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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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vorüberfahren, kriechen Gewissensbisse in mir hoch, daß ich Fanis ausnütze, um meine kriminalistischen Gelüste zu befriedigen. »Willst du mich nicht lieber aussteigen lassen, und ich nehme ein Taxi? Du bist übernächtigt, und ich quäle dich grundlos.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dieser Fall hat auch in mir den Spürhund geweckt.«
    »In Katerina auch. Vorgestern hatten wir eine Diskussion über rechtsextreme Gruppierungen.«
    Fanis lacht auf. »Ganz im Vertrauen, aber sag ihr nicht, daß du’s weißt: Jeden Abend sitzen wir beide vor dem Fernseher, nehmen das Telefon zur Hand und gehen verschiedene Tatversionen durch – ein totaler Laie und eine, die ein bißchen Ahnung hat.«
    »Katerina ist die, die ein bißchen Ahnung hat?«
    »Würde ich sagen. Sie studiert zumindest Jura. Was habe ich, ein einfacher Kardiologe, mit der Sache zu tun?«
    »Und warum hält sie das vor mir geheim und sagt mir nichts davon?« Ich fühle wieder diesen Stich, wie jedesmal, wenn mir bewußt wird, daß jemand anderer Katerina nun nähersteht.
    »Weil sie sich geniert«, entgegnet Fanis.
    »Sie geniert sich?«
    »Ja, vor ihrem Papa, dem Polizisten. Sie will sich vor dir nicht blamieren.«
    Wir sind in die Achilleos-Straße gefahren, auf der sich der Verkehr zu dieser Stunde in Richtung Zentrum staut, und so biegen wir in die Konstantinoupoleos-Straße ab. Die Frearion-Straße liegt aus unserer Sicht linkerhand, und Fanis wendet den Wagen und parkt in der Vassiliou-tou-Megalou-Straße.
    »Ich warte hier auf dich.«
    »Es dauert nicht lange«, entgegne ich, in der Gewißheit, daß mich Janoutsos so schnell wie möglich abservieren wird.
    Das Wohnhaus ist einer von jenen in Windeseile hochgezogenen Bauten, die ursprünglich einmal Zweifamilienhäuser waren. Dann haben die Besitzer die Baupolizei oder einen führenden Parteifunktionär bestochen, um illegal noch zwei Stockwerke draufzusetzen und dadurch die Mitgift der Tochter und das Studium des Sohnes zu finanzieren. Die Frearion-Straße ist leer, ich sehe weder Kranken- noch Übertragungswagen. Daraus schließe ich, daß die Leichen bereits in die Gerichtsmedizin überführt worden sind.
    Als ich die Treppe zum Souterrain hinuntersteige, treffe ich auf Diamantidis von der Spurensicherung.
    »Was verschlägt Sie hierher, Herr Kommissar? Sind Sie wieder im Dienst?« fragt er, als sei dies das Selbstverständlichste von der Welt.
    »Nein, aber ich beginne gerade mit Aufwärmübungen«, antworte ich, und er lacht.
    »Wie sieht’s unten aus?«
    Er steht einen Augenblick unentschlossen da, als wolle er mir etwas sagen, doch dann läßt er es bleiben. »Sehen Sie lieber selbst«, meint er.
    Die Wohnungstür steht offen, und Stimmen dringen heraus. Die Wohnung besteht aus einem einzigen Raum, ganz genau so, wie es im Fernsehen gezeigt wurde, mit einer winzigen Kochnische und einer Tür daneben, die wohl zum Badezimmer führt.
    Die Leichen sind, wie ich schon dachte, bereits abtransportiert worden. In der Mitte des Raumes stehen Janoutsos und Gerichtsmediziner Markidis und starren einander wie zwei Kampfhähne an, die gleich wieder aufeinander losgehen wollen.
    »Ihnen sage ich kein einziges Wort!« schnauzt Markidis Janoutsos an. Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich ihn die Beherrschung verlieren. »Sie werden gefälligst meinen Autopsiebefund abwarten!«
    Weiter hinten stehen meine beiden Assistenten, Vlassopoulos und Dermitsakis. Sie haben den beiden halb den Rücken zugedreht und tun so, als würden sie sich unterhalten, damit nicht auffällt, daß sie die Ohren spitzen.
    Mit einem Schlag, als wäre eine warnende Parole ausgegeben worden, wenden sich alle um und blicken mich an. Janoutsos’ Augen sind weit aufgerissen. Noch befremdlicher ist das Verhalten meiner Gehilfen. Sie blicken mich ratlos an und können sich zu keinem Grußwort durchringen. Schließlich beschränken sie sich auf ein formelles Lächeln und ein Kopfnicken und wenden mir wieder den Rücken zu.
    Der herzlichste von allen ist Markidis, der mir die Hand entgegenstreckt. »Gute Besserung«, sagt er. Sein Gesicht wirkt freundlicher, seit er nicht mehr seine uralte riesige Brille trägt und sich zu einer dieser neuartigen, ovalen Nickelbrillen entschlossen hat.
    »Was machst du hier?« fragt mich Janoutsos. »Soviel ich weiß, bist du immer noch krank geschrieben, und hier brauchen wir dich nicht.«
    »Ich bin hier, damit du mir das wiederholst, was du mir vorgestern in Gikas’ Büro gesagt hast«, stichle

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