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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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und lobte meinen letzten Return.
    »Ich habe lang genug geschwiegen«, sagte ich.
    »Wie bitte?«
    »Können wir jetzt bitte normal spielen? Oder willst du für diese Jerry-Lewis-Nummer vielleicht noch Eintritt verlangen?«
    »Ich soll normal spielen?«
    »Falls du dazu überhaupt noch in der Lage bist.«
    »Aber dann gewinne ich.«
    »Bisher hast du doch auch immer gewonnen.«
    »Ich werde schneller gewinnen.«
    »Umso besser. Dein Aufschlag.«
    Sieben Minuten später hockten wir in der Bar und hatten schon ein halbes Bier intus.
    »Und? Was sagst du nun?«, fragte Daniel.
    »Beim nächsten Mal kannst du es vielleicht ein Spürchen langsamer angehen lassen.«
    Nachdenklich starrte er seine Brezel an. Offenbar sagte ihm die Wendung Beim nächsten Mal nicht so richtig zu. Ich wappnete mich gegen eine Absage.
    »Müssen wir denn unbedingt Tennis spielen?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte ich.
    »Können wir stattdessen was anderes machen?«
    »Kegeln vielleicht?«
    »Nein«, sagte er. Dabei sprach er lauter als sonst.
    »Heißt das, du kegelst nicht gern?«
    »Ich würde gern jede Art von Wettkampf vermeiden.«
    »Macht es dir denn keinen Spaß, immerzu zu gewinnen?«
    »Isabel, du könntest es mir auch ein bisschen leichter machen. Schon aus reiner Höflichkeit«, flüsterte Daniel.
    »Nichts lieber als das. Worauf willst du hinaus?«, antwortete ich im gleichen Flüsterton.
    »Stellst du dich blöd?«
    »Nein«, sagte ich. Dabei flüsterte ich ganz und gar nicht.
    »Magst du mich überhaupt?«
    »Ja.«
    »Sollen wir uns dann nicht ganz normal verabreden?«
    »Klar«, antwortete ich. Doch eine letzte Frage konnte ich mir nicht verkneifen: »Was soll das heißen, sich ganz normal verabreden?«
    Für Daniel hieß das, vor oder nach einem selbstgekochten Abendessen etwas Gemeinsames zu unternehmen, beispielsweise einen Kinobesuch, einen Barbesuch zur Happy Hour oder ein Tennismatch. Da war ich allerdings schon zu demSchluss gelangt, dass Tennis nur von passionierten Tennisspielern gespielt werden sollte. Und so war ich froh um eine Atempause. Daniel und ich sollten nur noch ein einziges Mal miteinander – oder besser: gegeneinander – spielen, aber dazu komme ich später.
    Normale Verabredung Nr. 1
Drei Tage nachdem Daniel mich im Club gebeten hatte, mit ihm auszugehen, trafen wir uns in einer Weinbar in Hayes Valley. Ein ziemlich aufdringlicher Kellner schlug uns in die Flucht, nachdem er nicht aufhören wollte, uns »Vorschläge« zu unterbreiten. Danach hatte auch Daniel einen Vorschlag: Ich sollte ihm in seine Wohnung folgen, wo er mir ein »eigenhändig zubereitetes Essen« servieren wollte. In nicht allzu ferner Zukunft würde mir bei diesen Worten der kalte Schweiß ausbrechen, doch an diesem ersten Abend schien es auf der Welt kaum etwas Verheißungsvolleres zu geben als Daniel und sein eigenhändig zubereitetes Essen.
    Dr. Castillo residierte im ersten Stock eines dreistöckigen Apartmenthauses. Zwei Zimmer, ein Badezimmer, alles reinlich, aber ohne Anzeichen von Sauberkeitsfimmel, und geschmackvoll eingerichtet, ohne dass irgendwelche Innenarchitekten Hand angelegt hätten. Für einen echten Doktor mit eigener Praxis wirkte das Ganze geradezu übertrieben bescheiden.
    Daniel ließ eine Tellerladung Enchiladas aus seiner reichhaltig gefüllten Tiefkühltruhe auftauen. Ich fragte ihn, ob man dieses Verfahren wirklich als »eigenhändig zubereitet« bezeichnen dürfe, woraufhin er mir erklärte, er habe diese Enchiladas tatsächlich selbst gemacht (nach einem Rezept seiner Mutter), also dürfe er das. Als das Essen aufgetragen wurde, schluckte ich alle Einwände mit hinunter. Daniels Enchiladas waren wirklich köstlich, das musste man ihm lassen. Leider erschöpfte sich darin seine ganze Kochkunst.
    Normale Verabredung Nr. 2 (fünf Tage später)
Nach einem Spaziergang im Golden Gate Park lud mich Daniel zum nächsten eigenhändig zubereiteten Essen zu sich nach Hause ein. Diesmal probierte er ein Rezept für Huhn à la cacciatore aus, das aus einer alten Gourmet -Ausgabe im Wartezimmer seiner Praxis stammte. Es hätte sogar was werden können, wenn Daniel ein nicht vorhandenes Gewürz nicht einfach durch ein anderes ersetzt hätte, das farblich oder klanglich eine gewisse Ähnlichkeit aufwies, nicht aber im Geschmack. Anstelle von Oregano verwendete er an diesem Abend Thymian. Statt schwarzen nahm er einfach Cayenne-Pfeffer.
    Es machte einen Teil von Daniels Charme aus, dass er das missratene Gericht keine

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