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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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oder dass der Vertrag »nur noch unterschrieben werden« müsse …
    Rausgekommen war bisher allerdings nichts.
    In der Musikpresse wurde inzwischen auch einigermaßen regelmäßig über uns berichtet – es gab Kritiken, Porträts und Interviews – und unter den Journalisten herrschte das allgemeine Gefühl, dass wir zwar eine echte Punkband an vorderster Front der aufkeimenden neuen Szene waren, aber doch nicht ganz das Gleiche machten wie alle anderen Bands. Ja, wir waren laut und manchmal sehr schnell. Und ja, wir verkörperten die Gefühlswelt des Punk. Doch wir spielten nicht einfach das 1-2-3-4-Muster, dieses bloße Bam-bam-bam. Und wenn das auch manchmal zum Vorwurf führte, Naked sei eigentlich überhaupt keine Punkband – was ich immer ziemlich albern fand –, war das doch meistens ein Vorteil für uns.
    »Wenn man auffallen will«, sagte Jake einmal, »ist es nicht gut, genau wie alle andern zu sein, man muss sich unterscheiden. Man muss aus der Masse herausragen.«
    Wir waren auch deutlich länger zusammen als die meisten anderen Bands – außer den Pistols natürlich –, was musikalisch ebenfalls Vorteile hatte. Wir wussten, was wir taten. Wir bildeten eine Einheit. Wir waren gut .
    Was konnte eine Plattenfirma mehr verlangen?
    Wir hatten super Songs.
    Einen eindeutigen Sound.
    Wir hatten Curtis, den geborenen Rock-’n’-Roll-Star.
    Und wir hatten William.
    Auch wenn Naked immer die Band von Curtis gewesen war – er war der Songwriter, Frontman, Sänger, Leadgitarrist – und auch wenn immer noch sein Name, seine Stimme, sein Foto die Presseberichte dominierte, war doch inzwischen ein wachsendes Interesse an William zu spüren. Die Kritiken und Artikel über uns konzentrierten sich allmählich nicht mehr ausschließlich auf Curtis, sondern immer mehr auch auf William … oder Billy the Kid, wie er von Anfang an immer genannt wurde. Sie priesen sein Gitarrenspiel, seinen Gesang, sein Aussehen … selbst seine Bewegungen auf der Bühne wurden überschwänglich gelobt. Billy the Kid, so lautete die einhellige Meinung, war ein außergewöhnlich cooler Typ.
    William hatte keine Lust, all diese Musikblätter zu lesen. Ihn interessierte die Meinung anderer Leute nicht, weder über die Band noch was seine eigene Person betraf. Auch an Interviews hatte er kein Interesse. Es reichte ihm völlig, nur wie wir andern dabei zu sein. Er war nicht unfreundlich oder abweisend zu Journalisten, er sprach nur einfach nicht mit ihnen. Sagte nichts, äußerte keine Meinung, beantwortete nie eine Frage. In der ganzen Zeit, die ich ihn kannte, waren die einzigen Worte, die ich ihn je an einen Interviewpartner richten hörte: »Sie haben nicht zufällig eine Zigarette für mich?«
    Jake versuchte ihn immer wieder zu überreden, wenigstens ein bisschen was zu sagen, doch William lehnte jedes Mal klipp und klar ab.
    »Ist doch nur Musik«, war seine Antwort. »Was gibt es da groß drüber zu reden?«
    Was irgendwie merkwürdig war, denn ich erinnerte mich, wie Curtis mir, kurz nachdem wir uns kennenlernten, etwas ganz Ähnliches gesagt hatte. »Songs sind Songs. Sie brauchen keine Erklärung.« Doch jetzt, ein Jahr später, erklärte er seine Musik öffentlich – frank und frei und äußerst wortreich bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Nicht dass ich ihm das zum Vorwurf machte oder so, mir fiel damals nur auf, wie schnell sich die Dinge ändern können … positiv oder negativ.
    Dinge ändern sich.
    Nur William änderte sich nie. Er sagte weiterhin nichts und behielt seine Gedanken für sich. Ich glaube, er ging einfach davon aus, dass sich die Medien mit der Zeit dran gewöhnen und ihn in Ruhe lassen würden, aber das taten sie natürlich nicht. Vielmehr steigerte die Weigerung, ihr Spiel mitzuspielen, nur das Interesse an ihm. Sie verstärkte seine »Coolness«. Sie gab ihm etwas Geheimnisvolles und Faszinierendes. Und nichts lieben die Medien mehr als das Geheimnisvolle.
    Natürlich war ich die Einzige, die wusste, dass Williams Wunsch, so wenig wie möglich von sich preiszugeben, nicht einfach eine persönliche Entscheidung war. Es ging dabei vielleicht um Leben und Tod. In dieser Zeit vertraute mir William an, dass er ernsthaft überlegt habe, die Band zu verlassen, weil seine Präsenz in den Medien Nancy und Little Joe gefährden könne.
    »Ich weiß, das Risiko ist gering«, erklärte er mir. »Ich meine, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die IRA mich aufspürt, weil sie ausgerechnet den NME liest,

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