Live!
uns schon kennenlernen, könntet ihr euch doch gleich verloben«, wirft Adriani in die Runde.
»Mama, nur nichts überstürzen! Alles zu seiner Zeit.«
»Katerina, dein Vater ist Polizeibeamter. Und wenn eine feste Beziehung nicht offiziell wird, fangen über kurz oder lang die Leute an zu reden.«
»Wer sagt denn, daß die Polizei alle auf dem Kieker hat, die eine Beziehung ohne Trauschein haben?« frage ich sie.
Sie ist drauf und dran, mir an die Kehle zu springen, als die Türklingel läutet. Katerina geht öffnen, und Adriani hüllt sich in Schweigen.
»Papa, für dich!« ruft Katerina von draußen.
Ich schrecke auf. Ich lasse meinen Kaffee stehen und renne zur Haustür. Dort treffe ich auf einen jungen Mann mit Sturzhelm und einer Tasche über der Schulter, im klassischen Outfit eines Zustelldienstes.
»Unterschreiben Sie hier!« sagt er und hält mir den Umschlag samt Beleg unter die Nase.
In genau so einem Umschlag ist Vakirtsis’ Biographie abgeliefert worden. Statt der Briefsendung packe ich den jungen Mann am Kragen und zerre ihn in die Wohnung.
»Sag sofort, woher du den Umschlag hast und wer ihn dir übergeben hat! Ich will die genaue Anschrift und eine vollständige Beschreibung!«
»Was ist denn in dich gefahren, Papa?« höre ich Katerinas Stimme. Doch jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Erklärungen.
Der junge Mann ist zu Tode erschrocken und weiß nicht, ob er es mit einem Polizeibeamten oder einem Wahnsinnigen zu tun hat. »Niseas-Straße 12«, stammelt er. »So steht’s auch auf dem Beleg.«
Das ist die verlassene Ruine, die Logaras stets als Adresse angibt.
»Ein altes Haus?«
»Genau.«
»Und wo hat man auf dich gewartet? Drinnen oder draußen?«
»Draußen, auf dem Gehsteig.«
»Wer hat dir den Umschlag ausgehändigt? Ich möchte eine detaillierte Beschreibung der Person.«
Er denkt kurz nach. »Eine Asiatin. Thailänderin oder Philippinin, da bin ich überfragt. Klein war sie und dicklich. Sie hatte Jeans und ein dunkelbraunes T-Shirt an.«
Die einfachste Sache der Welt: Man läßt seine philippinische Haushaltshilfe den Umschlag vor einem unbewohnten Haus überreichen. Wie sollte die Polizei sie je finden?
»Von wem stammte der Auftrag für die Abholung der Briefsendung?«
»Das weiß ich nicht. Die Zentrale nimmt die Aufträge entgegen und benachrichtigt dann den örtlichen Zusteller.«
Ich kritzele meine Unterschrift auf den Beleg und nehme den Umschlag entgegen. Der junge Mann entwischt durch die Tür und eilt zum Fahrstuhl, bevor ich es mir anders überlege.
»Was ist denn in dich gefahren?« fragt Katerina erneut und blickt mich befremdet an.
»Mit einem Kurierdienst und in einem solchen Umschlag ist mir Vakirtsis’ Biographie zugestellt worden.«
Sie begreift, was das bedeutet, und beugt sich über meine Schulter, um den Inhalt der Sendung zu sehen. Jedenfalls scheint diesmal die Lebensgeschichte weniger umfangreich als die letzten Male zu sein, da sich der Inhalt ziemlich dünn anfühlt. Ich reiße das Kuvert auf, doch anstelle von bedrucktem Papier finde ich ein zusammengefaltetes rotes Stoffstück vor. Ich falte es auseinander und habe ein mit Che Guevaras Abbild bedrucktes T-Shirt vor mir.
Dabei ist noch ein Gegenstand herausgefallen, den Katerina für mich aufhebt. Es ist eine CD -Hülle samt Inhalt. Ich blicke auf das rote T-Shirt mit Che Guevara, dann auf die CD und komme auf keinen grünen Zweig.
»Was soll das heißen? Er schenkt dir ein T-Shirt von Che Guevara?« fragt Katerina, die sich offenbar genauso wundert.
»Damit will er mir etwas sagen. Es ist eine Botschaft, aber ich kann sie nicht entschlüsseln.«
Aber bevor ich mich weiter damit beschäftige, bringe ich zunächst die Formalitäten hinter mich. Ich suche mir auf dem Lieferschein, der auf dem Umschlag klebt, die Nummer des Zustelldienstes heraus.
»Kommissar Charitos von der Mordkommission. Ich habe gerade ein Päckchen von Ihnen erhalten und wollte diesbezüglich nachfragen.«
»Nennen Sie mir bitte die Nummer auf dem Lieferschein.«
Ich gebe sie durch, dann warte ich ein paar Minuten, bis sich die Telefonstimme wieder meldet.
»Bitte sehr, Herr Kommissar. Was genau wollen Sie wissen?«
»Ich möchte wissen, wie Sie beauftragt wurden, die Sendung abzuholen.«
»Soviel ich hier sehe, per Telefon.«
»Haben Sie vielleicht die Nummer notiert?«
»Nein, Herr Kommissar, nur die Adresse: Niseas-Straße 12, hinter der U-Bahnstation Attiki.«
»Schön, vielen Dank.«
Katerina hat
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