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herzlich wenig.
Die zweite Biographie ist noch schneller als die erste auf den Markt gekommen. Die erste benötigte zehn Tage, die zweite gerade mal eine Woche. Das heißt, jemand hat Material über beide Selbstmörder gesammelt, die Biographien geschrieben und den Verlagen geschickt, lange bevor sich Favieros und Stefanakos umbrachten. Hinter all dem steckt ein Kopf, der Favieros’ und Stefanakos’ Selbstmord geplant hat und in der Lage war, sie dazu zu treiben. Nur daß ich keine Ahnung habe, wer das sein könnte. Genausowenig weiß ich, ob es noch ein weiteres Opfer geben wird. Mit anderen Worten: Ich tappe völlig im dunkeln.
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Biographie, die = Darstellung der Lebensgeschichte eines Menschen, d. i. hist, und soz. Einbettung in die äußeren Lebensumstände und Ereignisse sowie Beschreibung der geistigseelischen Entwicklung.
Biograph, der = Verfasser einer Biographie.
Biographen, die = Verfasser kurzer Viten von Rednern, Philosophen, Dichtern, Historikern, Grammatikern etc. in der griechischen Antike.
Logaras reiht sich mit Sicherheit nicht in die Tradition der antiken Biographen ein. Zum einen, weil Favieros und Stefanakos weder in die von Dimitrakos definierte Kategorie der Redner, noch in die der Philosophen oder Dichter fallen. Zum anderen, weil seine Viten nicht gerade kurz sind. Die zweite ist sogar noch länger als die erste, bald dreihundertfünfzig Seiten dick. Und sie ist besser ausgestattet: Der Umschlag ist kein marktschreierischer Hochglanzeinband, sondern aus mattgrauem Papier mit dunkelblauer Schrift, und in der Mitte prangt eine Aufnahme von Loukas Stefanakos während einer Rede aus jüngster Zeit. Offenbar hat man die Fotografie dem Archiv irgendeiner Zeitung oder Zeitschrift entnommen.
Diesmal habe ich vorgesorgt. Ich habe mir die Biographie sofort besorgt, so daß ich sie heute nachmittag in aller Ruhe lesen kann und nicht bis zum Morgengrauen im Wohnzimmersessel ausharren muß. Der Besuch beim Verleger kann warten. Logaras – wer auch immer sich dahinter verbarg – hat sicher auch beim zweiten Verlag das bekannte Versteckspiel veranstaltet, das wieder in der leerstehenden Wohnung in der Niseas-Straße endet.
Vordringlich ist jetzt die Suche nach einer weiteren Biographie. Ich könnte mir alle Haare einzeln ausraufen, weil ich danach nicht sofort nach Favieros’ Selbstmord gefahndet habe. Ich hatte mich in dem sicheren Glauben gewiegt, Favieros sei Logaras und die Biographie eine verkappte Autobiographie. Damit bin ich auf die Nase gefallen und muß mich jetzt sputen, um das Schlimmste zu verhindern. Ich habe Koula darauf angesetzt, eine Liste aller griechischen Verlage aufzutreiben. Nach einer halben Stunde war sie beim Verband der Verleger und Buchhändler fündig geworden. Sie setzte sich mit einem Verlag nach dem anderen in Verbindung, doch es tauchte keine dritte Biographie auf. Das ist an und für sich schon ein gutes Zeichen, da es bedeutet, daß sich Logaras – vorläufig zumindest – noch kein nächstes Opfer auserkoren hatte. Natürlich kann aber jederzeit ein neues Werk in die Hände eines Verlegers gelangen. Daher haben wir alle gebeten, uns umgehend zu benachrichtigen, falls sie irgendein Schreiben von Minas Logaras erhalten sollten. Nicht, daß ich mir viel von dieser Maßnahme verspreche. Wer auch immer hinter dem Pseudonym Minas Logaras steckt, ist bestimmt nicht auf den Kopf gefallen. Er kann sich ausmalen, daß wir nach der zweiten Biographie Vorkehrungen treffen, und wird sich mit einem weiteren Buch Zeit lassen.
Es ist kurz nach fünf, als ich meinen Platz im Wohnzimmersessel einnehme und das Buch aufschlage, doch Adriani hält mich davon ab.
»Hast du vor, Stefanakos’ Biographie zu lesen?«
»Ja, und ich fange früh an, wie du siehst, damit du keinen Grund zum Schimpfen hast, weil ich bis zum Morgengrauen im Wohnzimmer sitze.«
»Warum liest du sie denn nicht im Park?« fragt sie mit zuckersüßem Lächeln. Einen Satz später verwandelt sich ihre Sanftmut in Nostalgie. »Wir sind schon lange nicht mehr dort gewesen, und heute wäre es schön, weil es nicht allzu heiß ist.«
Ich kann ihrer Idee einiges abgewinnen. Einerseits tue ich ihr einen Gefallen, und andererseits auch mir, da ich, wenn ich acht Stunden ununterbrochen im Sessel säße, Gliederschmerzen bekäme. Außerdem täten mir der Spaziergang und die frische Luft durchaus gut.
Ich weiß nicht, was sich sonst noch im Park verändert hat, die Katze jedenfalls sitzt nicht an ihrem Platz.
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