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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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musste ich auch gehen. Keine Ermäßigung mehr bei den Studiengebühren. Seitdem war ich auf Arbeitssuche. Ich habe aber zwei Sommer lang Erfahrung bei der Wählerkoalition für ein freies Amerika gesammelt.«
    »Ich weiß«, sagte sie. »Das war ehrenamtliche Arbeit, richtig?«
    »Ja, wir waren alle Freiwillige. Ich arbeite aber sehr gründlich. Und ich glaube, dass Joe es schaffen kann und dass das Internet uns dabei helfen kann, die Politik transparenter und verständlicher zu gestalten. Deshalb möchte ich gerne hier arbeiten.«
    Für mich klang es genau wie das, was von mir erwartet wurde. Doch Flors Gesicht wurde nur noch verschlossener. »In Ordnung«, sagte sie. »Das habe ich alles schon mal gehört. Ich höre das seit zwanzig Jahren. Trotzdem werden Wahlen dadurch gewonnen, dass man sich die Hacken abläuft, eine Menge Geld ausgibt und eine Menge Hände schüttelt. So war das immer schon. Ich weiß, dass Joe gerne Luftschlösser baut. Am liebsten würde er die Demokratie neu erfinden – aber ich als seine Wahlkampfleiterin bin der Ansicht, dass die Reformen, die er im Sinn hat, schon schwierig genug werden und wir uns den Wahlkampf 2.0 für nächstes Mal aufheben sollten.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Mein rudimentärer Sinn für Politik riet mir, einfach den Mund zu halten.
    »Wir haben eine Menge Leute mit an Bord, die einem gerne mal die Welt erklären. Das ist auch alles recht und billig und liegt sogar in der Natur der Sache. Wenn man als unabhängiger Kandidat antritt, zieht man automatisch auch unabhängige Denker an. Unterm Strich ist das aber immer noch ein Wahlkampf für einen Kandidaten , kein Versuchslabor für eine neue Form von Basisdemokratie. Und auch kein Hightech-Start-up. Aktuell braucht unser Team einen Webmaster. Das heißt, jemanden, der uns eine Website online stellt, die nicht gleich fünf Minuten später von jemand anderem wieder gehackt wird. Diese Website soll uns dabei helfen, Spendengelder einzutreiben, Wähler zu mobilisieren und letztlich die Wahl zu gewinnen. Ich möchte mich hier sonnenklar ausdrücken, denn ich habe in meinem Leben schon eine Menge Webmaster beauftragt und kenne ein paar der Stolpersteine, die dieses Geschäft mit sich bringt. Ich brauche eine Seite, die tut, was sie soll: nicht mehr und nicht weniger. Ich will sie keinen Deut hübscher als nötig. Ich will sie kein Quäntchen raffinierter als nötig. Und da unser Webmaster gleichzeitig unsere IT -Abteilung sein wird, muss er sich auch um unsere Sicherheit und unsere Back-ups kümmern und das ganze Netzwerk am Laufen halten. Ich brauche also jemanden, der bis zur Wahl rund um die Uhr, sieben Tage die Woche erreichbar ist. So, das war meine Ansprache. Jetzt sagst du mir, ob du dieser Jemand bist, Marcus.«
    Aber Joe meinte, er will einen Delta-Force-Ninja – das sagte ich schon mal nicht. Ich hatte bereits kapiert, dass das, was Joe wollte, und das, was er bekam, über seine Wahlkampfleiterin lief. Wer eingestellt wurde und wer nicht, lag ganz in ihrer Hand.
    »Alles das habe ich schon mal gemacht«, sagte ich. »Ich bin zuverlässig. Ich lerne sehr schnell. Und ich glaube, dass Joseph Noss es schaffen kann. Vielleicht habe ich nicht viel Berufserfahrung, doch das liegt nur daran, dass mir noch niemand eine Chance gegeben hat. Es gibt genug Leute in San Francisco, die als Webmaster in Frage kämen – aber wie viele davon haben im Untergrund ein Netzwerk betrieben, das sich gegen den Heimatschutz durchgesetzt und dafür gesorgt hat, dass in San Francisco wieder die Grundrechte gelten?«
    Normalerweise betonte ich immer, dass M1k3y nur Teil einer Bewegung gewesen war, oder starrte verschämt auf meine Füße, wenn mir Leute ihre Bewunderung aussprachen. Doch etwas sagte mir, dass dies nicht der Moment für Bescheidenheit war.
    Ihr Lächeln kehrte zurück. »Okay, Punkt für dich.« Sie leerte ihren Mokka. »Ich habe mich nach dir erkundigt. Barbara Stratford hat mich heute früh auf dem Weg hierher angerufen und ein gutes Wort für dich eingelegt. Es gibt eine Menge Leute, die dich für einen großen Strategen und Guerillakämpfer halten. Aber keiner von denen hat dich je beschäftigt, und ›Strategen‹ haben wir hier schon genug. Hast du mal Die Zeitmaschine gelesen?«
    »Ja. Ich habe in Englisch mal eine Hausarbeit darüber geschrieben.«
    »Dann erinnerst du dich sicher noch an die Eloi und an die Morlocks. Die Eloi waren die privilegierte Klasse an der Oberfläche. Sie führten

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