Lisa geht zum Teufel (German Edition)
zusammen, als Andreas’ Handy klingelte. Hoffentlich war es nicht Lisa, um Weiteres zum Ablauf des Verkaufs zu besprechen. Andreas schien beim Blick auf das Display die Nummer jedenfalls zu erkennen.
»Mercedes. Sie weiß noch gar nichts von unserem Glück«, sagte er freudestrahlend, bevor er abnahm. So wie es aussah, schien in Andreas’ Brust doch so etwas wie ein Herz zu schlagen.
»Schatz. Wir kriegen das Haus … Ja, Lisa will verkaufen … Es ist großartig. Wir gehen gleich nächste Woche zum Notar … Ich liebe dich … Sag ich dir später … Ich hol dich ab … Wo?«
Andreas speicherte sofort die Adresse in seinem Smartphone ab.
»Ihre Tapas.« Die Bestellung war da, und der Kellner suchte nach Platz auf ihrem kleinen Tisch. Andreas legte sein Smartphone zur Seite. Rafael fragte sich in dem Moment, ob er überhaupt etwas herunterkriegen würde. Die Frage erübrigte sich, denn die Schüssel mit der Fischsuppe rutschte beim Versuch, sie abzustellen, vom Tablett und landete dank einer ungeschickten Bewegung des Obers auf Andreas’ dünner Leinenhose, und zwar dort, wo ein Mann Verbrühungen am wenigsten gebrauchen konnte.
Wie von der Tarantel gestochen sprang Andreas auf und nahm schreiend Kurs auf die Toilette, was unfreiwillig komisch aussah, weil er mit beiden Händen den Stoff seiner Hose so nach vorn zog, dass es seinen Schritt einengte und er nur in kleinen, wenngleich ziemlich schnellen Tippelschritten vorankam.
»Tut mir leid«, stammelte der Kellner und folgte seinem Gast.
Ein vages »Hallo« ertönte aus dem Handy. Mercedes war noch dran. Sie hörte alles mit. Andreas war mit Sicherheit noch eine Weile damit beschäftigt, seinen kleinen Freund zwischen den Beinen zu kühlen und sich von klebrigen Shrimps und Fischsuppe zu befreien. Diese Gelegenheit galt es zu nutzen.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass uns Andreas so viel Geld gegeben hat, um die Alte aus ihrem Haus zu vergraulen«, sagte Rafael so nah wie möglich an der Sprechmuschel. Das musste Mercedes einfach hören.
Delia verstand sofort, was er vorhatte, und ging auf das Spiel ein. »Wenn das arme Ding wüsste, wer Andreas wirklich ist. Sie würde ihn nicht heiraten …«
»Und wir müssen so tun, als ob sein Vater uns dazu beauftragt hätte. Feige ist er auch noch«, empörte sich Rafael.
»Hallo. Wer ist am Telefon – Andreas?«, kam es leicht hysterisch aus dem Smartphone.
»Glaubst du, dass er sie liebt?«, fragte Delia so laut, dass es nicht nur Mercedes hörte, sondern auch alle anderen Gäste.
»Er liebt alles, was schön ist. Sie ist schön, aber ob er sie aufrichtig liebt …?«
Delia zwinkerte Rafael zu und tippte auf »Gespräch beenden«. Verstohlen lugte sie in Richtung Toilette und sagte: »Sie hat jetzt wohl genug gehört.«
»Meinst du, sie verlässt ihn?«, fragte Rafael.
»Verdient hätte er es ja. Auf alle Fälle wird sie heute keine Freude an ihrem Corazón haben. So, wie der gebrüllt hat, kriegt er die nächsten Tage keinen mehr hoch.«
Auch Rafael blickte nun in Richtung Toilette, aus der immer noch das Geräusch von fließendem Wasser und Andreas’ Stöhnen zu hören war. Kleine Sünden bestrafte das Leben sofort. Wann Rafael seine Strafe kriegen würde, war bestimmt nur noch eine Frage der Zeit, und darüber konnte die kurze Freude, Andreas’ wahres Gesicht ans Licht gezerrt zu haben, nicht hinwegtäuschen.
Wenn Felipe allein ausritt, fühlte er sich wie einer der letzten echten Cowboys. Die Kraft seines Pferdes schien sich auf ihn zu übertragen. Die Weite des Landes suggerierte Freiheit. Cowboy zu sein hatte etwas Existentielles, woraus er bisher stets hatte Kraft schöpfen können, doch Andreas’ Nachricht ließ Felipes Traum, ein spanischer Clint Eastwood zu sein, wie eine Seifenblase zerplatzen. Dass Lisa ihr Wohnrecht nun tatsächlich an ihn verkaufen würde, war wie ein Schock gewesen. Felipe saß mitten in der Steppe, die anders als sonst nun trostlos wirkte, und blickte auf die weite Ebene vor ihm – schon seit mindestens einer Stunde. Lisa war doch sonst nicht der Typ, der aufgab. Irgendetwas stimmte nicht. Gab sie klein bei, weil sie der Bescheid vom Bauamt eingeschüchtert hatte? Warum konnte er sich nicht darüber freuen? Er wollte das Haus doch schon lange nicht mehr. Viel wichtiger war es ihm all die Jahre gewesen, dass er seinen Teil der Abmachung einhielt. Und wem hatte er es zu verdanken, wortbrüchig geworden zu sein? Seinem eigenen Sohn. Er musste mit Lisa reden,
Weitere Kostenlose Bücher