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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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Schale werfen, mit Stöckelschuhen und Cocktailkleid. Ich kann auf Stöckeln nicht gehen, und meine Beine zeige ich sowieso nicht jedem. Außerdem hatte ich erst am Morgen mit Nr. 6 gebrochen. Auch wenn ich dieser Beziehung kaum nachtrauerte, hatte ich an ihrem unrühmlichen Ende noch zu nagen. Anwalt Nr. 3 brachte mein Blut nicht gerade in Wallung – doch warum sollte ich mir eine Gelegenheit entgehen lassen, am anderen Geschlecht Verhaltensforschung zu betreiben? Ich hatte ohnehin einen Fragenkatalog entworfen, um künftig jeden Pornojunkie auf subtile Weise auszusieben. An Hunter probierte ich den Katalog erstmalig aus.
Gehst du gern ins Kino?
Legst du großen Wert auf den Plot?
Leihst du oft Filme aus?
Auf einer einsamen Insel hättest du am liebsten dabei:
Shakespeares Gesammelte Werke
Die Led-Zeppelin-Jubiläumsbox
Schulmädchenreport 1–13.
Deine Lieblingsschauspielerin ist:
Meryl Streep
Nicole Kidman
Judy Dench
Dolly Buster
Am liebsten guckst du:
Action- und Abenteuerfilme
Anspruchsvolle Dramen
Romantische Komödien
Erotikfilme
    Am Morgen danach erhielt ich einen Anruf von David, der mich mit leeren Drohungen traktierte. Anschließend rief er unsere Mutter an, um mich zu verpfeifen. Am Frühstückstisch prangerte Mom meine üblen Manieren an und meinte, wollte ich jemals einen Mann finden, der seinen Lebensunterhalt nicht hinter irgendeinem Tresen verdient, müsste ich schon eine Benimmschule besuchen. Dad wollte wissen, was ich zum Essen bestellt hatte.
    Zur Erinnerung: Ex-Freund Nr. 7
    Name: Greenberg, Zack
    Alter: 29
    Beruf: Besitzer einer Firma für Webdesign
    Hobby: Fußball
    Beziehungsdauer: 1,5 Monate
    Letzte Worte: »Du hast meinen Bruder auf Kreditwürdigkeit überprüft?«
    Nicht trotz, sondern gerade wegen meines Berufs achte ich das Bedürfnis eines jeden, seine Privatsphäre zu schützen, und bemühe mich, so gut es geht, nicht in diese Sphäre einzudringen – sofern es die Arbeit zulässt. Zumindest war das früher so. Vor Ex Nr. 6. Bevor meine Mutter unsere Privatsphäre sprengte und mir Geheimnisse enthüllte, die ich selbst hätte aufdecken müssen. Ex Nr. 6 brachte mich dazu, meine Intuition in Frage zu stellen. Fünfzehn Jahre Berufserfahrung – und trotzdem schien es mit meiner Menschenkenntnis nicht weit her zu sein.
    Drei Wochen später rief Petra an. Sie wollte mir unbedingt ein Rendezvous mit einem ihrer Lieblingskunden aufschwatzen. Seit fünf Jahren arbeitete sie als Haarstylistin in einem angesagten Salon in Lower Haight. Nie hätte ich gedacht, dassman mit einer Ausbildung zur Friseurin später sechsstellige Summen verdienen kann, doch Petra war der lebende Gegenbeweis. Dank ihres geschickten Umgangs mit der Schere und einem Aussehen, das die betuchten Metrosexuellen von San Francisco in Scharen anlockte, durfte Petra pro Kopf satte hundert Dollar verlangen. Ihre Kundschaft war zu achtzig Prozent männlich, und keiner der Herren gab vor, dass er nur zum Nachschneiden gekommen war. Petra sagte, ihre Lederhose habe sich längst bezahlt gemacht. Vor allem in Bezug auf ihre Hypothek.
    Nun hatte sich Petra auf die Pirsch begeben, um einen Kerl für mich abzuschießen – einen Kerl, der sich nichts aus Pornos machte. Und da kam auch schon Zack Greenberg ins Spiel, der sich zufällig in den Salon verirrt hatte, als es dort außergewöhnlich ruhig zuging. Er war höflich, sprach leise und ließ seinen Haaren regelmäßig Pflege angedeihen.
    Nicht ahnend, was ich mit diesen Informationen anstellen würde, teilte mir Petra Zacks Privatadresse und sein Geburtsdatum mit. Bald hatte ich seine Sozialversicherungsnummer herausgefunden; ich holte eine Kreditauskunft ein, klärte ab, ob er vorbestraft war (die Recherche führte ich nur innerhalb der kalifornischen Staatsgrenzen durch) und wie es um seine Besitzverhältnisse stand. Den Akten nach war Zack durch und durch sauber. Ich besorgte mir eine Kopie seiner Geburtsurkunde, um auch seine Eltern, seine zwei Brüder und seine Schwester durchzuchecken. Abgesehen von einem Insolvenzverfahren gegen den jüngeren Bruder aus dem Jahr 1996, wirkte die ganze Familie wie einer Sitcom der fünfziger Jahre entsprungen. Auf ein Date ließ ich mich aber erst ein, als Petra mir verriet, dass Zack keinen Fernseher besaß. Die Gleichung war simpel: Kein Fernseher = keine Pornofilmchen. Natürlich hätte er sich auch mit einer stattlichen Sammlung von Herrenmagazinen vergnügen oder stundenlang im Internet stöbern können, aber ein echter Junkie würde

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