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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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plötzlich ist alles anders, und du holst sie nach Hause. Sie muss einen Trumpf gegen dich in der Hand haben. Das ist die einzige logische Erklärung.«
    »Das ist nicht wahr ...«
    »Streite es ruhig ab, aber wenn Rae einen Trumpf hat, habe ich theoretisch auch einen, weil ich Mom und Dad einfach von Raes Trumpf erzählen könnte, selbst wenn ich nicht weiß, was es für einer ist. Und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie Rae zum Sprechen bringen. Dabei willst du ganz offensichtlich nicht, dass Mom und Dad davon erfahren. Und darum habe ich dich genauso in der Hand wie Rae.«
    »Worauf willst du hinaus?« Er machte mich nervös.
    »Samstag lässt du dich von meinem Freund Jack ausführen. Den Nachnamen nenne ich dir nicht. Um sieben holt er dich ab. Bitte zieh dir etwas Sauberes an und kämm dir die Haare.«
    In Zeitlupe sammelte ich mein Zeug ein und steuerte den Ausgang an. Auf der Schwelle drehte ich mich um: »Normal ist das nicht.«
    »Sag ich doch. Seit Jahren«, entgegnete David.
    Jack Weaver – Anwalt Nr. 4 – stand um fünf vor sieben vor der Tür, also musste ich ihn meinen Eltern leider vorstellen. Da meine Mutter begeistert war von dem in Kaschmir gehüllten Juristen, hielt sie sich in etwa so vornehm zurück wie ein Politiker auf Stimmenfang. Ich warf im Minutentakt einen Blick auf die Uhr und gab wiederholt das Signal zum Aufbruch, bis Mom sagte: »Lass gut sein, Izzy.« Dad gab Jack seine Handynummer und sagte, er solle ihn jederzeit anrufen, wenn ich Zicken machte. Dann lachte sich mein Vater schier kaputt über diesen kleinen Witz.
    Um Viertel vor acht hatten wir die 101 South erreicht, unterwegs zur Rennbahn in Bay Meadows. Offenbar verschwendete Jack gern mehr als nur seine Zeit.
    Ich traute dem Ganzen von Anfang an nicht. Jack hatte garantiert keine Kuppelei nötig. Er pflegte einen leicht nachlässigen Stil, wie viele Männer, die nicht übertrieben eitel oder rausgeputzt wirken wollen. Seine Kleidung saß nicht ganz akkurat, sein Haar war eine Spur zerzaust, ohne dass er es darauf anzulegen schien. Nie und nimmer hatte er sich freiwillig auf dieses Date eingelassen. David musste ihn dazu gedrängt haben, aus mir unerfindlichen Gründen. Der einzige Mensch, dem diese Begegnung Genuss bereitete, war meine Mutter.
    Seltsam, aber wahr: Mom hegt für Anwälte eine so aufrichtige wie unerschütterliche Liebe. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Vielleicht, weil ihr perfekter Sohn Anwalt ist oder weil wir das Gros unserer Aufträge von Anwälten erteilt bekommen, vielleicht liegt es auch nur an den eleganten Anzügen, die sie tragen, oder an der höheren Bildung, die sie genossen haben. Mich tangieren nicht die Hintergründe, sondernallein die Folgen. Die Folgen bekomme ich zu spüren. Sie beeinträchtigen meine Lebensqualität.
    Im Lauf des Abends mischte sich mehr und mehr ein Gefühl der Anziehung in meinen Argwohn. Hinter der Fassade des lässigen, aber gepflegten Juristen steckte ein Mann, dessen Spielsucht bereits gefährliche Züge trug. Das verriet mir sein sorgfältiges Studium der Rennzeitung in Kombination mit seinen aberwitzig hohen Einsätzen. Die meisten Frauen fänden das sicher abschreckend, aber ich habe schon immer Männer mit Macken bevorzugt. Mit solchen Männern kann ich einfach besser umgehen. Besonders gefiel mir die Vorstellung, dass meine Mutter einer solchen Verbindung nichtsahnend ihren Segen erteilt hatte; dabei zahlte Jack mit ziemlicher Sicherheit auch für die Dienste eines Buchmachers.
    Während Jack wieder einmal fünfhundert Dollar auf und viel Hoffnung in einen zweijährigen Wallach setzte, fiel mir ein zwielichtiger Typ ins Auge, der sich im vorderen Drittel der offenen Tribüne herumtrieb. Nachdem ich ihn eine Weile aus sicherer Entfernung beobachtet hatte, stand für mich fest, dass er sich nicht die Bohne für das Geschehen auf der Rennbahn interessierte. Bei den Rennen sah der zwielichtige Typ meistens nicht zu den Pferden, sondern auf die Zuschauer. Als er schließlich am Eisstand einen Mann anrempelte, trat ich gleich auf den Mann mit der Eiswaffel zu und fragte ihn, ob er seine Brieftasche vermisse. Sie war ihm tatsächlich abhandengekommen.
    Ich nahm die Verfolgung des zwielichtigen Typen auf, der inzwischen von der Tribüne zur Herrentoilette hinabstieg. Jack kam hinterher und wollte wissen, was ich vorhatte. Ich erklärte ihm, dass ich womöglich einem Taschendieb auf der Spur war.
    Als ich den Typen eingeholt hatte, versperrte ich ihm

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