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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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mein Zimmer, um weiter an dem Kerouac-Aufsatz zu arbeiten. Sobald ich zum zweiten Mal die Haustür gehört hatte, warf ich meine Xbox an und ging online.
    > Hallo M1k3y. Mein Name ist Colin Brown, ich bin Produzent der Nachrichtensendung The National bei der Canadian Broadcasting Corporation. Wir machen eine Geschichte über das Xnet und haben bereits einen Reporter nach San Francisco geschickt, um von dort zu berichten. Wären Sie an einem Interview interessiert, um über Ihre Gruppe und ihre Aktivitäten zu sprechen?
    Ich starrte den Monitor an. Oh Gott. Die wollten mich über "meine Gruppe" interviewen?
    > Oh, nein, danke. Ich achte sehr auf meine Privatsphäre. Außerdem ist es gar nicht "meine" Gruppe. Aber danke, dass Sie eine Geschichte drüber machen!
    Eine Minute später kam die nächste E-Mail.
    > Wir können Sie unkenntlich machen und Ihnen Anonymität zusichern. Es ist Ihnen klar, dass das DHS nur zu gern seinen eigenen Sprecher vorschicken wird. Ich bin aber interessiert an Ihrer Sicht der Dinge.
    Ich speicherte die E-Mail ab. Er hatte Recht, aber ich wäre bescheuert, das zu tun. Von meinem Standpunkt aus war er das DHS.
    Ich wandte mich wieder Kerouac zu, da kam die nächste E-Mail. Dieselbe Bitte von einer anderen Nachrichtenagentur: KQED wollte mich treffen, um ein Radio-Interview aufzuzeichnen. Ein Sender in Brasilien. Die Australian Broadcasting Corporation. Deutsche Welle. Den ganzen Tag lang trudelten Presse-Anfragen ein. Und den ganzen Tag lang lehnte ich höflich ab.
    Viel Kerouac las ich an diesem Tag nicht.
    "Du musst eine Pressekonferenz abhalten", sagte Ange, als wir am selben Abend in dem Café bei ihr um die Ecke saßen. Ich war nicht mehr allzu scharf drauf, sie in der Schule abzuholen und womöglich wieder mit Van im selben Bus zu sitzen.
    "Hä? Bist du wahnsinnig?"
    "Mach es in Clockwork Plunder. Such dir einfach einen Handelsstützpunkt, wo kein PvP erlaubt ist, und leg eine Uhrzeit fest. Du kannst dich von hier einloggen."
    PvP, Player-versus-Player, ist ein Kampf-Modus Spieler gegen Spieler. Einige Bereiche von Clockwork Plunder waren als neutrales Territorium definiert, und dort konnten wir theoretisch eine Tonne Reporter anschleppen, die keine Ahnung vom Spiel hatten, ohne zu riskieren, dass andere Spieler sie während der Pressekonferenz einfach umlegten.
    "Ich kenn mich mit Pressekonferenzen null aus."
    "Musst du halt googeln. Ganz sicher hat schon mal jemand einen Ratgeber geschrieben, wie man eine erfolgreiche Pressekonferenz abhält. Ich mein, wenn der Präsident das kann, kannst du das auch. Der sieht nicht so aus, als ob er sich schon allein die Schuhe zubinden kann."
    Wir bestellten noch Kaffee.
    "Du bist eine sehr kluge Frau", sagte ich.
    "Und ich bin schön."
    "Das auch."
     
    Kapitel 15
    Ich bloggte über die Pressekonferenz, noch bevor ich die Einladungen an die Presse rausschickte. Es war klar, dass all diese Schreiberlinge mich zu einem Führer oder General oder obersten Guerilla-Kommandeur hochstilisieren wollten, und der beste Weg, dem zu begegnen, schien mir der, sicherzustellen, dass noch eine Menge anderer Xnetter sich dort herumtrieben und Fragen beantworteten.
    Dann mailte ich den Presseleuten. Die Reaktionen rangierten von verwirrt bis enthusiastisch - nur die Reporterin von Fox war "empört", dass ich es wagte, ihr dieses Spielchen aufzunötigen, um in ihrer TV-Show zu erscheinen. Die anderen schienen das für den Beginn einer ziemlich coolen Story zu halten, allerdings brauchten etliche von ihnen eine ganze Menge Support, um sich bei dem Spiel anzumelden.
    Ich entschied mich für acht Uhr abends, nach dem Essen. Mom hatte schon länger nachgebohrt, wo ich mich in letzter Zeit abends rumtrieb, bis ich schließlich mit Ange rausgerückt war; seither sah sie mich ständig mit diesem verträumten Blick an, als ob sie sagen wolle, "oh, mein Kleiner wird langsam groß". Sie wollte Ange treffen, und das benutzte ich als Hebel, indem ich versprach, sie am nächsten Abend einmal mitzubringen, wenn ich mit Ange heute "ins Kino gehen" dürfe.
    Anges Mom und ihre Schwester waren schon wieder unterwegs - sie waren beide keine Stubenfliegen -, so dass ich mit Ange und unseren beiden Xboxen in ihrem Zimmer allein war. Ich stöpselte einen der Monitore neben ihrem Bett aus und hängte meine Xbox dran, damit wir uns beide zugleich einloggen konnten.
    Beide Xboxen waren jetzt in Clockwork Plunder eingeloggt und ansonsten untätig. Ich lief nervös auf und ab.
    "Sieht aus,

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