Live!
gutheißt und daran teilhaben möchte. Wenn Sie das in Zusammenhang mit dem kopierten Scheck betrachten, den wir unter seinen Papieren gefunden haben, dann läßt das tief blicken.«
Nun ist ihr die Lust auf politische Analysen vergangen. Sie blickt mich wortlos an.
»Ich habe wiederholt sowohl zu Ihnen als auch zu Herrn Samanis und Frau Janneli gesagt: Ihre Unternehmen und Ihre Geschäfte untersuchen wir nicht. Uns interessiert nur, warum es zu den drei Selbstmorden gekommen ist. Und das nur aus einem einzigen Grund: Vielleicht kommt es zu weiteren Freitoden, die wir nach Möglichkeit verhindern wollen.«
Sie blickt mich nach wie vor grüblerisch an, dann stößt sie einen Seufzer aus. »Sie haben recht, er hat uns erpreßt. Sowohl Loukas als auch mich. Wir waren freilich nicht die einzigen. Vakirtsis hat die ganze Zeit Politiker, Unternehmer und Zeitungsverleger erpreßt. Nicht, weil er Geld von ihnen wollte, sondern, um sie zu Gefälligkeiten und Auskünften zu bewegen, die er später gegen sie verwenden konnte.«
»Und Sie haben ihm … Gefälligkeiten erwiesen?«
»Unternehmer können negative Schlagzeilen nicht gebrauchen, Herr Kommissar. Das hat Vakirtsis genau gewußt.«
»Und?«
»Ich habe seiner Firma ELEKTROSYS zwei Großaufträge auf dem Balkan verschafft. Und –« Sie hält abrupt inne.
»Es würde mir helfen, wenn Sie weitersprächen«, dringe ich sanft in sie.
Sie zuckt mit den Schultern. »Es hat ohnehin keine Bedeutung mehr. Ich habe ihm zusätzlich ein Honorar zugesichert, wenn er in seiner Sendung über ein Balkanland berichtet. Ich sage Ihnen nicht, wie hoch das Honorar war. Aber es kam nicht aus den EU -Geldern des jeweiligen Landes. Das habe ich aus eigener Tasche bezahlt.« Plötzlich lächelt sie. »Dieses Geld zumindest kann ich mir jetzt sparen. Doch die Aufträge der ELEKTROSYS unterstütze ich weiterhin, da ich meinen Kopf hinhalten muß, wenn irgend etwas schiefgeht.«
Sie ist mir gegenüber äußerst aufrichtig, und da will ich nicht zurückstehen. »Aus Ihren Worten geht kein Motiv für den Selbstmord Ihres Mannes hervor, auch nicht für den von Jason Favieros oder Vakirtsis.«
Sie lächelt befriedigt. »Das habe ich von Anfang an gesagt. Nur Sie haben mir nicht geglaubt.«
»Gab es Ihres Wissens irgendein dunkles Geheimnis in der Vergangenheit der drei, das sie zum Selbstmord getrieben haben könnte? Ich frage danach, weil alle drei miteinander bekannt waren, sich gemeinsam politisch engagiert und die Hafterfahrung bei der Militärpolizei geteilt haben.«
»Schwer zu sagen. Kategorisch verneinen kann ich das nicht. Aber ich studierte zu jener Zeit in London und habe keine Ahnung, was hier los war. Loukas habe ich erst später kennengelernt, in der Übergangszeit nach der Junta.«
»Könnte Frau Favierou etwas wissen?«
Sie lacht spontan auf. »Um Himmels willen, nein. Sotiria gehörte nicht zu diesen Kreisen, und sie begann jedesmal vor Angst zu zittern, wenn Jason vom Widerstand sprach.« Sie denkt kurz nach. »Der einzige, der etwas wissen könnte, ist Xenofon Samanis. Aber selbst wenn er etwas wüßte, wird er nicht reden. Er gehört zur alten Schule und glaubt noch immer daran, daß politische Illegalität und eisernes Schweigen zusammengehören.«
Mit Genugtuung stelle ich fest, daß ich die Stathatou schließlich zum Reden gebracht habe. Nur zeitigt das keinerlei Auswirkungen, da ich von ihr nichts erfahre, was mich weiterbringen könnte.
Ich erhebe mich zum Abschied, bekomme jedoch keine guten Wünsche mit auf den Weg. »Ich hoffe, das war unsere letzte Begegnung, Herr Kommissar«, meint sie. »Ihre Gegenwart ist mir keineswegs angenehm, da ich nicht gerne über meinen Mann oder meine Unternehmen spreche.«
»Verstehe«, entgegne ich aus vollem Herzen.
Als ich auf die Vikela-Straße trete, liebäugele ich mit dem Gedanken, Samanis einen Besuch abzustatten. Doch dann überlege ich es mir noch einmal, denn ich kann Stathatous Ansicht einiges abgewinnen. Samanis hat die Nase von mir mindestens genauso voll wie die Stathatou und wird mich zum Teufel wünschen, sobald er meinen Namen hört. Da muß ich wohl oder übel auf Vlassopoulos’ und Dermitsakis’ Ermittlungsergebnisse warten. Selbst wenn sie das dunkle Geheimnis der drei nicht aufdecken, fördern sie vielleicht gewisse Indizien ans Licht, die mir helfen könnten, Samanis’ Schweigen zu brechen.
Es ist bereits sechs Uhr abends, und ich beschließe nach Hause zu fahren. Vor meinem Ausflug zur Stathatou
Weitere Kostenlose Bücher