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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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rausfinden, kommt die Passwortabfrage. Zack, die VM fährt sich runter, die Daten sind weg.«
    »Und dann?«
    Ich biss mir auf die Lippen. So weit war ich vorhin schon gewesen, doch ich mochte nicht, was als Nächstes kam. »Sie wollen das Passwort, um an die Daten zu kommen.«
    »Richtig.«
    »Und wenn du hier bist, können sie auch dich in die Mangel nehmen«, fügte ich hinzu.
    »Und genau deshalb legen wir eine versteckte Kopie an. Denn dann können wir ihnen ein Passwort geben, und dieses Passwort schaltet eine Version der VM frei, in der sich auch der komplette Satz der gestohlenen Daten befindet. Das ist aber nicht die Version, mit der wir arbeiten: Die verstecken wir nämlich. Und mit ihr unsere ganzen Notizen und den Mail-Austausch mit den Leuten, die wir eingeweiht haben. Dieses Passwort geben wir unter keinen Umständen heraus. Wir behaupten, dass wir die gestohlenen Daten zwar hatten, auf der verschlüsselten VM , uns aber keine Notizen gemacht haben. Wir wussten einfach nicht, was wir mit dem ganzen Kram anstellen sollen. Das ist durchaus glaubhaft – ich meine, wir haben ja wirklich keine Ahnung, was wir tun sollen.«
    Also machten wir’s so. Wir dachten uns zwei möglichst komplizierte Passwörter aus und fragten einander ab, bis wir sie draufhatten. Dann schauten wir uns an.
    »Und jetzt?«
    »Jolu«, sagte ich abermals. »Er ist unser Mann fürs große Ganze.«
    Ange schloss die VM s. »Der Lärm macht mich noch fertig. Bist du dir sicher, dass die Boxen gegen Lasermikrofone was bringen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann mach sie doch mal bitte etwas leiser. Du willst also Jolu einweihen. Ist dir klar, dass das ungefähr genauso scheiße ist wie das, was Masha tat, als sie dich in die Sache mit reinzog?«
    »Ja, weiß ich. Aber Jolu ist mein Freund – einer meiner besten Freunde.«
    Sie suchte nach den richtigen Worten. »Marcus, nichts für ungut, aber stimmt das denn wirklich? Wann habt ihr euch das letzte Mal gesehen? Wann habt ihr euch zuletzt auch nur gesprochen?«
    Es passte mir nicht, aber sie hatte recht. »Okay, Punkt für dich. Aber das heißt nicht, dass wir keine Freunde mehr sind. Es ist ja nicht so, dass wir uns aus dem Weg gingen – wir sind einfach nur sehr mit unserem eigenen Kram beschäftigt. Ich kenne Jolu fast mein ganzes Leben, seit meiner Kindheit. Er ist der Richtige für so was.«
    »Du musst dich nicht rechtfertigen, okay? Ich sage ja nur, dass du im Begriff bist, ihn in eine ziemliche Zwickmühle zu bringen, und darüber solltest du dir im Klaren sein, ehe du’s tust.«
    »Jolu würde mich nie hängen lassen. Das hier ist zu wichtig.«
    Ange bedachte mich mit einem langen Blick. Was sie nicht aussprach, war: Wenn es wirklich so wichtig ist, wieso hast du dann nicht alles stehen und liegen lassen, um etwas zu unternehmen? Wieso bist du nicht gleich zur Polizei oder zur Presse gegangen? Wieso verschwendest du deine Zeit mit deinem neuen Job, statt dem hier oberste Priorität einzuräumen?
    Diese Frage hatte ich mir selbst schon gestellt, und natürlich kannte ich die Antwort ebenso wie sie: Ich hatte zu große Angst, an die Öffentlichkeit zu gehen. Als ich das letzte Mal der Presse alles erzählt hatte, war ich in einer Folterkammer gelandet. Und was Masha mir hier vermacht hatte – wenn unser erster Eindruck nicht trog – , war viel wichtiger und gruseliger als alles, um das es damals ging.
    Ganz davon abgesehen hatte Masha nicht von mir verlangt, sie zu retten. Sie wollte nur, dass alle Welt vom Inhalt der Dateien erfuhr. Sobald das passiert war, würde Carrie Johnstone vielleicht von selbst erkennen, dass es keinen Sinn mehr hatte, Masha und Zeb noch gefangen zu halten, und sie gehen lassen.
    Es war ein sehr großes Vielleicht.

7
    Nachts hatte ich schon immer am besten gearbeitet. Ich kannte alle Tricks: genau bemessene Mengen an Kaffee, dazu Nickerchen und Duschen, um mein gequältes Hirn trotz Schlafentzug tagsüber anzutreiben und dann doch wieder die Geisterstunde durchzuarbeiten, wenn hinter jeder dunklen Ecke eine Eingebung lauerte.
    Jolu war genauso, und deshalb verstanden wir uns auch so gut. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir beide noch morgens um drei in Skype oder im Messenger online waren. Manchmal stahlen wir uns auch mitten in der Nacht gemeinsam davon, um noch durch die nächtlichen Straßen von San Francisco zu geistern. Von daher hatte ich keine Bedenken, ihn noch anzurufen, als Ange und ich um acht Uhr abends endlich fertig mit Diskutieren

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