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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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Ziel waren – eine Reihe von Gewerbegebäuden in West Oakland –, meinte er: »Das kommt mir so bekannt vor.« Ich gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass er nicht improvisieren sollte.
    Wir klopften an die dritte Tür von rechts. »Jerome Franklin« öffnete höchstpersönlich, mit Trikot und Mütze der Pittsburgh Steelers, dazu eine sackartige Jeans, die ihm von der Hüfte hing, und eine Menge Goldschmuck, passend zu den Goldzähnen. Es lag mir auf der Zunge zu sagen: Ist das nicht ein bisschen viel Geklunker?, aber ich ließ es.
    »Bist du ein Bulle?«, fragte Jerome. Da waren wir bereits drinnen.
    »Nein. Hab ich dir doch schon gesagt«, erwiderte ich und sah mich um.
    »Ist er Bulle?« Jerome bedachte Daniel mit einem eisigen Blick.
    »Nein. Ich bin Zahnarzt«, erklärte Daniel stolz.
    Jerome zog eine Pistole aus dem Hosenbund und rammte sie Daniel zwischen die Rippen. »Ich hasse Zahnärzte.«
    »Kann ich verstehen, so wie deine Zähne aussehen.«
    Jerome schubste Daniel auf die Couch und forderte ihn auf, die Klappe zu halten. Damit war ich voll und ganz einverstanden.
    Da kam ein anderer junger Schwarzer ins Zimmer, Chris. Er trug eine Anzughose, eine zugeknöpfte Weste auf bloßer Haut und einen schwarzen Durag um den Kopf.
    »Alles cool, Bruder?«
    »Ridy-right!«
    »Wer ist die Bitch?«, fragte Chris. Er meinte mich.
    »Hatte mal was mit Snow.«
    »Snow? Ist der nicht tot?«
    »Vermisst. Vielleicht auch tot.«
    »Was will die?«
    »Was alle wollen.«
    Ich hatte mir gar keine Strategie zurechtgelegt, um meine Fragen zu Andrew Snow unauffällig zu platzieren. Das einleitende Geplänkel hatte mich schon genug Zeit gekostet. Doch jetzt bereute ich, kein Drehbuch verfasst zu haben. Zur Entspannung ließ ich den Blick schweifen. Das Bemerkenswerte an diesem Loft war, dass er nichts Bemerkenswertes enthielt. Statt Bildern sah man nur noch die Schatten von Rahmen an den Wänden, dazu ein paar alte Klappstühle, die kreuz und quer im Raum verteilt waren, als Platzhalter für eine nachhaltigere Möblierung. Überall standen Aschenbecher voller fossiler Kippen, ein merkwürdiger Kontrast zur Küchenspüle, die auf Hochglanz poliert war.
    Ich wandte mich wieder Jerome zu, der gerade eine Tasche auf den blauen Retro-Bistrotisch leerte: lauter winzige Beutel, die weißes Pulver enthielten. »Willste kosten?«
    Er zog ein Fläschchen aus der Hosentasche, schüttete den Inhalt auf einen Spiegel, formte das Pulver mit einer Rasierklinge zu einer perfekten Linie und reichte mir einen Strohhalm.
    Ich hielt kurz inne, um mich zu vergewissern, dass mir auch wirklich alle zusahen. Dann beugte ich mich mit dem Strohhalm über die Linie.
    In diesem Augenblick brüllte eine allzu vertraute Stimme: »Nein, Izzy, tu’s nicht!«
    Rae tauchte aus dem Badezimmer auf. Sie musste von hinten durch ein offenes Fenster geklettert sein.
    Alle erstarrten. Eine unnatürliche Stille breitete sich im Raum aus, weil keiner wusste, was als Nächstes zu tun war. Rae sah die Pistole auf dem Tisch liegen. Ich ahnte, was in ihr vorging. Sie war am nächsten dran.
    Währenddessen setzte mein Gehirn kurzzeitig aus. Als Nächstes sah ich Rae mit der Pistole auf Jerome zielen. Das war im Plan nicht vorgesehen.
    »Geh von meiner Schwester weg«, brüllte Rae.
    Jerome sah mich fragend an.
    »Lass die Rasierklinge fallen«, fuhr Rae fort und fuchtelte mit der Pistole vor Jeromes Nase herum. Offenbar hatte er die glänzende Klinge in seiner Hand ganz vergessen.
    Jerome ließ die Klinge auf den Tisch fallen.
    »Komm schon, Izzy. Wir hauen ab. Jetzt sofort!«, rief Rae. Sie drehte sich zu Daniel: »Sie bleiben hier.«
    Zuerst war ich geschockt. »Hör mit dem Blödsinn auf!«, brüllte ich.
    »Ich will dich doch nur retten. Komm jetzt.«
    Mit einem Lächeln wandte ich mich an Jerome, dessen richtiger Name Leonard Williams lautet (Erinnern Sie sich? Meine »Quelle« aus Highschool-Zeiten), und sagte: »Schnitt!« Dabei fuhr ich mir mit dem Finger über die Kehle. Dann drehte ich mich zu Rae.
    »Diese Pistole ist nicht geladen. Daniel ist nicht böse. Das ist kein Kokain, sondern Puderzucker 27 . Darf ich dir Len und seinen Freund Christopher vorstellen? Sie sind beide Schauspieler – Absolventen der hiesigen Theaterakademie. Mit Len bin ich zur Highschool gegangen. Damals habe ich ihm einen Gefallen getan, für den er sich jetzt nach über zehn Jahren revanchiert. Leider musste ich übelste rassistische Klischees bedienen, weil du dir all diese Filme

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