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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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musste ihm Jake aus dem Zug und die Rolltreppen hinaufhelfen. Wahrscheinlich hätte er sich gern auch von mir helfen lassen, aber ich wollte nicht. Ich liefvoraus und blieb erst stehen, als ich die Schalterhalle erreicht hatte. Wartet am Bahnhof London Bridge auf mich , hatte William gesagt. Egal, was Curtis und Jake vorhatten, ich würde warten … das war das Mindeste, was ich tun konnte.
    Das Einzige , was ich tun konnte.
    Ich fand eine Stelle mit gutem Rundumblick über die Schalterhalle, lehnte mich gegen die Mauer und begann zu warten.
    Ein paar Minuten später sah ich Jake und Curtis auf mich zukommen. Curtis wirkte immer noch ziemlich durch den Wind. Er schwankte und torkelte von einer Seite zur andern, aber zumindest ging er jetzt alleine. Und trotz der Glasigkeit seiner insektenhaft vorstehenden Augen schien er langsam wieder mitzubekommen, was lief. Genauer gesagt lag sogar ein leiser Hinweis von Bedauern in seinem Gesicht, als er lächelnd und sich mit der Hand durch die Haare fahrend auf mich zukam.
    »Alles okay mit dir, Lili?«, fragte er leise.
    »Ja, super«, sagte ich kalt. »Ging mir noch nie besser.«
    Er lächelte nervös und schaute umher. »Wo ist Billy?«
    Ich schüttelte nur den Kopf, total sprachlos. Mir war nicht klar, ob er bloß so tat, als hätte er vergessen, was passiert war, oder ob er sich tatsächlich an nichts erinnerte. Doch es interessierte mich nicht. Egal wie, es war erbärmlich. Er konnte so lange dastehen und mir sein Armer-kleiner-Junge-Lächeln schenken, wie er wollte, diesmal würde ich ihm nicht vergeben.
    Ich schüttelte noch mal den Kopf, seufzte und schaute weg.
    »Jake«, hörte ich ihn sagen. »Scheiße, was ist los?«
    Und Jake fing an, ihn aufzuklären. Er stellte sich allen Ernstes hin und erzählte ihm, was passiert war, als ob Curtis nicht dabei gewesen wäre – alles, das Singen und Grölen, die Skinheads, das Halten des Zugs und wie William ausgestiegen war …
    »Er ist aus dem Zug raus?«, fragte Curtis.
    »Ja …«
    »Wieso?«
    »Heilige Scheiße …«, murmelte ich vor mich hin.
    »Was ist?«, blaffte Curtis und drehte sich zu mir um. »Verdammt noch mal, was ist denn jetzt mit dir los?«
    »Was mit mir los ist?«
    »Ja.«
    Ich seufzte. »Du kapierst es einfach nicht, was?«
    »Ich kapier was nicht?«
    »Das Ganze … alles … weißt du, du bist so ein –«
    »Wo sind denn hier Klos?«, fragte er, ohne mich zu beachten, und schaute in der Schalterhalle herum. »Ich muss pissen oder ich sterbe .« Er grinste mich an. »Tut mir leid, Lili, aber ich muss echt. Weißt du, wo hier Klos sind?«
    Als ich nicht antwortete, drehte er sich zu Jake um. »Weißt du , wo?«
    Jake schüttelte den Kopf.
    Curtis zündete sich eine Zigarette an und blickte sich überall um. »Na gut … dann geh ich mal lieber und such sie.« Er wandte sich wieder an Jake. »Du wartest doch hier, ja?«
    Jake nickte und Curtis machte sich auf, ohne mich noch mal anzusehen.
    In diesem Moment wollte ich ihn tatsächlich verlassen. Ich wollte zurück in die U-Bahn, zurück nach Hampstead, inmein Bett, und in ein einsames Dunkel sinken. Alles vergessen. Nur noch schlafen und von nichts träumen.
    »Er kann nichts dafür«, hörte ich Jake sagen.
    Ich sah ihn erschöpft an.
    »Curtis …«, murmelte er. »Ich meine, ich weiß, wie schwierig er manchmal sein kann –«
    »Jake?«, sagte ich.
    »Ja?«
    »Halt einfach die Klappe, okay?«
    Eine Viertelstunde später war Curtis immer noch nicht zurück und ich fing an, mich zu fragen, was ihm passiert sein mochte. Ich wollte mir keine Sorgen machen, es ärgerte mich geradezu, dass ich es trotzdem tat, aber ich kam nicht dagegen an. Es war inzwischen ziemlich spät und in der Schalterhalle war nicht viel los, doch es strömten noch immer stetig Menschen rein und raus. Viele hatten eindeutig getrunken, und auch wenn Jake und ich halbwegs konservativ angezogen waren – ich meine, wir sahen nicht allzu ausgefallen aus oder so –, wirkten wir offenbar immer noch deutlich anders als die übrigen Leute, und das reichte, um ihre Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Meist waren es nur schmutzige Blicke und leise Flüche, ab und zu auch eine gebrüllte Beleidigung und irgendwann warf jemand eine halb leere Bierdose in Jakes Richtung … doch weiter ging es nicht.
    Samstagnacht-Trinker.
    Samstagnacht-Gewalt.
    Such dir jemanden, der nicht wie du ist, und prügel ihm zum Spaß die Scheiße aus dem Leib.
    Ich wollte nicht länger bleiben.
    Ich wollte nicht

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