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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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brauchte ich fast einen ganzen Tag, um Bäume zu fällen und einen hohen Turm zu errichten, an dem ich mich erhängen konnte. Ich hatte eine Machete. Ich stellte mir das klebrige Harz an den Händen und den süßen Honiggeruch vor, das angenehm müde Gefühl in den Armen, das wütende Kreischen der Affen, deren Bäume ich gefällt hatte. Ich arbeitete hart in meiner Phantasie und band die Baumstämme mit Lianen und Ranken aneinander und verwendete einen besonderen Knoten, den mir meine Schwester Nkiruka beigebracht hatte. Es war viel Arbeit für ein kleines Mädchen. Ich war stolz. Nachdem ich den ganzen Tag allein im Krankenbett an meinem Selbstmordturm gearbeitet hatte, wurde mir klar, dass ich auch einfach auf einen Baum hätte klettern und mit meinem dummen Kopf voran auf einen Felsen hätte springen können.
    Da musste ich zum ersten Mal lächeln.
    Ich fing an, die Mahlzeiten zu essen, die sie mir brachten. Ich dachte mir, du musst bei Kräften bleiben, Little Bee, sonst bist du Dummkopf zu schwach, um dich zu töten, wenn die Zeit gekommen ist, und dann wird es dir leidtun. Ich fing an, zu den Essenszeiten von der Krankenstation in die Kantine zu gehen, damit ich mir mein Essen selbst aussuchen konnte, statt es gebracht zu bekommen. Ich begann, mir Fragen zu stellen wie diese: Was gibt mir mehr Kraft für den Selbstmord, Möhren oder Erbsen?
    In der Kantine lief immer der Fernseher. Ich lernte mehr über das Leben in eurem Land. Ich schaute mir Sendungen wie Love Island und Kochduell und Wer wird Millionär? an und überlegte mir, wie ich mich in diesen Shows umbringen würde. Ertränken, Messer und der Publikumsjoker.
    Eines Tages gaben uns die Wachbeamten ein Buch mit dem Titel Life in the United Kingdom. Darin wird die Geschichte eures Landes erklärt und wie man sich anpasst. Ich plante meinen Selbstmord zur Zeit von Churchill (mich in den Bombenhagel stellen), Viktoria (mich vor ein Pferd werfen) und Heinrich VIII. (Heinrich VIII. heiraten). Ich überlegte mir, wie ich mich unter Labour- und konservativen Regierungen umbringen würde und dass ein Selbstmordplan für eine Regierung der Liberaldemokraten unnötig war. Allmählich verstand ich, wie euer Land funktionierte.
    Man verlegte mich aus der Krankenstation. Nachts schrie ich noch immer, aber nicht jede Nacht. Mir wurde klar, dass ich zwei Lasten zu tragen hatte. Eine davon war der Horror, aber die andere war die Hoffnung. Ich begriff, dass ich mich ins Leben zurückgetötet hatte.
    Ich las eure Romane. Ich las die Zeitungen, die ihr uns schicktet. Ich unterstrich die gewichtigen Sätze in den Leitartikeln und schlug jedes Wort in meinem Collins-Wörterbuch nach. Stundenlang übte ich vor dem Spiegel, bis die großen Wörter in meinem Mund natürlich wirkten.
    Ich las viel über eure königliche Familie. Eure Königin gefällt mir besser als ihr Englisch. Wisst ihr, wie ihr euch bei einer Gartenparty bei Königin Elisabeth der Zweiten auf dem großen Rasen des Londoner Buckingham-Palastes töten könnt, falls man euch zufällig einladen sollte? Ich schon. Dazu würde ich ein zerbrochenes Champagnerglas benutzen oder eine scharfe Hummerschere oder sogar ein winziges Stückchen Gurke, das ich in meine Luftröhre saugen könnte, falls die Männer plötzlich kämen.
    Ich frage mich oft, was die Königin tun würde, wenn die Männer plötzlich kämen. Ihr könnt mir nicht weismachen, dass sie nicht häufig daran denkt. Als ich in Life in the United Kingdom von den Dingen las, die einigen Frauen zugestoßen sind, die ihren Job gemacht haben, wurde mir klar, dass sie an nichts anderes denkt. Ich glaube, die Königin und ich haben eine ganze Menge gemeinsam.
    Die Königin lächelt manchmal, aber wenn man sich ihre Augen auf dem Porträt auf der Rückseite des Fünf-Pfund-Scheins ansieht, merkt man, dass auch sie eine schwere Last trägt. Die Königin und ich rechnen immer mit dem Schlimmsten. In der Öffentlichkeit lächeln wir beide oder lachen sogar, aber wenn uns ein Mann auf bestimmte Weise ansähe, würden wir beide dafür sorgen, dass wir tot sind, bevor er uns auch nur mit einem einzigen Finger berührt. Diese Genugtuung würden ich und die Königin von England ihm nicht geben.
    Es ist gut, so zu leben. Wenn man erst einmal bereit ist zu sterben, leidet man nicht mehr so schrecklich unter dem Horror. Daher war ich an jenem Morgen, an dem sie uns Mädchen aus der Abschiebehaft ließen, nervös, aber ich lächelte, weil ich bereit war zu sterben.
    Ich

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