Little Brother
als obs gut für uns läuft", sagte sie, ohne den Blick vom Monitor abzuwenden. "Auf dem Markt von Patcheye Pete hats jetzt 600 Spieler!" Patcheye Pete hatten wir uns ausgeguckt, weil es vom Dorfplatz aus, wo neue Spieler "ausschlüpften", der nächstgelegene Markt war. Sofern die Reporter nicht schon Clockwork Plunder spielten (haha), würden sie dort automatisch auftauchen. Deshalb hatte ich in meinem Blogeintrag darum gebeten, dass sich ein paar Leute an der Strecke zwischen Patcheye Pete und dem Ankunftstor aufhalten mögen, um jeden, der wie ein orientierungsloser Reporter aussah, zu Pete weiterzulotsen.
"Was zum Teufel soll ich denen denn erzählen?"
"Du beantwortest einfach nur ihre Fragen. Und wenn dir eine Frage nicht passt, ignorier sie. Wird sich schon jemand finden, der sie beantwortet. Alles wird gut."
"Das ist Wahnsinn."
"Das ist perfekt, Marcus. Wenn du das DHS wirklich drankriegen willst, dann musst du sie piesacken. Wenn du es auf ein direktes Duell ankommen lässt, hast du keine Chance. Deine einzige Waffe ist deine Fähigkeit, sie als Idioten dastehen zu lassen."
Ich ließ mich aufs Bett fallen, und sie zog meinen Kopf in ihren Schoß und strich mir übers Haar. Vor den Anschlägen hatte ich mit diversen Schnitten experimentiert und meine Haare in den lustigsten Farben getönt, aber seit ich aus dem Knast raus war, war mir das alles unwichtig geworden. Mein Haar war lang und zottelig geworden, und dann war ich ins Bad gegangen, hatte mir die Schere geschnappt und alles rundum auf gut einen Zentimeter Länge getrimmt; das war völlig pflegeleicht, und außerdem war es hilfreich, beim Jammen und RFID-Klonen unauffällig auszusehen.
Ich öffnete die Augen und blickte in ihre großen, braunen Augen hinter der Brille. Sie waren rund, feucht und sehr ausdrucksstark. Sie konnte sie hervorpoppen lassen, um mich zum Lachen zu bringen, sie konnte sie weich und traurig wirken lassen, aber auch träge und schläfrig auf eine Weise, die mich vor Geilheit fast zerfließen ließ.
Und genau das tat sie gerade jetzt.
Ich setzte mich langsam auf und umarmte sie. Sie erwiderte die Umarmung. Wir küssten uns. Sie küsste unglaublich. Ich weiß, ich sagte es schon, aber das kann man nicht oft genug wiederholen. Wir küssten uns ziemlich oft, aber irgendwie hörten wir immer auf, bevor es zu heftig zur Sache ging.
Jetzt wollte ich einen Schritt weiter gehen. Ich fand den Saum ihres T-Shirts und zog. Sie hob ihre Hände übern Kopf und rutschte ein kleines Stück zurück. Ich hatte gewusst, dass sie das tun würde; ich hatte es seit der Nacht im Park gewusst. Vielleicht waren wir deshalb nie weiter gegangen. Ich wusste, ich konnte mich nicht darauf verlassen, dass sie rechtzeitig die Notbremse zog, und das machte mir ein wenig Angst.
Aber dieses Mal hatte ich keine Angst. Die bevorstehende Pressekonferenz, die Querelen mit meinen Eltern, die internationale Aufmerksamkeit, dieses Gefühl, dass es da eine Bewegung gab, die sich über die Stadt ausbreitete wie eine wildgewordene Flipperkugel - das alles prickelte auf meiner Haut und ließ mein Herz singen.
Und sie war wunderschön, klug und lustig, und ich verliebte mich mehr und mehr in sie.
Ihr Shirt rutschte heraus, mit einer Biegung ihres Rückens half sie mir, es über ihre Schultern zu ziehen. Dann griff sie hinter sich, hantierte etwas, und ihr BH fiel aufs Bett. Ich konnte sie nur sprachlos, bewegungslos anstarren, und dann griff sie nach meinem Shirt, zerrte es mir über den Kopf und zog mich an sich heran, Brust an nackte Brust.
Wir wälzten uns übers Bett, berührten einander, vernestelten unsere Körper ineinander und stöhnten. Sie bedeckte meine Brust mit Küssen, und ich ihre ebenso. Ich konnte nicht atmen, nicht denken; ich konnte mich nur bewegen und küssen und lecken und berühren.
Dann trauten wir uns noch einen Schritt weiter. Ich knöpfte ihre Jeans auf, sie öffnete meine. Ich zog ihren Reißverschluss auf, sie meinen, dann zog sie mir die Jeans aus und ich ihre. Einen Augenblick später waren wir beide nackt, mit Ausnahme meiner Socken, die ich mit den Zehen abstreifte.
Und genau in diesem Moment erhaschte ich einen Blick auf ihren Wecker, der schon vor langer Zeit auf den Boden gerollt war und uns von dort unten entgegenleuchtete.
"Verdammt!", schrie ich. "Es geht in zwei Minuten los!" Ich konnte es selbst nicht fassen, dass ich im Begriff war, damit aufzuhören, wo ich doch gerade erst damit aufgehört hatte, vorher aufzuhören.
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