Lisa
hinten nicht klar, wofür das Ding gedient haben kann. Staub darauf wie von tausend Jahren. Es sieht aus wie die Erfindung eines Wahnsinnigen. Ein Stromkabel habe ich entdeckt, aber das könnte höchstens zu einem mobilen Generator geführt haben, denn einen Stromanschluss hat das Haus in den letzten hundertfünfzig Jahren sicher nicht gehabt.
Wir sind fast eine Stunde dageblieben und herumgeschlichen. Das heißt, der Schleicher war bloß ich, denn Alex hat sich bis zum Schluss geweigert, das Haus zu betreten. Von draußen hat er hineingeguckt.
Im hinteren Teil entdecke ich eine kleine Kammer, darin steht ein altes Bett. An dem Bett gefällt mir irgendetwas nicht. Die ganze Kammer ist mir zu trüb, darum bin ich da gleich wieder raus. Beim Rausgehen wäre ich beinahe mit dem Kopf gegen ein Hornissennest gedonnert. Ich kann euch sagen, diese Tür habe ich sehr schnell wieder zugemacht!
Eine ganze Weile noch habe ich mir dieses sinnlose Gerät angesehen, sinnlos, denn es scheint keinem konkreten Zweck gedient zu haben. Ein paar Lampen steckten auf Kolben, wofür die waren, begreife ich nicht. Es war nicht der kleinste Hinweis zu finden, wem das Haus und die Maschine gehört haben. Es gab keinen Briefkasten und kein Schild an der Tür, es gab nur diesen maschinellen Findling.
Übrigens hat Alex die Beeren zu Hause gegessen und keinen Durchfall gekriegt und ich war wieder mal der Schlaumeier und er ist alle paar Minuten gekommen und hat mich gehänselt.
Eine letzte Nummer lege ich noch auf, Chemical Brothers, Surrender. Ich hoffe, ihr hört mich trotzdem und die Musik dröhnt nicht drüber. Bei dem Mikro würde mich nichts mehr wundern.
…
Kathas verrückte Freundin Nina ist mir gerade wieder eingefallen. Die hat doch glatt einmal in so einem Knusperhäuschen gelebt, und nicht dass ihr glaubt, ein paar Wochen, die hat das Jahre durchgehalten. Kein Wunder, dass man da sonderbar wird. Ich sage zwar immer, Natur erdet, aber nur Natur, das schüchtert ein. Umgeben von Wald und Wald und wieder Wald, so wie die Menschen früher gelebt haben, da würde ich durchdrehen. An der geplatzten Leber ist der Aufenthalt ja auch nicht spurlos vorübergegangen, wobei ich der Ansicht bin, dass sie sowieso die Disposition für einen Dachschaden hatte.
Irgendwann hat sich Nina eingebildet, ihren Lebensunterhalt mit dem bestreiten zu können, was in der Umgebung ihrer Hexenhütte wächst. Sie ist mit dem Fahrrad zur Poststation und mit dem Bus in die Stadt gefahren und dort von Freundin zu Freundin gezogen. Jeder hat sie einen hässlichen Plastiktopf Brennesselsuppe angedreht, fünf Euro, selbstgemachtes Bärlauchpesto, zehn Euro, selbst hergestellte Seife, zehn Euro, selbstgekochte Marmelade, zehn Euro und so weiter. Alle mussten kaufen. Am Anfang denkt ihr euch, na gut, seien wir nicht so, ist ja eine Freundin. Dass die Sache mit dem Lebensunterhalt schwierig wird, hat sie erst nach einer Weile gemerkt, und von da an sind ihre Ideen nicht besser geworden. Das mit den Monatsbinden war das ärgste, aber das erzähle ich nicht hier.
Und selbstverständlich hat die Marmelade fürchterlichsauer geschmeckt und die Brennesselsuppe nach rein gar nichts, und das Pesto hat man gar nicht erst runterbekommen, so voll mit Majoran, und von sämtlichen Aufstrichen habt ihr die Finger gelassen, sobald ihr dran gerochen habt. Als Nina dann Formulare verteilt hat, auf denen wir ankreuzen sollten, was wir monatlich bestellen und was wöchentlich, habe ich dann doch etwas gesagt.
Ich meine, Freundschaft ist das eine. Aber Terror … Jede Woche überteuertes Pesto kaufen und Apfelsaft und was weiß ich alles, und nichts davon schmeckt, als sei es für Menschen gedacht oder überhaupt von Menschenhand gemacht, das geht wirklich zu weit.
Eine Zeitlang war sie beleidigt auf mich. Sie scheint aber andernorts ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben, denn nach einer Weile war nicht mehr die Rede vom Marmeladen-Abo.
…
Diese mistige Einsamkeit.
Ich möchte endlich wieder mal mit einer Frau ein Bier trinken gehen! Ich will einer Frau in die Augen schauen und dieses Glänzen sehen, das vielleicht von dem kommt, was sie sich denkt, oder auch nur von dem, was sie trinkt, man weiß es nicht, man muss es herausfinden. Ich will braune Beine unter kurzen Röcken sehen! Ich halte das bald nicht mehr aus, es ist heiß, es ist heiß, es ist heiß! Es ist so wahnsinnig heiß, und man sitzt nackt da und ständig steht dieses Thema groß vor einem.
…
… ohne
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