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Beratungsbüro für Investitionshilfen der Europäischen Union, das die Stathatou zusammen mit Sotiria Markaki-Favierou gegründet hat. Unmittelbar danach folgt nämlich der erste böse Seitenhieb. Logaras behauptet, möglicherweise mit einem Anflug von Ironie, Stefanakos habe seiner Gattin beim Aufbau der zweiten Firma auf geradeso diskrete Weise beigestanden wie sie dem Ehemann bei dessen politischer Profilierung. In bezug auf ein Unternehmen, das Investitionshilfen durch EU -Programme vermittelt, läßt dieser Hinweis tief blicken.
Doch das ist noch nicht einmal die bissigste Anspielung. Eine halbe Seite später legt Logaras dar, daß die Stathatou und die Favierou auch in Skopje Büros eröffnet hätten, die sämtliche Beitrittskandidaten zur Europäischen Union betreuten. Ein Großteil der für diese Länder vorgesehenen Programme sei, inklusive der Mittel für den Wiederaufbau von Bosnien und dem Kosovo, via Griechenland vermittelt worden.
Ich beende die Lektüre der Biographie um halb eins. Dann nehme ich Papier und Bleistift und setze mich an den Küchentisch, um die Verflechtungen zwischen Favieros und Stefanakos samt Ehefrauen zu skizzieren.
FAVIEROS : Bauunternehmen DOMITIS AG
BALKAN PROSPECT : Netzwerk von Maklerbüros in Griechenland und auf dem Balkan
Baufirmen im Balkanraum
STATHATOU : Werbeagentur STARAD
STATHATOU /
MARKAKI - FAVIEROU : Beratungsbüro UNION CONSULTANTS
Tochterfirma in Skopje, Tätigkeitsfeld: Balkan, insbes. Bosnien, Kosovo
STEFANAKOS : einflußreicher Parlamentarier mit hervorragendem Ruf auf dem Balkan
Ich blicke auf die Skizze und beginne Verbindungen herzustellen. Zunächst einmal besitzen sowohl Favieros als auch die Stathatou jeweils ein Unternehmen, das über jeden Verdacht erhaben ist: Favieros die Firma DOMITIS und Stathatou die Agentur STARAD . Doch hinter diesen sauberen und vertrauenswürdigen Unternehmen verbergen sich andere mit nebulösen Aktivitäten. Sowohl die BALKAN PROSPECT als auch die UNION CONSULTANTS entsprechen formal allen gesetzlichen Ansprüchen, doch ihr Geschäftsgebaren und die Art ihrer Gewinnerzielung lassen viele Fragen offen.
Noch nebulöser werden die Dinge auf dem Balkan. Dort kaufte Favieros mittels seiner Maklerbüros für einen Kanten Brot Grundstücke und Bauland, die er auf vielfältige Weise nutzte. Nicht ausgeschlossen, daß sich das Gespann Stathatou-Favierou, unter dem Vorwand der Vermittlung, eine dicke Scheibe von den EU -Hilfen für diverse Balkanländer abgeschnitten hat. Früher nahmen die Schreiber im Vorhof des Rathauses zwei Drachmen, wenn sie ein Gesuch auf Ausstellung einer Geburtsurkunde verfaßten. Heutzutage streichen die griechischen Antragsteller bei der EU von den Balkanbewohnern für ein Gesuch Millionen ein.
Und hinter alledem steht Stefanakos: Kämpfer, Widerständler, herausragender Politiker, vor dem das Parlament zitterte, und vor allem – Wohltäter des Balkans. Wer würde es wagen, den Finger zu heben, während er im Hintergrund die Fäden zog, damit die Kompagnons Stathatou und Favierou EU -Fördermittel sowohl für Griechenland als auch für den Balkan zugesprochen bekamen? Solche Dinge kommen in den seltensten Fällen ans Licht, da nur wenige davon wissen. Und die halten wohlweislich den Mund.
Ich lasse den Bleistift sinken und versuche meine Gedanken zu ordnen. Könnte das der Grund für Stefanakos’ Freitod sein? Irgendein Unbekannter, der sich hinter dem Pseudonym Logaras verbirgt, kennt die Wahrheit und erpreßt ihn. Und Stefanakos begeht Selbstmord, um sich und seine Frau vor einem Skandal zu schützen. Offensichtlich ist die Skandaltheorie gar nicht zu verachten.
Trotzdem bleibt die Frage offen: Wieso bringen sich Stefanakos und Favieros öffentlich um? Wer sich tötet, um einem Skandal zu entgehen, muß das nicht notwendigerweise vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern tun. Darauf habe ich nach wie vor keine Antwort.
Ich erhebe mich und rufe Sotiropoulos unter seiner Mobilfunknummer an. »Dieser Abgeordnete, der Ihnen gegenüber die Verbindung zwischen Favieros und der Stathatou erwähnt hat …«
»Andreadis … Besteht tatsächlich eine Verbindung?«
»Sieht ganz so aus. Nicht mit Favieros direkt, aber mit seiner Frau.«
Er pfeift anerkennend.
»Können Sie mir ein Treffen mit diesem Andreadis arrangieren?«
Es folgt ein kurzes Schweigen. »Jetzt wird’s brenzlig«, meint er, gar nicht scherzhaft diesmal. Und nach einer Pause: »Ich probier’s.«
27
Die Hitze hat
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