Live!
innerlich und kündigte Adriani meine Entscheidung an. Sie warf mir einen jener giftigen Blicke zu, die sie aufgrund der warmen Witterung eigentlich eingemottet hatte.
»Zuerst hast du deinen Genesungsurlaub aufgekündigt, als Nächstes kommen unsere Ferien dran«, kommentierte sie frostig.
Ich sah schon keinen anderen Ausweg mehr, als ihr vorzuschlagen, Frau Gikas auf Spetses Gesellschaft zu leisten. Aber diese Bemerkung schluckte ich vorsorglich hinunter, denn sonst hätten wir mindestens eine Woche lang kein Wort mehr miteinander gewechselt. Und ich hätte wieder ungeduldig auf unsere Versöhnungszeremonie mit den gefüllten Tomaten warten müssen. Im Grunde hatte ich ja gar nicht vor, mein Versprechen zurückzunehmen.
»Eh besser, daß wir noch nicht abgereist waren. Gikas mußte seinen Urlaub unterbrechen und zurückkommen. Sogar der Minister höchstpersönlich hat sich eingeschaltet. Aber lassen wir das! Sobald die Sache erledigt ist, fahren wir sofort los, darauf gebe ich dir mein Wort.«
Sie entgegnete nichts, um mir zu verstehen zu geben, daß sie das Versprechen zwar gehört hatte, aber ihre Zweifel hegte. Doch ihre Haltung war nicht mehr ganz so starr.
Mein zweites Problem war, wie ich Gikas dazu überreden konnte, mir Koula bis zum Ende der Ermittlungen zu überlassen. Er verzog das Gesicht.
»Ich möchte vermeiden, daß sie auf den Geschmack kommt.«
»Koula war von Anfang an bei den Ermittlungen dabei und kennt alle Einzelheiten. Das bringt Ihnen auch nichts, wenn ich alle naselang hochkomme und etwas von ihr will oder wenn ich sie zu uns herunterbitten muß.«
Er begriff, daß es nicht anders ging, und gab ein halbherziges »Na schön!« von sich. Meinen beiden Gehilfen blieb der Mund offenstehen, als sie hörten, daß Koula eine Zeitlang an unseren Ermittlungen teilnehmen würde. Dermitsakis lag schon eine Frage auf der Zunge, aber ich rief ihm in Erinnerung, daß wir Auftragserledigung ohne großes Nachfragen vereinbart hatten.
Keine Ahnung, wie sie herausgekriegt haben, daß ich zurück bin. Doch plötzlich stürmen sie alle gleichzeitig in mein Büro – mit Sotiropoulos an der Spitze, der verdientermaßen ihr Anführer ist. Ich hatte mich mit Gikas auf folgende Version verständigt: Mein Genesungsurlaub sei zu Ende und ich zum vorgesehenen Zeitpunkt auf meinen Posten zurückgekehrt. Zunächst einmal bringen wir die Segens- und Genesungswünsche hinter uns.
»Sie sind ja mittlerweile eine Legende«, sagt eine kurzgeratene Dunkelhaarige, die im Winter rote Strümpfe und im Sommer rote Röcke trägt.
Ich wende ihre Bemerkung ins Scherzhafte. »Na, übertreiben Sie mal nicht, sonst bilde ich mir noch was drauf ein und empfange Sie nur mehr einzeln und nach Voranmeldung.«
Die Reaktion reicht von leisem Glucksen bis zu lautstarkem Gelächter, und die Stimmung entspannt sich, bevor wir zur Sache kommen.
»Jedenfalls haben Sie nichts Besonderes verpaßt«, meint ein junger Mann mit angepaßtem Äußeren – ergo, mit Haargel und Markenkrokodil auf dem T-Shirt.
»Mit Ausnahme der Geschichte um Philipp von Makedonien «, ergänzt eine gutfrisierte Blondine.
»Was ist eigentlich mit den dreien passiert?« ertönt eine andere Frauenstimme. »Ich war im Urlaub und habe ein paar Folgen verpaßt.«
»Soviel ich weiß, wird ihre Akte gerade bearbeitet, und sie werden der Staatsanwaltschaft demnächst wegen des Mordes an den beiden Kurden überstellt«, antworte ich. Ich habe zwar keine Ahnung, ob meine Behauptung zutrifft, doch wir hatten uns mit dem Minister auf diese Erklärung geeinigt.
»Und was ist mit den Selbstmorden?« fragt der junge Mann mit dem Haargel.
»Die Selbstmorde sind Freitode, da können wir nichts machen.«
»Herr Janoutsos war da anderer Meinung.«
»Ich weiß nicht, welcher Meinung Herr Janoutsos war. Ich weiß nur, daß wir einen Selbstmörder weder befragen noch festnehmen können. Daher erledigt sich der Fall von selbst«, entgegne ich unverfroren.
Zum Glück rettet mich Sotiropoulos aus der prekären Lage. »Kommt jetzt, wir wollen den Kommissar nicht gleich am ersten Arbeitstag mit solchem Kram behelligen«, ruft er mit der ihm eigenen Autorität. »Wer wissen will, was Janoutsos denkt, soll ihn direkt fragen.«
Anscheinend wird die Anspielung verstanden, denn man hört spöttisches Lachen. Alle haben offenbar mitgekriegt, daß Janoutsos abgemeldet ist. Nachdem ich die nochmaligen Segens- und Genesungswünsche entgegengenommen habe, verlassen alle mein Büro mit
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