst jetzt fiel Lisa ein, dass sie ihren Anrufbeantworter noch gar nicht abgehört hatte, wie sie es normalerweise tat, wenn sie nach Hause kam. Lisa ging in den Flur und ertappte sich dabei, für einen Moment innezuhalten und nach oben zu lauschen. Waren sie überhaupt noch da? Das scharrende Geräusch eines Stuhls beantwortete die Frage. Doch rausgehen und einfach mal »Hallo« sagen? Albern! Offen über den gestrigen Abend sprechen? Unmöglich! Sie konnte ja noch nicht einmal sicher sein, dass Rafael etwas von ihrer gemeinsamen Nacht erzählt hatte. Furchtbar! Also doch den AB abhören. Es waren gleich sieben Nachrichten darauf – und alle von Claudia.
»Wir fahren heute nach Cádiz. Kommst du mit? Melde dich. Ich hab mein Handy dabei …«
Das klang noch völlig normal, sprich wie immer. Bei der dritten Nachricht hatte Claudias Tonfall schon etwas Besorgtes.
»Lisa. Wo steckst du? Ist alles in Ordnung? Was ist los? Melde dich.«
Nummer sieben klang nach purer Hysterie.
»Lisa, wenn du dich bis heute Abend nicht meldest … Alex war heute schon zweimal bei dir. Wo bist du? Wir überlegen, die Polizei zu verständigen. Melde dich, sobald du die Nachricht hörst.«
Verständlich, dass sie sich Sorgen machten, aber gleich so durchzudrehen, nur weil sie sich in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht gemeldet hatte? Trotz der jüngsten Verstimmungen war es vielleicht eine gute Idee, sich mit der Clique zu treffen, schon allein, um nicht mehr an Rafael und Delia denken zu müssen. Fast erleichtert drückte Lisa die Taste mit Claudias eingespeicherter Nummer.
»Hallo, Claudia. Ich bin’s.«
»Lisa. Gott sei Dank!«, rief Claudia erleichtert.
Bevor sie ihr jetzt alles am Telefon erzählte, schlug sie besser gleich ein Treffen vor.
»Um acht am Yachthafen?«, fragte sie. Claudia willigte ein. Ein willkommener Anlass, um dieses Haus zu verlassen, in dem sie sich aus täglich wechselnden Gründen immer unwohler fühlte.
Felipes Schreibtisch quoll über mit Verträgen, in die noch Kundenwünsche einzuarbeiten waren. Dank Lisas Überraschungsbesuch blieb der Stapel liegen. Zu intensiv waren die Erinnerungen an gemeinsame Tage
Weitere Kostenlose Bücher