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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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habe ich ein bisschen Koks geschnupft, da wirkt alles gleich viel freundlicher. Ich bräuchte allerdings mehr Geld – einen Riesen mindestens. Und vielleicht ein paar Zigaretten.
    Als er das hörte, verschluckte sich Dad vor lauter Lachen am Morgenkaffee und brauchte zehn Minuten, um sich von seinem Hustenanfall zu erholen. Er meinte, die Botschaften allein seien die vollen Campgebühren wert. Doch dann rissen Raes Anrufe bei Spellman Investigations jäh ab.
    Als ich zeitig zu meinem Elf-Uhr-Termin in Davids Büro erschien, rief Rae an diesem Tag bereits zum vierten Mal bei ihm an. Da fiel mir zum ersten Mal der Ton auf, den David im Gespräch mit allen Spellmans anschlägt – es hörte sich so an, als wären wir sehr betuchte, aber auch sehr schwierige Klienten.
    »Hör mir jetzt gut zu, Rae«, sagte unser Bruder. »Ich werde meine Sekretärin anweisen, dir heute noch ein Paket zu schicken – lass mich doch ausreden. Ein Paket voll von diesem Schundfraß, den du so magst. Du wirst das Zeug essen. Du wirst es mit anderen teilen. Und du wirst mir einen Brief schreiben – einen einzigen Brief –, um mir zu danken und mir von mindestens einer Freundschaft zu erzählen, die du geschlossen hast. Wenn ich diesen Brief bekomme und du bisEnde der Ferien nicht mehr anrufst, überreiche ich dir bei deiner Rückkehr einen druckfrischen Fünfzig-Dollar-Schein. Alles klar? Ich nehme keine weiteren Anrufe von Miss Rae Spellman entgegen.«
    David legte den Hörer auf, sichtlich zufrieden, weil er ein Machtwort gesprochen hatte.
    »Für fünfzig Mäuse und ein paar Schokoriegel rufe ich dich auch nicht mehr an«, sagte ich.
    Nach fünf Minuten klingelte Davids Telefon erneut. Über Lautsprecher hörte ich die Stimme aus der Zentrale:
    »Mr. Spellman, Ihre Schwester Isabel ist am Apparat.«
    David erwiderte: »Meine Schwester Isabel sitzt mir gegenüber.«
    »Wie bitte?«
    »Stellen Sie durch.« David nahm den Hörer nach kurzem Zögern auf, vermutlich überlegte er noch, wie er vorgehen sollte.
    »Jetzt ist alles vorbei, Rae. Die Süßigkeiten sind gestrichen und das Geld auch«, sagte David in stahlharter Rechtsverdrehermanier und knallte den Hörer auf.
    »Nicht zu fassen, dass ich mit ihr verwandt bin«, seufzte er. Nach einer nachdenklichen Pause fügte er hinzu: »Oder mit dir.«
    Und ich konnte nicht fassen, warum Rae David in diesem Fall kein einziges Mal mehr behelligte. Irgendwann sollte ich begreifen, dass sie sich einen neuen Widersacher ausgeguckt hatte, um mit ganz anderen Mitteln zu kämpfen.
    Wochen später legte mir Rae in allen Einzelheiten dar, wann sie den Wendepunkt erreicht hatte. Wann sie begriffen hatte, dass es für sie »um Leben oder Tod« ging.
    »Bei diesen Ferien ging es ganz bestimmt nie um Leben oder Tod«, sagte ich.
    Rae aber entgegnete: »Wenn du der Wahrheit nicht ins Auge sehen willst, bitte.«
    Lässt man die semantischen Finessen außer Betracht, trat die Wende in Camp Winnemancha mit dem Talentwettbewerb ein.
    Die zwölfjährige Kathryn Stewart sang diesen nervigen Song aus Titanic . Haley Granger und Darcy Spiegelman hatten gerade im Duo gesteppt, zu irgendeiner dämlichen Show-Melodie. Tiffany Schmidt bewegte Lippen und Becken zu einem Song von Britney Spears. Während Jamie Gerber und Brian Hall eine eigens erdachte Hip-Hop-Nummer zum Besten gaben, so peinlich, dass es weh tat . Rae behauptete, dieser Talentwettbewerb habe sie zum Weinen gebracht – das erste Mal seit über zwei Jahren. Sie revanchierte sich mit einer typischen Probe ihres Talents: Rae riss sich das Handy eines der Camp-Verantwortlichen unter den Nagel und entkam unbemerkt aus dem Saal.
    Solange die komplette Camp-Belegschaft durch die Parade künftiger American-Idols -Kandidaten abgelenkt war, streunte meine Schwester im Wald umher und leerte den Akku von Camp-Direktor Webber. Diesmal rief sie weder David noch Mom oder Dad an. Rae hatte einen Plan ausgeheckt, in dem sie einer anderen Person eine zentrale Rolle zudachte. Mir. Auf meiner Handy-Mailbox hatte sie drei Nachrichten hinterlassen, im Büro eine und bei mir zu Hause fünf, bis ich endlich bereit war, auf den nächsten Anruf zu reagieren. Ich wollte ein für alle Mal Schluss machen mit diesem Unsinn.
    »Rae, wenn das nicht aufhört, zeige ich dich wegen Stalkings an.«
    »Eine Minderjährige wird man deswegen wohl kaum belangen können. Da müsstest du schon Mom oder Dad anzeigen, weil sie ihre Erziehungspflicht vernachlässigen. Und das würden sie dir

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