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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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hörten sie auf, weil das Taxi vorfuhr. Es hielt genau vor uns. Das Seitenfenster war offen, und Musik dröhnte heraus. Ich will euch sagen, welche Musik das war. Es war ein Lied namens We are the champions von einer britischen Musikgruppe, die Queen heißt. Daher kannte ich das Lied: Einer der Beamten im Abschiebegefängnis mochte die Gruppe sehr gern. Er brachte seine Stereoanlage mit und spielte uns die Musik vor, wenn wir in unseren Zellen eingesperrt waren. Wenn man tanzte und sich wiegte und zeigte, dass einem die Musik gefiel, brachte er einem Extra-Portionen. Einmal zeigte er mir ein Bild der Band. Es war das Bild von der CD-Hülle. Einer der Musiker auf dem Bild hatte ganz viele Haare. Sie waren schwarz mit kleinen Löckchen und saßen wie ein schweres Gewicht oben auf seinem Kopf und reichten bis auf die Schultern. Ich weiß, was Mode in eurer Sprache bedeutet, aber diese Haare sahen nicht wie Mode aus, ganz ehrlich - sie sahen aus wie eine Strafe.
    Einer der anderen Wachbeamten kam vorbei, als wir uns das Bild auf der CD-Hülle anschauten. Er zeigte auf den Musiker mit den vielen Haaren und sagte, So eine Scbwuchtel. Ich weiß noch, dass ich mich freute, weil ich noch dabei war, eure Sprache richtig zu lernen, und jetzt wusste, wie man diese spezielle Frisur nannte.
    Ich erzähle euch das nur, weil der Taxifahrer genau solche Haare hatte.
    Als das Taxi vor dem Haupttor des Abschiebegefängnisses anhielt, stieg der Fahrer nicht aus. Er sah uns durch das offene Fenster an. Er war ein dünner weißer Mann und trug eine Sonnenbrille mit dunkelgrünen Gläsern und einem glänzenden, goldenen Gestell. Das Mädchen im gelben Sari staunte über das Taxi. Ich glaube, sie war wie ich und hatte noch nie ein so großes, neues, schimmerndes weißes Auto gesehen. Sie ging rundherum und strich über die Oberflächen und sagte, Mmmm. Sie hielt noch immer die durchsichtige Plastiktüte fest. Dann ließ sie sie mit einer Hand los und fuhr die Buchstaben hinten am Auto mit dem Finger nach. Dabei sprach sie jeden Buchstaben ganz langsam und sorgfältig aus, wie sie es im Abschiebegefängnis gelernt hatte, sie sagte: F ... O ... R ... D ... bmm! Fod! Als sie vor dem Wagen stand, betrachtete sie die Scheinwerfer und blinzelte. Sie neigte den Kopf zur Seite und hob ihn wieder und schaute dem Auto kichernd in die Augen. Der Taxifahrer beobachtete sie die ganze Zeit. Dann drehte er sich zu uns anderen um, und er sah aus wie ein Mann, dem gerade klar geworden ist, dass er statt einer Pflaume eine Handgranate verschluckt hat.
    »Eure Freundin ist nicht ganz richtig im Kopf«, sagte er.
    Yevette stieß mir den Ellbogen in den Bauch. »Besser du reden, Käferlein«, flüsterte sie.
    Ich schaute den Taxifahrer an. In seinem Radio lief noch immer ganz laut We are the cbampions. Ich begriff, dass ich dem Taxifahrer klarmachen musste, dass wir keine Flüchtlinge waren. Ich wollte ihm zeigen, dass wir Britinnen waren und eure Sprache sprachen und alle Feinheiten eurer Kultur verstanden. Und ich wollte ihm eine Freude machen. Daher lächelte ich und trat ans offene Fenster und sagte zu dem Taxifahrer: »Hallo, ich sehe, Sie sind eine Schwuchtel.«
    Ich glaube, der Fahrer hat mich nicht verstanden. Sein säuerlicher Gesichtsausdruck wurde noch saurer. Dann schüttelte er ganz langsam den Kopf. Er sagte: »Bringen die euch Affen im Dschungel eigentlich kein Benehmen bei?«
    Dann fuhr er ganz schnell weg, dass die Reifen seines Taxis quietschten wie ein Baby, dem man die Milch weggenommen hat. Wir vier Mädchen standen da und sahen das Taxi den Hügel hinunter verschwinden. Die Schafe rechts von der Straße und die Kühe links von der Straße sahen auch zu. Dann fraßen sie weiter Gras, und wir Mädchen hockten uns wieder hin. Der Wind wehte, und der Stacheldraht oben auf dem Zaun klirrte. Die Schatten kleiner Wolken hoch oben am Himmel trieben über die Landschaft dahin.
    Es dauerte lange, bis eine von uns sprach.
    »Vielleicht wir lassen lieber Sarimädchen sprechen.«
    »Es tut mir leid.«
    »Verdammte Afrikaner. Denkt immer, ihr seid so schlau, aber seid ignorrannt.«
    Ich stand auf und ging an den Zaun. Ich hielt mich am Maschendraht fest und starrte hindurch, den Hügel hinunter und über die Felder. Da unten arbeiteten noch die beiden Bauern, der eine fuhr Traktor, und der andere band die Gatter zu.
    Yevette stellte sich neben mich. »Was jetzt, Käfer? Können nicht hierbleiben. Wir einfach gehen, okay?« Ich schüttelte den Kopf.

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