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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Gerät über den Boden, fragt mich nicht, wozu es gut war. Ein anderer weißer Mann in blauer Kleidung, die ihr wohl Overall nennt, band ein Gatter mit einem orangefarbenen Seil zu. Die Felder waren sehr ordentlich und viereckig und die Hecken zwischen ihnen gerade und niedrig.
    »Es ist groß«, sagte das Mädchen mit den Dokumenten.
    »Nein, ist gar nichts«, antwortete Yevette. »Müssen nur nach London. Kenne Leute da.«
    »Ich kenne keine Leute«, sagte das Mädchen mit den Dokumenten. »Ich kenne niemand.«
    »Tu dein Bestes, Süße.«
    Das Mädchen mit den Dokumenten runzelte die Stirn. »Warum hilft uns keiner? Warum holt meine Sozialarbeiterin mich nicht ab? Warum wir bekommen keine Entlassungspapiere?«
    Yevette schüttelte den Kopf. »Hast noch nicht genug Papier in dein Tüte, Süße? Gibst du manche Leute kleine Finger, wollen ganze Hand.« Yevette lachte, aber ihre Augen blickten verzweifelt. »Wo ist verdammte Taxi?«
    »Der Mann am Telefon hat gesagt, zehn Minuten.«
    »Kommt mir vor wie zehn Jahre, echt.«
    Yevette wurde still. Wir schauten wieder über das Land. Die Landschaft war tief und weit. Ein Wind wehte darüber. Wir hockten auf den Fersen und sahen den Kühen und den Schafen zu und dem weißen Mann, der die Gattertore um sie herum zuband.
    Nach einer Weile tauchte unser Taxi auf. Wir ließen es von dem Augenblick an, in dem es ein kleiner weißer Fleck am fernen Ende der Straße war, nicht aus den Augen. Yevette drehte sich zu mir um und lächelte. »Der Taxifahrer, klingt süß am Telefon?«
    »Ich habe nicht mit dem Fahrer gesprochen. Ich habe nur mit der Taxizentrale gesprochen.«
    »Bin achtzehn Monat da drin gesessen, Käfer. Dieser Taxifahrer soll richtig tolle Typ sein, verstehst du? Ich mag sie groß, muss was dran sein, nicht so mageren Jungs. Und schick angezogen. Will kein Versager, verstehst du?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Beobachtete das näher kommende Taxi.
    Yevette schaute mich an. »Welche Männer magst du, Käferlein?«
    Ich sah zu Boden. Dort wuchs Gras, es drängte sich durch den Asphalt, und ich zog daran. Wenn ich an Männer dachte, spürte ich eine so scharfe Angst im Bauch, als würden mich Messer durchbohren. Ich wollte nicht reden, doch Yevette stieß mich mit dem Ellbogen an.
    »Komm schon, Käferlein, auf welche Jungs steht Madam?«
    »Ach, du weißt schon, das Übliche.«
    »Wie? Was ist das Übliche? Groß, klein, mager, fett?«
    Ich schaute auf meine Hände. »Ich glaube, mein idealer Mann würde viele Sprachen sprechen. Er würde Ibo und Yoruba und Englisch und Französisch und alle anderen sprechen. Er könnte mit jedem reden, sogar mit den Soldaten, und wenn sie Gewalt im Herzen hätten, würde er sie davon abbringen. Er würde nicht kämpfen müssen, verstehst du? Vielleicht wäre er nicht sehr gut aussehend, aber er wäre schön, wenn er spräche. Er wäre sehr freundlich, selbst wenn man sein Essen anbrennen lässt, weil man lacht und mit den Freundinnen redet, statt auf den Herd aufzupassen. Er würde einfach nur sagen, Ach, macht nichts.«
    Yevette schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Käfer, aber dein idealer Mann, der nicht sehr reallisstisch.«
    Das Mädchen mit den Dokumenten sah von ihren Turnschuhen hoch. »Lass sie in Ruhe. Siehst du nicht, dass sie noch Jungfrau ist?«
    Ich schaute zu Boden. Yevette starrte mich lange an und legte mir dann die Hand auf den Nacken. Ich bohrte die Stiefelspitze in den Boden, und Yevette sah das Mädchen mit den Dokumenten an.
    »Wie willst du wissen, Süße?«
    Das Mädchen zuckte die Achseln und deutete auf die Dokumente in ihrer durchsichtigen Plastiktüte. »Ich habe Dinge gesehen. Ich kenne Menschen.«
    »Warum so still, wenn du so verdammt viel weißt?«
    Wieder zuckte das Mädchen die Achseln.
    Yevette starrte sie an. »Wie du heißt überhaupt, Süße?«
    »Ich sage meinen Namen nicht. Es ist sicherer so.«
    Yevette verdrehte die Augen. »Wetten, du gibst Jungs auch nicht dein Nummer.«
    Das Mädchen mit den Dokumenten starrte Yevette an. Dann spuckte sie auf den Boden. Sie zitterte.
    »Du weißt gar nichts«, sagte sie. »Wenn du irgendeine Ahnung von diesem Leben hättest, würdest du es nicht so lustig finden.«
    Yevette stemmte die Hände in die Hüften. Dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    »Süße«, sagte sie. »Leben hat dir und mir das Gute weggenommen, was es vorher geschenkt hat. Das ist alles. Lustig sein ist alles, was ich noch habe, echt. Und du, Süße, hast nur noch Papier.«
    Dann

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