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Literaturgeschichte der USA

Literaturgeschichte der USA

Titel: Literaturgeschichte der USA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Klarer
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Literatur, erhielten viele ihrer Anregungen durch den Austausch mit der afrikanischen Kunst. Es ist daher wohl auch nicht verwunderlich, dass Gertrude Stein als wichtige literarische Epigonin des Kubismus und Katalysatorfigur für den amerikanischen Modernismus in ihrem Prosatext
Melanctha
eine afro-amerikanische Protagonistin wählt und O’Neill, Erneuerer oder Begründer des amerikanischen Dramas, den Schwarzen Brutus Jones ins Zentrum seines Stückes stellt.
    Dieses Sich-Bedienen an der afrikanischen bzw. afro-amerikanischen Kultur unter nicht-schwarzen Autorinnen und Autoren steht aber in den frühen 1920er Jahren in Wechselwirkung zum afro-amerikanischen Selbstausdruck. Das als
Harlem Renaissance
bezeichnete Auflodern eines künstlerischen schwarzen Selbstbewusstseins steht in der Tradition afro-amerikanischer Intellektueller der Jahrhundertwende. Bahnbrechend ist hier der Soziologe
W. E. B. Du Bois
(1868–1963), dessen
The Souls of Black Folk
(1903) zusammen mit den Publikationen
Booker T. Washington
s (1856–1915) eine erste theoretische Auseinandersetzung mit der Rassenproblematik innerhalb der afro-amerikanischen Gemeinschaft darstellt. Zu den bedeutendsten Vertretern der
Harlem Renaissance
in den 1920er Jahren zählt
Langston Hughes
(1902–1967), dessen Gedichte zusammen mit denen anderer afro-amerikanischer Poeten in der wegweisenden Lyrikanthologie
The New Negro
(1925) von
Alain Locke
(1885–1954) herausgegeben wurden.
    In der Prosa der Zwischenkriegszeit überzeugen vor allem die modernistischen Romane der Afro-Amerikanerin
Zora Neale Hurston
(1891–1960) wie
Their Eyes Were Watching God
(1937), der um eine selbstbewusste schwarze Protagonistin kreist. Bemerkenswert ist auch
Nella Larsen
s (1891–1964) Roman
Passing
(1929), der das bereits im 19. Jahrhundert auf vielfältige Weise melodramatisch bearbeitete Thema des als weiß«durchgehenden» Schwarzen, das als «passing» bezeichnet wird, nun aus afro-amerikanischer und weiblicher Perspektive behandelt. Diese Thematik fand auch mit Filmen wie
Imitation of Life
(1934) Eingang ins Kino der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Erwähnenswert ist auch die Existenz eines eigenständigen afro-amerikanischen Kinos in den 1920er und 1930er Jahren, die eng mit dem bekannten Regisseur
Oscar Micheaux
(1884–1951) verknüpft ist, der Filme mit schwarzen Themen und schwarzen Schauspielern für ein schwarzes Publikum produzierte. Mit der Weltwirtschaftskrise und den großen Rassenunruhen Anfang der 1930er Jahre in New York verliert die
Harlem Renaissance
an Momentum und findet erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine indirekte Weiterführung.
    Die Großstadt New York als Ort der modernistischen Literaturverwirklichung ist natürlich nicht auf Harlem beschränkt. Vielmehr zieht sich von den späten Realisten wie Theodore Dreiser ein roter Faden an Autoren bis in die 1920er und 1930er Jahre, welche die Metropole als Projektionsfläche ihrer literarischen Anliegen verstehen. Besonders jene Modernisten, die eine Erneuerung der Kultur nicht wie Eliot oder Pound in Europa, sondern in Amerika suchen, nehmen sich der Einzigartigkeit New Yorks für ihre spezifischen Anliegen an.
    Vor allem der Roman der 1920er Jahre führt die aus dem Realismus und Naturalismus kommende Tradition der
urban novel
konsequent fort.
F. Scott Fitzgerald
s (1896–1940) Roman
The Great Gatsby
(1925) wird zum Inbegriff der Roaring Twenties mit ihren ausgelassenen Partys und Exzessen, wobei F. Scott und seine Frau Zelda im wirklichen Leben diesbezüglich ihren Romanfiguren wenig nachstanden. Seine frühen schriftstellerischen Erfolge bereits vor Erscheinen seines bekanntesten Romans ermöglichten Fitzgerald und seiner Frau einen ausschweifenden Lebensstil. Wenn auch stilistisch weniger experimentell als viele andere modernistische Romane dieser Epoche, besticht
The Great Gatsby
durch die Wahl der Erzählperspektive. Das Geschehen rund um den mysteriösen, reichen Aufsteiger Gatsby wird von einer Nebenfigur der Handlung erzählt. Die Wahl der Nebenfigur Nick Carraway als Erzählereines Geschehens, das um einen mysteriösen Protagonisten kreist, erinnert an
Moby Dick
mit dem Matrosen Ishmael, durch dessen Stimme der rätselhafte Captain Ahab charakterisiert wird. In der englischen Literatur der Vormoderne verwendet Joseph Conrad (1857–1924) in
The Heart of Darkness
(1902) ebenfalls diese Technik der Erzählung aus dem Blickwinkel einer Nebenfigur, um den unheimlichen Charakter

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