Lisa Kleypas
sicher: Der nächste Mann wird ganz anders sein.«
»Ich weiß.
Das ist mir längst klar. Ich glaube, was mich beunruhigt, ist die Erkenntnis,
dass ich selbst anders bin.«
Ihr Vater
warf ihr einen ernsten Blick zu, als hätte ihre Aussage ihn überrascht:
»Natürlich hast du dich verändert. Wieso denn auch nicht?«
»Irgendetwas
in mir wehrt sich gegen die Veränderung. Ein Teil von mir will so bleiben, wie
ich war, als Eddie noch lebte.« Sie hielt inne, als ihr auffiel, wie ihr
Vater sie anschaute. »Ist das verrückt? Glaubst du, ich sollte zum
Psychotherapeuten gehen?«
»Ich
glaube, du solltest dich mit jemandem verabreden. Zieh dir
ein hübsches Kleid an. Genieße ein gutes Essen, für das du nicht bezahlen
musst. Gib jemandem einen Gutenachtkuss.«
»Aber wenn
ich aufhöre, Eddies Witwe zu sein, wer wird sich dann noch an ihn erinnern? Das
ist, als würde ich ihn noch einmal verlieren.«
»Liebling.«
Die Stimme ihres Vaters klang ruhig und mitfühlend. »Du hast sehr viel von
Eddie gelernt. Die Seiten an ihm, die dich positiv beeinflusst haben ... die
bleiben erhalten. Darin lebt er weiter. Er wird nicht in Vergessenheit
geraten.«
»Es tut mir leid«, sagte Shelby, als
Mark ihr den Becher mit heißem Tee reichte. Sie trug einen grauen Hausanzug aus
Kaschmir und hatte sich auf dem Sofa zusammengerollt. Bevor sie noch etwas
hinzufügen konnte, musste sie heftig niesen.
»Ist schon
in Ordnung«, sagte Mark beruhigend und setzte sich neben sie.
Shelby nahm
ein Papiertaschentuch aus einer Schachtel und putzte sich die Nase. »Ich
hoffe, das ist nur eine allergische Reaktion. Hoffentlich habe ich mir nichts eingefangen.
Du musst nicht bei mir bleiben. Sieh lieber zu, dass du dich nicht
ansteckst.«
Mark
lächelte sie an. »Ein paar Viren können mir keine Angst einjagen.« Er
schraubte ein Röhrchen mit Aspirin auf, schüttelte zwei Stück heraus und gab
sie ihr.
Shelby
griff nach der Wasserflasche, die auf dem Couchtischchen stand, nahm die
Tabletten, spülte sie mit Wasser hinunter und verzog das Gesicht. »Das wäre so
eine tolle Party gewesen«, jammerte sie. »Janya hat die coolste Wohnung in
ganz Seattle, und ich wollte vor allen mit dir angeben.«
»Du kannst
ein andermal mit mir angeben.« Mark legte ihr eine Decke um die Schultern.
»Jetzt sieh erst mal zu, dass du dich erholst. Du kriegst auch die
Fernbedienung für den Fernseher.«
»Du bist so
lieb zu mir.« Seufzend lehnte Shelby sich an ihn und putzte erneut ihre
Nase. »So viel zu heißem Sex am Wochenende.«
»Unsere
Beziehung beschränkt sich doch nicht nur auf Sex.«
»Freut
mich, das zu hören.« Sie schwieg einen Moment. »Das ist Punkt drei auf der
Liste.«
Gemächlich
zappte Mark sich durch die Fernsehkanäle. »Was für eine Liste?«
»Wahrscheinlich
sollte ich dir das gar nicht erzählen. Aber kürzlich habe ich einen
interessanten Artikel gelesen. Der enthielt eine Liste der fünf untrüglichen
Zeichen dafür, dass ein Mann bereit ist, sich zu binden.«
Mark ließ
die Fernbedienung sinken und schaute sie fragend an.
»Du hast
richtig gehört. Und du hast schon drei der Dinge getan, die zeigen, dass ein
Mann bereit ist, sich zu binden.«
»Ach
ja?«, fragte er leicht alarmiert. »Was ist das erste Zeichen?«
»Du hast
keine Lust mehr, Nachtclubs und Bars zu besuchen.«
»Um ehrlich
zu sein, ich hatte noch nie was für Nachtclubs übrig.«
»Zweitens:
Du hast mich deiner Familie und deinen Freunden vorgestellt. Drittens: Du hast
mir gerade zu verstehen gegeben, dass du mich nicht nur als Ventil für deine
sexuellen Wünsche betrachtest.«
»Was wäre
viertens und fünftens?«
»Das darf
ich dir nicht verraten.«
»Warum
nicht?«
»Ganz
einfach: Wenn ich es dir sagen würde, würdest du es vielleicht nicht tun.«
Lächelnd
reichte Mark ihr die Fernbedienung. »Na schön. Sag mir bitte Bescheid, wenn ich
es tue. Ich möchte doch nichts verpassen.« Dann legte er Shelby den Arm um
die Schulter und überließ es ihr, sich einen Film auszusuchen.
Im
Allgemeinen fühlte es sich gut an, wenn sie schweigend zusammensaßen. Aber
diesmal lag Anspannung in der Luft. Unausgesprochene Fragen schwirrten durch
den Raum. Mark war sich darüber im Klaren, dass Shelby mit ihrer scheinbar
leichthin gemachten Bemerkung ein ihr wichtiges Thema angeschnitten hatte. Sie
wollte ihre Beziehung neu ordnen und definieren, wollte mit ihm darüber
reden, worauf sie möglicherweise hinsteuerten.
Die Ironie
der Sache lag darin, dass er
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